Die neue Ariane 6-Rakete der ESA sollte schon längst einsatzbereit sein – allerdings gab es immer wieder Verzögerungen. Aktuell wird am Institut für Raumfahrtantriebe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Lampoldshausen die komplette Oberstufe getestet.
Im beschaulichen Lampoldshausen bei Heilbronn kann es manchmal ganz schön laut werden: Ungefähr zwei Kilometer von dem 1000-Einwohner-Örtchen entfernt befindet sich der Raketentriebwerkteststand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und wenn dort getestet wird, dann hört sich das an, wie eine startende Rakete.
Gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und der privaten Ariane Group werden hier die Triebwerke für die nächste Generation der europäischen Trägerraketenfamilie Ariane – der Ariane 6 – entwickelt und getestet.
Dass die ganze Oberstufe getestet werden kann, ist die Besonderheit in Lampoldshausen, erklärt Anja Frank, die beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) die dort die Prüfstände leitet, auf denen Europas Raketentriebwerke getestet werden.
Eigener Teststand für die Oberstufe der Ariane 6
Im Gegensatz zur Ariane 5 wurde für die Ariane 6 recht viel neu entwickelt. Wenn die zusammengebaute Oberstufe auf einmal getestet werden kann, ist es möglich, näher an die tatsächlichen Flugbedingungen heranzukommen und so etwaige Probleme zu erkennen, die im Flug auftreten könnten.
Für so einen Test einer ganzen Oberstufe, hat das DLR in Lampoldshausen einen eigenen Teststand gebaut, den Teststand P5.2. Die ersten Planungen dafür begannen bereits vor knapp zehn Jahren. So soll sichergestellt werden, dass die Oberstufe der Ariane 6 so erfolgreich getestet werden kann, dass beim Erstflug nichts schief gehen kann.
Das Abtrennen der Stufen und die Zündung der Triebwerke der Oberstufe sind immer kritische Phasen während des Flugs, in denen viel schief gehen kann. Eine Besonderheit der Ariane 6 ist, dass die Oberstufe auch mehrfach gezündet werden kann – eine Besonderheit und für die Ariane-Raketenfamilie ganz neu.
Bei Erstflügen geht oft etwas schief
Ursprünglich sollte die Ariane 6 schon 2020 fliegen. Der Start wurde dann verschoben bis auf Ende 2023. Dass Jungfernflüge verschoben werden, ist mittlerweile normal. Erstflüge von Raketen sind immer sehr spannend, weil dabei zum ersten Mal die echten Flugbedingungen herrschen – da geht nicht selten etwas schief.
Gerade letzte Woche hat das US-Unternehmen Relativity Space zum ersten Mal seine 3D-gedruckte Rakete Terran 1 gestartet und konnte auf ihrem Jungfernflug nicht wie geplant eine Erdumlaufbahn erreichen.
Ein anderes Beispiel ist der Erstflug der Ariane 5, die Vorgängerin der Ariane 6, der nach knapp 40 Sekunden in einer riesigen Explosion endete. Genau das soll bei der Ariane 6 durch die Tests in Lampoldshausen vermieden werden.
Ariane 6 soll den europäischen Zugang zum Weltall sichern
Gerade in den USA drängen immer mehr private Unternehmen auf den Raumfahrtmarkt. Ob Europa es schafft, nicht abgehängt zu werden und die ESA mit der Ariane 6 nun wieder mithalten kann, wird sich zeigen. Klar ist, dass die Ariane 6 Europas Zugang zum Weltraum sein soll, sagt Anja Frank.
Doch die ESA musste im vergangenen Jahr auch schmerzlich erfahren, dass man sich nicht immer auf seine Partner verlassen kann, als nach der russischen Invasion in der Ukraine der Kontakt mit der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos völlig abgebrochen hat.
Die Ariane 6 als Europas letzte Chance mitzuhalten
Dabei geht es nicht nur um die Weltraumforschung, sondern auch um wirtschaftliche Interessen. Viele Unternehmen betreiben ihre eigenen Satelliten, allen voran die Kommunikationsunternehmen. Die europäischen Unternehmen sollten zumindest die Möglichkeit haben, auf eine europäische Trägerrakete Zugriff zu haben.
Die Ariane 6 wird auch so auch als letzte Chance gesehen, auf dem Weltmarkt mitzuhalten. In Europa und speziell in Lampoldshausen kann auf jahrzehntelange Erfahrung gebaut werden. Anja Frank jedenfalls ist zuversichtlich, dass die Ariane 6 zum Erfolg wird.