"Radikal digital. Sichtbar. Selbstbewusst. Solidarisch": Mit diesem Motto ging das Herbsttreffen der Medienfrauen in diesem Jahr an den Start. Was konnten die 450 Teilnehmerinnen mit nach Hause nehmen?
Im vergangenen Jahr hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir mussten das Treffen hier in Mainz absagen. Da waren wir noch nicht bereit zu sagen, wir machen eine Online-Veranstaltung daraus. Und in diesem Jahr? Da haben wir uns sehr früh entschieden: Radikal Digital, so muss es werden. Corona ist unberechenbar. Und das hat sich dann ja leider bestätigt.
Schnell war klar, den ganzen Tag nur vor dem Bildschirm, das kann es nicht sein. Also das Ganze hybrid: Mit den Moderatorinnen Claudia Deeg und Anika Keil im StudioX und alles andere digital, ein Novum für das Herbsttreffen und für uns und das einen ganzen Tag lang!
Corona, Digitalisierung, Sichtbarkeit
Und es hat funktioniert: Themen, die uns unter den Nägeln brennen: Corona, die Digitalisierung der Sender, die Sichtbarkeit von Frauen im Programm. Teilnehmerinnen, die den Chat zu ihrem Sprachrohr gemacht haben und Workshops, die von Xlab bis Funk, Sophie Scholl bis Verschwörungstheorien eine ganze Bandbreite abgedeckt haben.
Unser Motto: "Radikal digital" – wie das Herbsttreffen selbst, wie das vergangene Jahr für uns alle und wie die Zukunft unserer Sender. Der rote Faden, der sich durch die ganze Veranstaltung zieht: das Thema Sichtbarkeit. Das beginnt beim Einspieler, wo wir Mainz einmal ganz anders zeigen – jenseits von Weck, Worscht, Woi, Fastnacht und Dom. Live vor Ort ging ja nicht.
"Sichtbarkeit" setzt sich fort in der ganzen Veranstaltung: Bei den Frauen, die wir eingeladen haben; den Frauen, die die Workshops leiten. Sie sind sichtbar, sie sind Vorbilder und sie zeigen uns, wie es geht – mit viel Esprit und Freude.
"Wenn ich nicht kann, dann schlage ich mindestens fünf andere Frauen vor"
Soziologin Jutta Allmendinger, die sich seit Jahren für die Geschlechtergerechtigkeit einsetzt und politische Entscheidungen einfordert – gerade jetzt in Zeiten von Corona. Und Frauen ermuntert an die eigene Zukunft zu denken: "Wenn wir sie befragen, bevor sie Kinder haben, dann sagen sie: Wir wollen eine partnerschaftliche Familie haben, wir wollen es partnerschaftlich aufteilen. Das ist der Wunsch der Väter, das ist der Wunsch der Mütter. Und wenn man sie dann zwei Jahre später betrachtet, arbeitet der Mann wie zuvor – und die Frau auf Teilzeit. Das schleicht sich so ein."
Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Ngyuen-Kim, die mit Fakten überzeugt und klare Positionen einnimmt und anmerkt: "Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer noch eine kritische Frage. Deshalb ist weiter wichtig, öffentlich darüber zu reden."
Mit Tijen Onaran, die Global Digital Women gegründet hat – ein Unternehmen, das mittlerweile mit mehr als 30.000 Frauen aus rund 20 Ländern im Austausch ist. Sie finanziert andere Unternehmerinnen und steht für die Sichtbarkeit von Frauen in den Medien: "Wenn ich nicht kann, dann schlage ich mindestens fünf andere Frauen vor."
Nachdenklich der Input von Carla Hustedt mit ihrem Blick in den Maschinenraum sozialer Netzwerke, die feststellt, dass sich Gesellschaftliches und Technik nicht trennen ließe, weil via Algorithmen über die Teilhabe entschieden werde.
Und mit der Medienwissenschaftlerin Elizabeth Prommer, die uns mit ihrer Studie zur audiovisuellen Diversität einen Spiegel vorhält, was die Geschlechtergerechtigkeit in unseren Programmen angeht.
Weiterhin zu wenig Frauen in Film und Fernsehen
Hier im SWR sind wir im Februar als erste Landesrundfunkanstalt die Partnerschaft mit der BBC eingegangen, um die Sichtbarkeit von Frauen in unseren Programmen zu erhöhen. Im deutschsprachigen Raum sind weiter beteiligt: BR, DW, NDR, ORF und rbb. Der MDR ist im Prozess, Partner der BBC zu werden. Also das kann was werden. Eines ist klar: Reine Strichlisten führen nicht weiter, die Diskussion darüber gehört in jede Redaktionssitzung, in jede Sendungskritik. Das fordern wir in unserer Resolution. Nur so wird sich tatsächlich etwas verändern.
Wir können auch selbst alle zu mehr Sichtbarkeit beitragen, indem wir Position beziehen und selbst formulieren, was wir möchten – egal an welcher Stelle. Das haben uns die Frauen an diesem Tag vermittelt.
Miteinander der Generationen
Die Solidarität und das Miteinander der Generationen sind im digitalen Umbau ein "Mega-Thema". Ich habe gerade jetzt während der Vorbereitungen so viel gelernt von den jungen "Digital Natives". Das war grandios. Umgekehrt können wir unsere Erfahrung weitergeben und die ist genauso wertvoll.
"Vergesst die Frauen in Afghanistan nicht"
Solidarität ist uns ein Anliegen im Hinblick auf Afghanistan. In unserer Resolution fordern wir deshalb "Vergesst die Frauen in Afghanistan nicht". Waslat Hasrat–Nazimi von der Deutschen Welle hat uns als Patin die Situation in Afghanistan auf eindringliche Weise nahegebracht.
Unser Fazit
Jederzeit wieder! Nur nicht gleich!
Am Ende hat sich ein Mosaiksteinchen ins andere gefügt: Thema, die Organisation über Teams, das Studio Event – ein großartiges Zusammenspiel über alle Bereiche hinweg, ohne sich vorher persönlich zu treffen.
Die Reaktionen der Kolleginnen haben uns riesig gefreut. Diese Energie tragen wir jetzt in unsere Häuser zurück. So soll es sein das Herbsttreffen der Medienfrauen – im allerbesten Sinne.
Bis zum nächsten Jahr beim WDR in Köln. Hoffentlich wieder live und in Farbe vor Ort.