Myopie, Netzhautablösung, Grauer Star – Augenkrankheiten nehmen weltweit zu. Nicht nur im Alter. Hohe Kurzsichtigkeit gilt als größter Risikofaktor für schwere Augenleiden. Prävention ist aber möglich.
Fast die Hälfte der 25-jährigen Deutschen ist kurzsichtig
Immer mehr Menschen leiden an Sehstörungen. Insbesondere die sogenannte Kurzsichtigkeit, oder Myopie, nimmt zu. Wer kurzsichtig ist, sieht in der Nähe gut, aber weiter entfernte Objekte nur unscharf. Diese Sehstörung beginnt meist im Grundschulalter. Insbesondere um das 10. Lebensjahr lässt sich die stärkste Zunahme von Kurzsichtigkeit beobachten.
Kurzsichtigkeit entsteht dadurch, dass der Augapfel übermäßig in die Länge wächst. Gefördert wird das unnormale Wachstum des Augapfels durch häufiges Sehen auf kurze Distanzen. Das weiß Professor Wolf Lagrèze von der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Freiburg. Ob man allerdings ein Buch liest oder auf einen Bildschirm starrt – das ist egal. Viel entscheidender, so Lagrèze, seien Abstand und Dauer.
Kurzsichtigkeit vorbeugen: Ausgleich für die Augen schaffen, Bewegung im Freien
Speziell geschliffene Brillengläser oder Kontaktlinsen ermöglichen Menschen mit Myopie ein normales Sehvermögen. Teilweise verhindern sie sogar, dass die Kurzsichtigkeit weiter zunimmt. Das ist auch wichtig. Denn sonst steigt das Risiko, im späteren Leben eine schwere Augenkrankheit zu bekommen. Warum, erklärt Prof. Lagrèze:
Es gibt simple Vorbeugungsmaßnahmen gegen hohe Kurzsichtigkeit: Ausreichend Leseabstand zu Büchern und Bildschirmen halten - mindestens 30 Zentimeter. Auch regelmäßige Pausen sind wichtig. Am besten draußen, an der frischen Luft. Studien in den USA und Asien haben gezeigt: Wenn Kinder täglich zwei Stunden draußen spielen oder Sport treiben, halbiert sich ihr Risiko, kurzsichtig zu werden. Und wenn sie bereits kurzsichtig sind, verlangsamt sich das Fortschreiten der Myopie.
In Zeiten von Bildschirmarbeit und Homeschooling sind diese Empfehlungen gar nicht so leicht umsetzbar. Forschungsdaten aus China belegen, dass insbesondere die Augen der jüngeren Altersgruppen durch Pandemie und Lockdown gelitten haben. Ein Grund zur Sorge, auch für die Weltgesundheitsorganisation WHO.
Netzhautkrankheiten führen zu starkem Sehverlust – schlimmstenfalls zur Erblindung
Neben starker Kurzsichtigkeit begünstigen noch andere Risikofaktoren Netzhauterkrankungen. Dazu gehören bestimmte Allgemeinerkrankungen, genetische Faktoren und das Alter. Die schwerwiegendste dieser Krankheiten ist eine Netzhautablösung, die unmittelbar zur Erblindung führen kann.
Die häufigste Netzhauterkrankung ist die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD. In Deutschland leiden knapp 6 Millionen Menschen an diesem chronischen Leiden. Die AMD betrifft den Bereich des zentralen Sehens, die Makula. Als Folge geht die Fähigkeit, scharf zu sehen zunehmend verloren. Buchstaben, Gesichter, Autos – alles, was fokussiert wird, wird nur noch verschwommen wahrgenommen.
Es gibt zwei Formen altersbedingter Makuladegeneration: die trockene und die feuchte. Die trockene AMD verläuft recht langsam. Die seltenere feuchte AMD setzt hingegen sehr rasch ein. Hierbei verwachsen Blutgefäße mit der Netzhaut und schädigen diese. Die Folge: starker Sehverlust.
Zwar ist eine medikamentöse Therapie möglich, ein bereits vorhandener Sehverlust lässt sich aber nicht mehr rückgängig machen. Deshalb ist Früherkennung sehr wichtig. Um eine Makuladegeneration rechtzeitig zu diagnostizieren, sollten alle über 50-jährigen ihre Augen regelmäßig untersuchen lassen.
Neben genetischen Faktoren verstärken erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, Diabetes, Arteriosklerose und ganz besonders das Rauchen das Risiko, eine AMD zu bekommen. Ausgewogene Ernährung und Bewegung können dieses Risiko senken.
Grüner Star: Glaukom betrifft Menschen ab 40
Eine weitere altersbedingte Augenkrankheit ist das Glaukom, besser bekannt als „Grüner Star“. Knapp drei Prozent der Menschen ab dem 40. Lebensjahr sind betroffen. Jenseits des 75. Lebensjahres leidet fast jeder Zehnte an einem Glaukom.
Der Begriff Glaukom fasst verschiedene Augenkrankheiten zusammen, bei denen der Sehnerv immer weiter geschädigt wird. Die Folge: Das Gesichtsfeld wird immer kleiner – also der Bereich, in dem man sehen kann, ohne seinen Kopf zu drehen. Auch hier gehört neben Alter und einer genetischen Anlage die Kurzsichtigkeit zu den größten Risikofaktoren.
Häufig wird das Glaukom sehr spät entdeckt, da die Gesichtsfeldeinschränkungen zunächst unbemerkt bleiben. Warum das so ist, beschreibt Professor Carl Erb. Er leitet die Sektion Glaukom in der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). Wenn ein Glaukom erstmals diagnostiziert wird, seien häufig bereits schwere Gesichtsfeldschäden an mindestens einem Auge feststellbar. Manchmal sogar bis zum Spätstadium gehend, weil das zweite Auge den Schaden lange kompensiere.
Neuroprotektive Medikamente sollen den Abbau des Sehnervs verhindern
Grüner Star ist nicht heilbar. Er lässt sich höchstens verlangsamen, indem der zu hohe Augeninnendruck gesenkt wird. Das verhindert die weitere Schädigung der Sehnerven. Weil entsprechende Medikamente nicht immer gut vertragen werden, stellt eine Operation eine weitere Behandlungsmöglichkeit dar.
Die Medizin betrachtet das Glaukom heute nicht mehr isoliert als reine Augenerkrankung, sondern als Symptom eines generellen Nervenabbaus. Dass Nerven besonders im Alter abbauen, zeigen andere neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer oder Parkinson. Beim Glaukom sind eben die Nervenfasern des Sehnervs betroffen.
Vielleicht bietet dieses veränderte Verständnis der Krankheit „Glaukom“ auch die Möglichkeit, effektivere Therapien dafür zu entwickeln. Bereits heute werden sogenannte neuroprotektive Medikamente dafür eingesetzt, dem Abbau des Sehnervs entgegenzuwirken.
Wie bei der Makuladegeneration ist auch bei einem Glaukom ein gesunder Lebensstil entscheidend. Dass bereits viel Bewegung das Fortschreiten des Glaukoms eindämmen kann, zeigt eine US-amerikanische Studie.
Grauer Star: Augenlinse trübt über Jahre ein
Beim Grauen Star handelt es sich um eine zunehmende Linseneintrübung. Diese zeigt sich zunächst durch eine erhöhte Blend-Empfindlichkeit. Zum Beispiel in der Dämmerung oder bei Gegenlicht. Später verschwimmen Kontraste, was beim Lesen stört. Farben wirken weniger brillant. Langsam verschwindet die Welt hinter einem grauen Schleier. Am Ende nehmen die Erkrankten nur noch hell und dunkel wahr.
Anja Liekfeld ist Leiterin der Potsdamer Augenklinik Ernst von Bergmann. Sie kennt die Ursachen für den Grauen Star: Neben dem Alter wird dieser begünstigt durch allgemeine Erkrankungen wie Diabetes und die Einnahme bestimmter Medikamente, z.B. von Kortison.
Grauer Star lässt sich dank minimalinvasiver Eingriffe gut operativ behandeln. Hierbei wird die eingetrübte Linse durch eine Kunstlinse ersetzt. Allerdings haben diese Linsen auch Nachteile: Kontraste sind nicht ganz so gut, außerdem ist eine leichte Blend-Empfindlichkeit möglich.
Ab dem 40. Lebensjahr: regelmäßig zur augenärztlichen Kontrolle
Ein durchschlagender Erfolg wie bei der Behandlung des Grauen Stars fehlt bisher bei anderen schweren Augenleiden. Aber die Medizin setzt alles daran, effektivere Therapien zu entwickeln. Bis dahin lautet die Devise: Früherkennung. Noch besser ist es aber, bereits Kinder vor einer hohen Kurzsichtigkeit zu schützen.
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