Vor 25 Jahren, am 20. November 1998, brachte eine russische Proton-Rakete das erste Bauteil der Internationalen Raumstation (ISS) ins All. Es hieß Sarja, auf Deutsch „Sonnenaufgang“.
Video: 25 Jahre ISS - Die wertvollste Maschine der Menschheit
Das zweite Bauteil Unity („Einheit“) wurde in der Ladebucht eines amerikanischen Space Shuttles in die Umlaufbahn gebracht. Die Besatzungsmitglieder von Mission STS-88 hatten die Aufgabe, die beiden Bauteile zu einer ersten kleinen ISS zusammenzufügen.
Erste Raumstationen gab es bereits in den 1970er und 1980er Jahren
Die frühe Raumfahrt in den 60er und 70er Jahren war vor allem von der Rivalität zwischen den USA und der Sowjetunion geprägt gewesen. In den 80er Jahren verfügte die Sowjetunion bereits über Raumstationen, in denen Langzeitaufenthalte von Kosmonauten durchgeführt wurden. Um auf diesem Feld nicht in einen technologischen Rückstand zu geraten, wies US-Präsident Reagan die NASA 1984 an, innerhalb von zehn Jahren ebenfalls eine dauerhaft bemannte Raumstation in Betrieb zu nehmen.
Als im Jahr 1989 die streng abgeschottete Grenze zwischen Ost und West, der „Eiserne Vorhang“, geöffnet wurde und die Berliner Mauer fiel, wurden aus Rivalen Partner. Die USA verfügten über das Geld und Russland, als Nachfolger der Sowjetunion, über die Erfahrung im Umgang mit komplexen Raumstationen. Die legendäre MIR-Station kreiste bereits seit 1986 um die Erde.
Internationale Zusammenarbeit nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs"
In den 90ern flogen deshalb zunächst amerikanische Shuttles die MIR an und europäische Astronauten kamen als Mitreisende in russischen Raumschiffen dort an. Mit dem Baustart der ISS konnte dann auf die MIR verzichtet werden. Sie wurde 2001 über dem Südpazifik zum Absturz gebracht.
Russischer und amerikanischer Astronaut schwebten zeitgleich durch Verbindungstunnel zur ISS
Die Montage der ersten beiden Bauteile der ISS im Dezember 1998 gelang innerhalb weniger Tage. Die Besatzung des Shuttles konnte nun erstmals die noch sehr kleine Raumstation betreten. Bevor die Einstiegsluke zum ersten Mal geöffnet wurde, verständigten sich der amerikanische Kommandant der Mission, Bob Cabana, und der russische Astronaut Sergei Krikaljow darauf, dass sie gemeinsam als erste durch die Verbindungstunnel in die ISS schweben – so dass später niemand würde sagen können, dass eine der beiden damals führenden Raumfahrtnationen das Privileg gehabt habe, die ISS zuerst betreten zu haben.
Absturz des Columbia Shuttles verzögerte den weiteren Ausbau der ISS
Der Absturz des Shuttles Columbia, bei dem sieben Besatzungsmitglieder ums Leben kamen, führte ab dem Jahr 2003 zu einem Stopp des Ausbaus der ISS. Die größeren Module konnten nur in der geräumigen Ladebucht eines Shuttles ins All gebracht werden, doch diese Flotte musste nun für Jahre am Boden bleiben. Nachdem die Flüge 2005 wieder aufgenommen wurden, wurde in der Folge auch das Europäische Modul „Columbus“ zur ISS gebracht, in dem seit dem Jahr 2008 mehrfach auch deutsche Astronauten zu Gast waren.
Internationale Kooperation auch eine Frage des Geldes
Die endgültige Stilllegung der Shuttle-Flotte 2011 führte dazu, dass US-Astronauten für den Flug zur ISS russische Sojus-Raumschiffe nutzen mussten – was sich die russische Raumfahrtagentur Roskosmos teuer bezahlen ließ. Auch nachdem die Amerikaner wieder über eigene Raumschiffe für den Personentransport zur ISS verfügten, blieb es dabei, dass Amerikaner auf russischen Flügen mit an Bord sind und nun auch russische Raumfahrer in US-Raumschiffen mitfliegen. So sichern sich beide Partner den Zugang zur ISS auch für den Fall, dass eines der beiden Transportsysteme für längere Zeit nicht verfügbar sein sollte.
Weitere Zusammenarbeit trotz geopolitischer Spannungen
In den Jahren seit der russischen Besetzung der Krim müssen die Besatzungen der ISS in ihrem Bordleben auch immer wieder geopolitische Spannungen abfedern. 2014 formulierte der damalige Kommandant der Station, der Deutsche Alexander Gerst, angesichts der politischen und militärischen Vorgänge zusammen mit einem amerikanischen und einem russischen Kollegen eine Friedensbotschaft.
Der russische Überfall auf die Ukraine 2022 war für den deutschen Astronauten Matthias Maurer eine Zäsur im Verlauf seines sechsmonatigen Aufenthalts im All. Er wusste nach eigenem Bekunden zunächst nicht, ob und wie er seinen russischen Kollegen auf die Invasion ansprechen sollte.
Raumfahrt So erlebte Matthias Maurer auf der ISS den Beginn des Ukrainekriegs
Als vor einem Jahr der russische Angriffskrieg in der Ukraine beginnt, befinden sich sechs Menschen auf der Internationalen Raumstation ISS – unter ihnen ist der deutsche Matthias Maurer. Er berichtet, was der Kriegsbeginn auf der ISS verändert hat.
Daran mag man erkennen, dass sich mit der Verschlechterung der geopolitischen Lage auch das Leben an Bord der ISS in gewisser Hinsicht verändert hat: Die Besatzungsmitglieder sind sich immer noch freundschaftlich verbunden – aber diese Verbundenheit muss vor einem ganz anderen politischen Hintergrund Bestand haben, als jenem in den späten 90er Jahren, als das ISS-Projekt mit dem Start am 20. November 1998 begonnen wurde.
ISS - einziges Labor für Experimente in ständiger Schwerelosigkeit
Die ISS ist das einzige Labor, in dem Experimente in ständiger Schwerelosigkeit durchgeführt werden können. Die bislang aufgelaufenen Bau- und Betriebskosten für den „Außenposten der Menschheit im All“ werden auf mehr als 130 Milliarden Dollar geschätzt. Russland will sich noch bis zum Jahr 2028 an der Finanzierung beteiligen, die USA werden die Station bis 2030 nutzen – und würden den Betrieb im Lauf der Zeit gerne in die Hände von kommerziellen Raumfahrtunternehmen übergeben.
Nach mehr als 30 Jahren Nutzungszeit dürften sich aber die technischen Probleme häufen und ein weiterer Betrieb unrentabel werden. So wird das ISS-Projekt vermutlich zu Beginn der 2030er Jahre in einem Feuerball über dem Südpazifik enden – mit einem gezielten Absturz in die Erdatmosphäre, bei dem ein großer Teil der Station verglühen wird.
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