Die Flutkatastrophe im Ahrtal war nicht die erste Tragödie im Norden von Rheinland-Pfalz. Vor 100 Jahren ereignete sich bereits eine verheerende Flut. Danach gab es viele Pläne, um zukünftige Überschwemmungen zu verhindern, aber keiner der Pläne für einen besseren Hochwasserschutz wurde umgesetzt.
Im Juli 2021 richtete die Flutkatastrophe im Ahrtal verheerende Schäden an. Dabei waren bereits vor 100 Jahren Staumauern geplant, die vieles hätten verhindern können, sagt Professor Holger Schüttrumpf von der Technischen Hochschule Aachen.
Heutige Ideen zum Hochwasserschutz ähneln sehr denen von vor 100 Jahren
Holger Schüttrumpf leitet das Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der technischen Hochschule Aachen. Seit fast drei Jahren sucht er mit vielen anderen Experten aus ganz Deutschland im Ahrtal nach Lösungen, wie sich Flutkatastrophen in den Mittelgebirgen verhindern lassen. Dabei arbeitet er auch mit Oliver Buchholz vom Ingenieurbüro Hydrotec zusammen.
Der Hydrologe Oliver Buchholz plant, wie groß die zukünftigen Regenrückhaltebecken für das Ahrtal sein müssten und wo sie gebaut werden sollten.
Dazu hat er sich auch die rund 100 Jahre alten Pläne für Staumauern im Ahrtal angeschaut. Die Überraschung: Die neuen Ideen sähen den alten oft ähnlich, sagt Oliver Buchholz. Die Grundlagen hätten sich nicht geändert, nur die Methoden seien jetzt andere. Mithilfe von Computerprogrammen könne jetzt sehr viel berechnet werden.
Auch der kleine Ort Müsch im Ahrtal tauchte schon vor rund 100 Jahren in den Plänen für Stauprojekte auf. Der Trierbach fließt hier in die Ahr. Dieser schwoll auch bei der vergangenen Flutkatastrophe wieder stark an und zerstörte Teile des Dorfes.
Bau neuer Maßnahmen zum Hochwasserschutz wird Jahrzehnte dauern
Ralf Prämaßing leitet die Freiwillige Feuerwehr im Ort und ist damit auch für den Hochwasserschutz zuständig. Das Dorf wollte schon selbst damit anfangen, endlich einen schützenden Damm zu bauen, sagt Ralf Prämaßing.
Der Bau der neuen Hochwasserschutzmaßnahmen an der Ahr wird nach Schätzungen der Experten mehrere Jahrzehnte dauern. Straßen und Bäche würden durch sie hindurchgehen. Nur im Ernstfall sollen diese Durchlässe dann gesperrt werden. Die Landschaft kann also weiter für Landwirtschaft und Tourismus genutzt werden.
Schnelle Maßnahmen sind wichtig
Nach der Katastrophe vor drei Jahren soll es an der Ahr jetzt vergleichsweise schnell mit dem Hochwasserschutz voran gehen. Immer wieder fordern Politikerinnen und Politiker nach Katastrophen mehr Hochwasserschutz, sagt Professor Schüttrumpf von der Technischen Hochschule Aachen.
Das passierte auch wieder nach den schweren Überflutungen in Teilen Baden-Württembergs in diesem Sommer. Professor Holger Schüttrumpf meint aber, dass nicht noch mehr Debatten oder neue Aktionspläne gebraucht werden. Denn helfen würde nur eines:
Und Die Katastrophen im Ahrtal und auch in Baden-Württemberg würden noch einmal zeigen, dass ein schneller Hochwasserschutz an vielen Orten in Deutschland notwendig sei.
Geplante Staumauern vor 100 Jahren sollten auch Strom erzeugen
Nach rund 100 Jahren gibt es im Ahrtal nun also wieder Pläne für den Hochwasserschutz. Aber warum wurden die alten Staumauern nicht schon nach der Katastrophe im vergangenen Jahrhundert gebaut?
Die Pläne zeigen: Die Staumauern sollten das Ahrtal nicht nur schützen. Wichtig war den Planern wohl vor allem, mit Wasserkraft Strom zu erzeugen. Anfang des Jahrhunderts wurde aber auch die klimaschädliche Braunkohle für die Energiegewinnung immer wichtiger.
Im Ahrtal spielten die alten Ideen zur Energiegewinnung und damit auch möglichen Hochwasserschutz bald schon keine Rolle mehr. Mit den bekannten Folgen.
Mehr zur Ahrtal -Katastrophe
Repräsentative SWR-Umfrage So reagieren Politiker auf die Unzufriedenheit der Menschen im Ahrtal
Drei Jahre nach der Flutkatastrophe sind laut einer repräsentativen SWR-Umfrage die meisten Menschen im Ahrtal unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Behörden.