"Schamloser Finger" schon bei den Römern der Antike
Das geht auf die Antike zurück. Die Römer kannten den Finger als digitus impudicus, also digitus: Finger; und impudicus heißt im wahrsten Sinne des Wortes schamlos oder „unverschämt“ – der unverschämte Finger.
Das war er nicht nur im Volksmund, sondern auch in der Literatur. Der Dichter Martial erwähnt den Finger gleich mehrfach: Eines seiner Epigramme handelt z.B. von einem Menschen, der so kerngesund war, dass er seinem Arzt den Stinkefinger gezeigt hat: Ostendit digitum sed inpudicum. Und da wusste offenbar jeder, was damit gemeint war.
Erfinder der Geste ist unbekannt
Wer diese Geste genau erfunden hat, weiß man nicht, das war wohl eine Volksgeste. Es hat wohl auch damit zu tun, dass die Gesamtkonstellation aus ausgestrecktem Mittelfinger und den angewinkelten Nachbarfingern eine „phalloide Anmutung“ hat.
Dass der Finger schon bei den Römern ganz klar eine sexuell aufgeladene Bedeutung hatte, wird an einer anderen Stelle bei Martial ebenfalls deutlich: Rideto multum, qui te, Sextille, cinaedum dixerit: Lache jeden aus, Sextilus, der dich weibisch oder verweichlich genannt hat – et digitum porrigito medium – und strecke ihm den Mittelfinger entgegen. (Und was in dem Text danach kommt, ist wirklich nicht mehr jugendfrei).
Erkennungszeichen für männliche Prostituierte
Manche Quellen berichten auch davon, dass römische Strichjungen sich auf den Straßen zu erkennen gaben, indem sie den Mittelfinger in ihr Kopfhaar schoben.
Der Mittelfinger hatte also schon damals eine anstößige Bedeutung; das hat sich übers Mittelalter bis heute durchgezogen – auch mit der Folge übrigens, dass etwas gelockert, Menschen tragen Ringe mittlerweile überall, trotzdem sieht man selten Leute die – zumindest wenn sie nur einen Ring tragen – den ausgerechnet über den Mittelfinger stecken und damit die Aufmerksamkeit auf diesen Finger lenken. Das widerstrebt dem Empfinden der meisten Menschen. Und es zeigt, wie tief diese Assoziationen mit dem Mittelfinger in uns stecken.
Und wenn wir jetzt an Sigmar Gabriel denken – der hat letztlich ein Stück römisches Kulturerbe aufleben lassen. Andere zitieren lateinische Verse – Gabriel zitiert römische Gesten.
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