Künstliche Intelligenz im Unterricht

Lehrer und KI: Kollegen oder Konkurrenten?

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Autor/in
Florian Doetsch
Danilo Quarta

Personalmangel, Bildungsgerechtigkeit und miserable PISA-Ergebnisse: Themen, die die Bildung in Deutschland in ein schlechtes Licht stellen. 2023 kam dann noch ChatGPT ins Spiel und hilft den Kindern seitdem bei den Hausaufgaben. Anlass genug, um zu schauen, ob unsere Lehrer der „KI-Revolution“ gewachsen sind und was dafür getan wird. Dazu haben wir uns unter anderem auf Bildungsmesse „didacta“ umgehört. 

ChatGPT ist mittlerweile in vielen Klassenzimmern und Hörsälen angekommen: Laut einer YouGov-Befragung nutzen 71 Prozent der jungen Menschen in Schule und Universität den Chatbot für Hausaufgaben und Studienarbeiten. Was davon noch eigene Leistung und was KI-generiert ist, können Lehrkräfte nur schwer überprüfen. Ankommen könnte es in Zukunft auf Eigeninitiative der Lehrkräfte, Fortbildungen und den Entwicklergeist von Schulbuch-Verlagen. 

Didacta 2024: So ist die Stimmung unter den Lehrkräften

Vom 20.02. bis 24.02. fand die Didacta in Köln statt – Europas größte Bildungsmesse. Eine gute Chance, sich ein Stimmungsbild abzuholen: Wie steht’s im Moment zwischen Lehrkräften und der KI? Schnell ist klar geworden: Die Unterschiede sind groß. Einige nutzen schon KI-Tools als Assistenten, andere sprechen dem Thema in Schulen noch die Relevanz ab. 

Letzteres stößt auch auf große Kritik bei Florian Fabricius, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. Er ist der Ansicht, dass viele Lehrkräfte von der KI abgehängt werden und nicht mehr hinterherkommen. Dennoch differenziert er und sagt auch, dass es Lehrkräfte gäbe, die Lust auf das Thema haben und sich aktiv einbringen.  

Didacta 2024: Nützliche KI-Werkzeuge für Lehrkräfte 

Auf der Bildungsmesse spielt KI eine große Rolle. Dass künstliche Intelligenz in unseren Klassenzimmern längst Platz findet, scheint immer mehr Menschen klar zu werden. Bei Podiumsdiskussionen mit Sprecherinnen wie NRW-Bildungsministerin Dorothee Feller wird klar: Die Möglichkeiten, KI in den Unterricht zu integrieren, sind endlos, aber nicht ganz ungefährlich. Viele Aussteller präsentieren Ideen, wie man sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrkräfte entlasten kann. 

Start-Ups wie “fiete.ai” versprechen eine personalisierte Echtzeitkorrektur von Schulaufgaben und große Verlage wie Cornelsen präsentieren mit “Cornelsen.ai” eine ganze Toolbox an KI-gesteuerten Assistenten. Mit solchen Tools können Lehrkräfte bei der Planung und Erstellung von Unterrichtsmaterialien unterstützt werden. Außerdem möchte man den Lehrkräften einen datensicheren Zugang zu ChatGPT ermöglichen, den ChatBot des US-Unternehmens OpenAI.

Doch beim Thema Datenschutz sind sich alle einig, dass es nicht so leicht ist, die Sicherheitsfrage zu klären. Denn die Entscheidung, was mit den gesammelten Daten passiert und ob diese an Dritte weitergegeben werden, liegt damit in den USA.  

Ein Freiburger Lehrer macht’s vor 

Die Lehrkräfte, die sich in das Thema „KI“ reinfuchsen, haben es natürlich leichter: So macht es der Freiburger Gymnasial-Lehrer Patrick Bronner. Er nutzt unter anderem eine datenschutzkonforme Version von ChatGPT in seinem Unterricht. Es sei mittlerweile ein festes Lernziel, dass seine Schüler immer bessere „Prompts“ (Anweisungen, die man ChatGPT gibt) schreiben. Wichtig sei es aber auch, jede Antwort des Bots kritisch zu reflektieren und einzuordnen. Zudem könne ChatGPT als Inspirationsquelle dienen: Wenn seine Schüler ein Erklärvideo zu einem Thema erstellen, können sie beim Verfassen und Korrigieren des Moderationstextes mit ChatGPT experimentieren.

Auch bei der Bewertung kann KI helfen: Die Schüler können ihre Texte in Echtzeit korrigieren lassen. So müssen sie nicht mehr tagelang auf die Korrektur des Lehrers warten, sondern bekommen direkt Feedback. Auch der Lehrer hat darauf Einsicht und kann überprüfen: Hat der Schüler das Feedback für seinen Text umgesetzt? Bronner sieht die KI als sinnvolle Ergänzung, aber nicht als Ersatz für die Lehrkräfte: “Lernen ist und bleibt ein sozialer Prozess. KI kann mich hier unterstüzen, aber kann mich auf keinen Fall ersetzen.” 

Fortbildungen für Lehrkräfte in Baden-Württemberg 

Dass aber nicht alle Lehrkräfte, von denen ohnehin viele überlastet sind, sich noch in ihrer Freizeit mit dem komplexen Thema auseinandersetzen können, ist klar. Abhilfe leisten Fortbildungen zur KI und digitalen Medien. Auch Bronner gibt solche Seminare. Als Schnittstelle dient hier das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung Baden-Württemberg (ZSL). 

Bronner erklärt, wie das in der Praxis aussieht. Das Kollegium einer Schule nimmt an einem Workshop teil und geht der Frage nach: Was ist mit KI schon möglich? Dann dürfen sie während des Workshops KI-Tools austesten und setzen sich danach in Fachschaften zusammen: „Dann soll zum Beispiel Englisch-Fachschaft überlegen, wie wir das, was wir gerade gelernt haben, in unserem Unterricht integrieren können.“

170.000 Teilnahmen im letzten Jahr 

Prof. Dr. Thomas Riecke-Baulecke ist der Präsident des ZSL. Laut ihm seien die Lehrkräfte sehr interessiert und motiviert, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Allein im letzten Jahr habe es 170.000 Teilnahmen von den Lehrkräften aus Baden-Württemberg gegeben. Er betont auch, dass man zwar ein gutes Know-how im Umgang mit digitalen Medien brauche, aber eben auch ein Wissen um die Gefahren und Grenzen. Wichtig sei bei der Integration künstlicher Intelligenz in den Unterricht außerdem, dass man immer auf Rechtssicherheit und Datenschutzkonformität achtet – auch, wenn das dann der längere Weg sei. 

Politik gefordert 

Die Bundesvorsitzende des deutschen Philologenverbandes Susanne Lin-Klitzing sieht vor allem die Länder in der Pflicht. Für eine erfolgreiche und sichere Integration von KI in den Schulalltag müssen die Kultusministerien die jeweiligen Anbieter auf Sicherheit und Datenschutz prüfen und ähnlich wie bei Schulbüchern zertifizieren lassen. Motivierte und affine Lehrkräfte sollte man weiterhin ermutigen, sich zum Thema fortzubilden und dementsprechend unterstützen. Außerdem muss gewährleistet werden, dass die nötige Technologie allen zur Verfügung steht. “Es kann eigentlich nur darum gehen, dass die Kultusministerien bestimmte Landeslizenzen anschaffen, an denen sich dann die Schulen, die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler bedienen können.” sagt sie dem SWR. 

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