In deutschen Gewässern wie dem Flückiger See in Freiburg leben mittlerweile Schildkröten, die dort eigentlich nicht heimisch sind – sie gelten damit als invasive Arten und könnten das dortige Ökosystem nachhaltig verändern.
Was passiert mit Tieren aus Terrarien, die deren Halter loswerden wollen? Ab in die Freiheit, zum Beispiel in den Baggersee nebenan. Das berühmteste Beispiel ist wohl der Kaiman Sammy, der einst einen Badesee in Angst und Schrecken versetzte. Aber es geht auch kleiner: In vielen deutschen Gewässern gibt es mittlerweile Schildkröten, die eigentlich nicht dort hingehören.
Für unsere heimischen Ökosysteme könnte das weitreichende Folgen haben. Ein wissenschaftliches Team von der Uni Freiburg untersucht deshalb, ob sich die Reptilien auch in unseren Breitengraden vermehren können.
Schildkröten im Flückiger See in Freiburg
Auf dem Flückiger See in Freiburg ziehen Schwäne und Haubentaucher ihre Bahnen – und auch Schildkröten. Dieses eigentlich idyllische Bild vermittelt für Biologen wie Benno Tietz, Johannes Penner und Melita Vamberger eine trügerische Idylle. Sie haben die Schildkröten am See näher untersucht und ihre Ergebnisse in einer Studie veröffentlicht.
Dass die Tiere überhaupt hier sind, ist die Folge unverantwortlichen Handelns, sagt Benno Tietz:
Invasive Arten könnten heimischen Arten schaden
Bei den Schildkröten handelt es sich nicht etwa um die heimische Europäische Sumpfschildkröte, sondern um Schmuckschildkröten, die eigentlich aus Nordamerika stammen.
Damit gelten sie als „invasive Art“, denn sie kommen aus einem völlig anderen Ökosystem und könnten heimischen Arten schaden. Ob das langfristige Folgen für unsere heimischen Ökosysteme hat, hängt davon ab, ob die Schildkröten trotz des kälteren deutschen Klimas auf natürliche Weise Nachkommen kriegen, sagt Biologin Melita Vamberger:
Dazu müssen zunächst einzelne Tiere gefangen werden. Das Forschungsteam stellt dafür spezielle Fallen auf. Um das Alter der Schildkröten richtig abschätzen zu können, dokumentieren sie Daten wie Größe und Gewicht. Ob sie mit anderen Artgenossen im Gewässer verwandt sind, wird später eine Blutprobe zeigen.
Pflanzen sich die Schildkröten selbstständig fort?
Im Labor werden die Blutproben genetisch untersucht. Sollten sich die Schildkröten tatsächlich auf natürliche Weise vermehren, müssen mögliche Folgen für das heimische Ökosystem neu bewertet werden.
Aber nicht nur in Freiburg gibt es die Schildkröten, sondern beispielsweise auch am Altrhein in Kehl oder an der Mosel bei Trier. Daher ist es wichtig, die Rolle der Schildkröten in ihrer neuen Umwelt besser zu verstehen, sagt Benno Tietz:
Genau wisse man all das wegen fehlender Daten aber noch nicht, es gibt also auf jeden Fall noch jede Menge Forschungsbedarf, sagt Benno Tietz.
Die ersten Ergebnisse bestätigen jedenfalls die Vermutungen der Forscher: Am Flückiger See pflanzen sich insgesamt 3 fremde Schildkröten-Arten auf natürliche Weise fort. Das wird die heimischen Ökosysteme nachhaltig verändern. Nur in welche Richtung – das weiß man noch nicht.
Invasive Pflanzen können Jahrzehnte schlummern und dann zum Risiko werden
Invasive Art Wie Kalikokrebse die Artenvielfalt bedrohen
Sie fressen und vermehren sich im Rekordtempo. Die eingewanderten Kalikokrebse zerstören ganze Biotope. Wie gefährlich sind die Krebse? Und können sie noch gestoppt werden?