Konflikte lösen, ohne dass es Verlierer gibt – das ist das Ziel der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg. Sein Modell wird seit 40 Jahren überall auf der Welt angewendet. Was wurde seitdem damit erreicht?
GFK nach Marshall Rosenberg: ernsthaft zuhören, ehrlich mitteilen
Der amerikanische Psychologe Marshall Rosenberg entwickelte den Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation (GFK) in den 1980er Jahren. Mit diesem Modell lernen Menschen, einander ernsthaft zuzuhören und sich ehrlich mitzuteilen. Es hilft, Konflikte zu lösen, ohne dass es Gewinner und Verlierer gibt – egal ob es um Streit in der Familie, in der Schule oder am Arbeitsplatz geht. Oder sogar um kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Gruppen und Völkern.
Rosenbergs 4-Schritte-Modell: Beobachtung, Gefühle, Bedürfnisse, Bitte
In dem Modell von Marshall geht es zunächst darum zu beobachten, was wirklich passiert ist: Was habe ich gesehen? Was habe ich gehört? Dann zu forschen: Welche Gefühle sind damit verbunden? Worauf weisen sie hin? Welches Bedürfnis wird dadurch berührt? Und dann weiter zu suchen: Was würde mir jetzt gut tun? Um was kann ich mich oder andere bitten?
Das sind die vier Schritte, die jeder kennen lernt, der sich mit der Gewaltfreien Kommunikation beschäftigt. Mit ihrer Hilfe beschuldigen Sie nicht länger sich selbst oder andere: "Ich kann es einfach nicht." Oder "Es ist die Schuld meiner Eltern, meiner Chefs, der Regierung!" Vielmehr lernen Sie auszusprechen, was Sie tatsächlich bewegt und dadurch dem Gegenüber nah zu sein.

Marshall Rosenberg war in den 1980er Jahren von dem brasilianischen Befreiungspädagogen Paulo Freire fasziniert. Freire alphabetisierte die Bauern seines Landes, indem er ihnen half, Protestbriefe an die Regierung zu schreiben. Das inspirierte Rosenberg, ein einfaches Modell zu entwickeln, um Menschen darin zu unterstützen, sich für ihr eigenes Leben und die Welt verantwortlich zu fühlen und entsprechend zu handeln.
In Referenz zu Mahatma Gandhi und dessen Gewaltfreien Widerstand nannte er seinen Ansatz "Gewaltfreie Kommunikation", eine Bezeichnung, die oft für Irritationen sorgt, denn: "Ich schlage andere nicht!" Damit wehren viele den Ansatz ab.
In den USA begleitete Rosenberg mit seinem Ansatz die Bürgerrechtsbewegung, arbeitete mit Jugendlichen und Streetgangs und war mit vielen Initiativen in Kontakt, die friedensstiftende Fertigkeiten erlernen wollten. Auch in Kriegs- und Krisengebieten, u.a. im Nahen Osten, Irland, Ex-Jugoslawien und Ruanda wurde er gebeten, zu vermitteln.
Seminare zur gewaltfreien Kommunikation in Deutschland sehr gefragt
1986 lud eine Münchner Friedensgruppe Marshall Rosenberg zum ersten Mal nach Deutschland ein. Bald gab er jedes Jahr Workshops in München, Berlin und Steyerberg. Dort gründeten sich auch die ersten Übungsgruppen und GFK-Zentren. Zunächst kursierten als Hilfsmittel nur Mitschriften von Seminaren. 2001 erschien Rosenbergs Buch "Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens". Inzwischen wurde es über 300.000 Mal verkauft und ist ein Bestseller. Heute bestehen GFK-Netzwerke in mehr als 15 Städten und Regionen in Deutschland.

Zwischen Kiel und Konstanz erproben sich in jeder größeren Stadt Menschen in Seminaren und Übungsgruppen in dieser Kommunikationsweise. Bis 2008 kam Marshall Rosenberg auch als weit über 70-Jähriger beinahe jedes Jahr zu Seminaren in den deutschsprachigen Raum. Im Gespräch mit seinen Trainer- Kolleginnen und Kollegen stutzte er allerdings: Wie in keiner andere Region der Welt gab es gerade in Deutschland eine riesige Nachfrage nach der Gewaltfreien Kommunikation.
Nirgendwo sonst wurden so viele Trainer ausgebildet, die seinen Ansatz kennenlernen und verbreiten wollten. Das freute ihn. Gleichzeitig wollte er von seinen Kollegen wissen: Wie engagiert Ihr Euch mithilfe der Gewaltfreie Kommunikation für Frieden in der Welt und dafür, den Menschen dienende Strukturen in der Gesellschaft zu schaffen?
Gewaltfreies Denken und Handeln: national und international wünschenswert
In diesem Sinne verweist die GFK-Szene in Deutschland auf ihre Aktivitäten: GFK-Tage in Bonn, am Niederrhein oder in Hamburg, mit denen die Aktiven für die Methode werben. GFK-Trainerinnen und Trainer engagieren sich auch in verschiedenen Flüchtlingsinitiativen, helfen Ehrenamtliche für das Gespräch zu schulen und bei Konflikten zu vermitteln.
Es gibt Kitas und Schulen, die die Art der Kommunikation nutzen, um miteinander in freundlicher Atmosphäre zu lernen. Gemeinschaften gestalten ihr Zusammenleben auf der Basis der Gewaltfreien Kommunikation. Mithilfe der GFK lernen Gewalttäter Verantwortung für ihr Tun zu übernehmen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Doch viele Anhänger der Gewaltfreien Kommunikation in Deutschland wünschen sich noch mehr politisches Engagement. Denn das ist der Sinn der GFK: Gewaltfreies Denken und Handeln in einem größeren, ja globalen Maßstab einzuüben und durchzusetzen. Die Zeit ist reif dafür.
SWR 2016
Die Schule brennt – der Bildungspodcast mit Bob Blume Katia Saalfrank: Unterricht ohne Strafen – wie kann das funktionieren?
"Hausaufgaben mache ich nicht!" – Was könnte bei einem Schüler oder einer Schülerin dahinterstecken? Ist es sinnvoll, dann das Kind zu bestrafen?
Katia Saalfrank hat als Familienberaterin jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Eltern und Kindern. Sie spricht sich dagegen aus, Kinder unter Druck zu setzen oder häufig zu sanktionieren. Wie sich das im Kontext Schule überhaupt umsetzen lässt, darüber spricht sie mit Bob Blume.
Außerdem erklärt Katia Saalfrank, was "beziehungs- und bindungsorientiert" im Umgang mit Kindern heißt, was "Wertekompass" sowie "Eisbergmodell" bedeuten und wie wichtig die eigene Haltung der Lehrer und Lehrerinnen ist.
Bücher von Katia Saalfrank
Die Reise zur glücklichen Eltern-Kind-Beziehung
Kindheit ohne Strafen
Links
Homepage von Katia Saalfrank | www.katiasaalfrank.de
Das Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun | www.schulz-von-thun.de
Das-Wissen-Episode über Gewaltfreie Kommunikation | https://www.ardaudiothek.de/episode/das-wissen/gewaltfreie-kommunikation-gute-idee-wenig-wirkung/swr-kultur/70511666/
Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: dieschulebrennt@auf-die-ohren.com
Forschung Eliteuni Harvard widersetzt sich Trumps Vorgaben – Milliarden auf Eis
Die US-Regierung unter Trump verlangt, dass Unis neue Regeln befolgen. Sie sollen etwa Verhaltensverstöße von Studierenden melden oder die Meinungsvielfalt überprüfen. Die Uni Harvard stellt sich dem entgegen. 2,2 Milliarden US-Dollar Zuschüsse wurden nun eingefroren.
Stefan Troendle im Gespräch mit USA-Korrespondent Samuel Jackisch.
Diskussion Begabung, Makel, Psychotrend – Was ist Hochsensibilität?
Kinderlärm, greller Sonnenschein, der Geruch von Parfum – scheinbar normale Alltagswahrnehmungen machen manchen Menschen zu schaffen. Auch in sozialen Situationen fühlen Sie sich schnell überfordert. Psychologen sprechen von Hochsensibilität. Eine ausgeprägte Empfindsamkeit, die von manchen zu einer verborgenen „Superkraft“ umgedeutet wird. Empathisch, kreativ, intelligent – ob in Ratgebern oder auf Instagram werden hochsensiblen Menschen besondere Fähigkeiten attestiert. Was bedeutet Hochsensibilität für die Betroffenen? Und woher kommt die Faszination für das hochsensible Selbst? Michael Risel diskutiert mit Prof. Dr. Philipp Yorck Herzberg – Psychologe, Universität der Bundeswehr Hamburg; Dr. Andreas Meißner – Psychiater und Psychotherapeut, München; Prof. Dr. Michael Pluess – Psychologe, University of Surrey
Links zur Sendung:
Selbsttest Hochsensibilität: www.sps-q.com
Test für Kinder: https://sensitivityresearch.com/de/selbsttests/test-fur-kinder-8-18-jahre/
Bildung "Die Schule brennt" bei "Das Wissen"
Im Bildungswesen herrscht Reformstau. Es gibt Bildungsungerechtigkeit, Lehrkräftemangel und auch der Fortschritt bei der künstlichen Intelligenz wirft viele Fragen auf. Wie müsste Schule heute aussehen? Was könnte sie besser machen?
Im SWR Podcast "Die Schule brennt" spricht der Lehrer und Bildungspublizist Bob Blume mit seinen Gästen aus der Schul- und Bildungsszene über die großen Herausforderungen und über gute Schulen.
Alle, die eine der Folgen des Podcasts "Die Schule brennt" im Radio gehört haben – samstags um 8:30 Uhr in der Sendung "Das Wissen" in SWR Kultur, finden sie in voller Länge im Podcast "Die Schule brennt" unter dem entsprechenden Titel.
Diese Woche: https://www.ardaudiothek.de/episode/die-schule-brennt-der-bildungspodcast-mit-bob-blume/christian-spannagel-informatik-ist-demokratierelevant/ard/13090255/
Die Schule brennt – der Bildungspodcast mit Bob Blume. Alle Folgen gibt es in der ARD Audiothek unter https://www.ardaudiothek.de/sendung/die-schule-brennt-der-bildungspodcast-mit-bob-blume/12197843/ und auf allen übrigen Podcast-Plattformen: https://www.swr.de/wissen/podcast-die-schule-brennt-100.html
Transformation Gesellschaft im Wandel – Wie wir Veränderungen bewältigen können
Ob Klimawandel, KI oder Krisen – die Welt um uns verändert sich rasant. Viele reagieren darauf hilflos oder mit Widerstand. Dabei ist Veränderung notwendig – und möglich, auch wenn sie schwerfällt. Von Christoph Drösser (SWR 2025) | Manuskript und mehr zur Sendung: http://swr.li/gesellschaft-wandel-veraenderung | Bei Fragen und Anregungen schreibt uns: daswissen@swr.de | Folgt uns auf Mastodon: https://ard.social/@DasWissen
Diskussion Und wieder ein Judas – Wird die Rede vom „Verrat“ salonfähig?
Beim Wort Verrat denken wir an den wohl berühmtesten aller so genannten Verräter, Judas Iskariot, an Mata Hari, die vernichtenden Urteile der Nazizeit oder Spione im Kalten Krieg. Jetzt führt nicht nur Elon Musk das Wort locker im Mund. Auch Bundesverkehrsminister Wissing musste sich als Verräter bezeichnen lassen, als er nicht mit der FDP gestimmt und die Partei verlassen hat. Wird da ein Begriff wieder en vogue, der doch eigentlich nach vergangenen Zeiten klingt? Welche Strategien verfolgen Politikerinnen und Politiker damit, wenn sie jemanden als Verräterin oder Verräter brandmarken? Eva Röder diskutiert mit Prof. Dr. Eva Horn – Literaturwissenschaftlerin an der Universität Wien; Prof. Dr. André Krischer – Historiker an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg; Prof. em. Dr. Thomas Macho –Kulturwissenschaftler
Diskussion Spiegel der Seele – Was fasziniert uns an Gesichtern?
Schon als Babys lesen wir in der Mimik unserer Mütter, später entscheidet ein kurzer Blick ins Gesicht, wen wir sympathisch oder begehrenswert finden. Ob Adelsporträt, Werbe- oder Wahlplakat: Gesichter wecken Neugier, simulieren Nähe, demonstrieren Macht - und auf ihre möglichst alterslose Schönheit verwenden wir viel Zeit und Geld. Was können wir wirklich darin lesen? Und was passiert, wenn sie uns immer öfter gefiltert oder gar operiert begegnen? Bernd Lechler diskutiert mit Prof. Dr. Valentin Groebner – Historiker, Universität Luzern; Rabea Weihser – Journalistin und Buchautorin; Prof. Dr. Holger Wiese – Psychologe, Durham UniversityGmbH