Neue Erkenntnisse aus der Immunforschung

Warum Rauchen Lungenkrebs begünstigt

Stand
Autor/in
Isabell Erb

Warum ist Rauchen krebserregend? Dazu gibt es neue Erkenntnisse: Der Ruß programmiert die Lunge so um, dass das Immunsystem nicht mehr richtig auf die Krebszellen reagieren kann.

Immer, wenn es um die Risiken des Rauchens geht, heißt es: Der Tabak in den Zigaretten ist krebserregend. Dabei sind nicht nur die Inhaltsstoffe der Zigaretten gesundheitsschädlich, sondern auch das Rauchen selbst. Beim Rauchen bildet sich nämlich Ruß. Dessen winzig kleine Partikel können in der Lunge einen großen Schaden anrichten. Was dabei genau passiert, haben Forschende des Baylor College of Medicine in Houston untersucht.

Warum ist Ruß so gefährlich?

Die Forschenden wollten wissen, ob die Rußpartikel im Rauch die Entwicklung von Lungenkrebs beschleunigen. Um das herauszufinden, haben die Wissenschaftler ein Experiment an Mäusen durchgeführt. Sie haben die Mäuse zwei Monate lang einer großen Menge an Rußpartikeln ausgesetzt. Dabei haben die Mäuse so viel Ruß eingeatmet, wie ein Kettenraucher nach jahrzehntelangem Konsum von zwei Zigaretten pro Tag in der Lunge hat.

Für das Experiment haben die Wissenschafterinnen und Wissenschaftler die Mäuse speziell präpariert. Den Mäusen fehlten zwei Gene, die normalerweise von Krebs befallene Zellen vernichten. Es war also beabsichtigt, dass die Tiere früher oder später Krebs bekommen. Die Frage war dabei vor allem: Wie lange würde es dauern? Das Ergebnis: Die Mäuse, die den Rußpartikeln ausgesetzt waren, erkrankten schon nach vier Monaten, alle anderen erst etwa acht Monaten.

Bild einer Labormaus
Die Labormäuse waren speziell für das Experiment präpariert. Ihnen fehlten Gene, die für die Vernichtung von Krebszellen zuständig sind.

Rußpartikel programmieren die Lunge um

Rußpartikel beschleunigen also die Entstehung von Krebs. Durch die große Menge an Feinstaub verändert sich der Stoffwechsel der Lunge. Anstatt, wie normalerweise, Fett zur Energiegewinnung zu verbrennen, verwenden die Zellen nun Glukose, also Zucker. Das ist problematisch, weil ein zu hoher Blutzuckerspiegel Entzündungen fördern kann. Außerdem entsteht bei der Energiegewinnung auf diese Weise ein gefährliches Abfallprodukt: Milchsäure.  

Milchsäure fördert die Ausbreitung von bereits bestehendem Lungenkrebs. Denn die Säure hindert das Immunsystem dabei, Krebszellen zu erkennen. Und nicht nur das: Statt gegen die Krebszellen anzukämpfen, unterdrückt das Immunsystem aktiv eine Reaktion dagegen. Weil die Krebszellen sich dadurch unerkannt ausbreiten können, wächst der Tumor schneller. Auch Metastasen können sich nun ungebremst bilden.

Tumor in der Lunge
Durch die kleinen Rußpartikel im Rauch verändert sich der Stoffwechsel der Lunge und Lungenkrebs kann sich schnell ausbreiten. Auch Metastasen können sich bilden.

Immunreaktion gegen Krebszellen wird unterdrückt

Dass das Immunsystem seine eigene Reaktion unterdrückt, liegt an den sogenannten Makrophagen. Makrophagen sind weiße Blutkörperchen, die für die Immunreaktion verantwortlich sind. Ihr Ziel ist es, den aktuellen Zustand des Organismus zu erhalten. In einer gesunden Lunge bilden die Makrophagen deshalb Abwehrzellen aus, die beschädigte Zellen fressen. Krebs bringt die Makrophagen allerdings dazu, den erkrankten Zustand zu schützen. Statt die Abwehrzellen zu produzieren, hemmen die Makrophagen dann deren Verbreitung und tragen so zur Ausbreitung der Erkrankung bei.

Abbildung einer Makrophage
Makrophagen sind Fresszellen und Teil des Immunsystems. In einem gesunden Körper machen sie Eindringlinge unschädlich.

Nicht nur Krebserkrankte sind betroffen

Die Rußpartikel beschleunigen jedoch nicht nur das Wachstum von bereits bestehenden Tumoren. Er kann auch dazu beitragen, dass gesunde Menschen an Lungenkrebs erkranken. Die Milchsäure, die die Funktion der Makrophagen verändert, entsteht nämlich nicht nur durch die Tumore. Auch bei gesunden Personen verändert sich die Funktionsweise der Lunge.

Rauchen beschleunigt also nicht nur die Ausbreitung von Krebs, sondern kann auch zu dessen Entstehung beitragen. Zumindest bei Kettenrauchenden kann das auf Basis der Studie aus Houston so gesagt werden. Was noch nicht klar ist: wie viele Zigaretten man rauchen muss, damit Immunsystem und Stoffwechsel reagieren. Darauf hat die Studie keine Antwort. Wer sich schützen will, sollte also am besten ganz aufs Rauchen verzichten.

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