Der Stachel ist die gefährlichste Waffe der Wespen, Bienen und Ameisen, um sich zu verteidigen. Doch das Gift gab es schon lange bevor die Insekten einen Stachel entwickelt hatten.
Forschende haben jetzt herausgefunden, dass einige der Gift-Komponenten schon vor über 280 Millionen Jahren vorhanden waren, aber damals nur mithilfe des Apparats zur Eiablage freigesetzt werden konnten. Auch heute nutzen einige Hautflügler-Arten noch diese Strategie, während andere ihr Gift per Stachel oder gar nicht mehr applizieren.
Die drei stechenden Insektengruppen (Wespen, Bienen und Ameisen) gehören zu der Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera).
Suche nach Gift im Genom der Biene und anderen Hautflüglern
Um mehr zu ihrem Gift herauszufinden, haben Forschende der Universität Gießen nun untersucht, welche Peptide und Proteine im Gift der Hautflügler am weitesten verbreitet sind. Dabei haben sie zwölf verschiedene Zutaten-Familien identifiziert, die die verschiedenen Gift-Cocktails gemeinsam haben.
Indem das Erbgut der Hautflügler-Arten im Hinblick auf die Gene für diese Toxin-Familien untersucht wurde, konnte eine Art Stammbaum der Gift-Gene erstellt werden.
Biene & Co: Erst Gift, dann Stachel
Viele der Gift-Gene kommen bei allen Hautflüglern vor und stammen daher wahrscheinlich von einem gemeinsamen Vorfahren, der vor mehr als 280 Millionen Jahren gelebt hat. Zu diesem Zeitpunkt hatten einige Hautflügler ihren charakteristischen Stachel noch gar nicht entwickelt.
Evolutionsbiologinnen und Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass sich der Stachel der Wespen, Bienen und Ameisen aus dem Eiablageapparat ihrer Vorfahren entwickelt hat. Diesen nutzen heute noch einige parasitäre Pflanzenwespen wie die Blaue Fichtenholzwespe, um der Fichtenborke neben den eigenen Eiern auch verschiedene Giftproteine zu injizieren, welche in dem Holz für geeignete Lebensbedingungen für die schlüpfenden Larven sorgen.
Einige Arten der stachellosen Bienen haben, wie es ihr Name bereits verrät, ihren Stachel im Laufe der Evolution auch wieder verloren.
Im Gift einer Biene ist ein Schmerzauslöser vorhanden
Obwohl das Gift der meisten Hautflügler ähnlich ist, gibt es auch Ausnahmen. Die Forschenden haben etwa herausgefunden, dass im Gift der Honigbiene als einzigem das schmerzauslösende Peptid Melittin zu finden ist. Außerdem wurde eine völlig neue Proteinfamilie im Bienengift von den Forschenden entdeckt, welche sie auf den Namen Anthophilin 1 tauften.
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Arme Biene, fiese Wespe? Hier erfahrt ihr den Grund.
Buchkritik Michael Ohl – Wespen. Ein Portrait
Man fürchtet ihren Stachel und weiß ansonsten wenig von ihr: der Wespe, der verhassten Antipodin der geliebten Honigbiene. Höchste Zeit für ein freundliches Portrait der gelb-schwarzen Hautflügler. Der Biologe und Wespenforscher Michael Ohl hat es in der Reihe der „Naturkunden" bei Matthes & Seitz geschrieben.
Matthes & Seitz Verlag, 136 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-7518-0225-3