1972 bis 1989

Die RAF und der Deutsche Herbst

Stand
Interview
Maximilian Schönherr
Moderator/in
Christoph König
Christoph König, Moderator bei SWR Kultur

Der Herbst 1977 war eine düstere Zeit – geprägt vom Terror der RAF. Der Deutsche Herbst hatte eine lange Vor- und Nachgeschichte.

Die historischen Tondokumente dokumentieren die Ereignisse ab 1972 sowie die Stimmung und den Zeitgeist bis zum Herbst 1977.

Die Tonaufnahmen zur RAF im Kontext

Christoph König im Gespräch mit dem Autor Maximilian Schönherr.

Teil 1: Die Vorgeschichte der RAF

Nach dem Stammheim-Prozess und dem Suizid Ulrike Meinhofs ging die RAF zur Ermordung von Repräsentanten des Staates und des "Kapitals" über. 

Teil 2: Höhepunkt der Terrorwelle durch die RAF

1977 spitzt sich der Terror in Deutschland zu. Die RAF ermordet und entführt Repräsentanten von Politik und Wirtschaft. 

Tondokumente zur RAF

1.6.1972 Verhaftung der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe

1.6.1972 | Hunderte Schüsse sollen gefallen sein, als am 1. Juni 1972 die Polizei im Frankfurter Nordend drei Mitglieder aus dem harten Kern der "Roten Armee Fraktion" festnahm: Andreas Baader, Holger Meins und Jan-Carl Raspe. In den Wochen zuvor hatte die Terrorgruppe eine Reihe von Anschlägen verübt.
Baader saß 1970 schon einmal im Gefängnis, war aber mithilfe der Journalistin Ulrike Meinhof befreit worden und hielt sich seitdem im Untergrund auf bzw. zusammen mit anderen Angehörigen der Terrorgruppe in Jordanien, wo sie wiederum bei palästinensischen Terroristen Waffentraining bekamen. Zurück in der Bundesrepublik verüben sie 1972 zahlreiche Bombenanschläge – auf das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Frankfurt und Heidelberg, auf Polizeistationen, auf die Zentrale des Axel-Springer-Verlags in Hamburg.
Welche Bedeutung die Festnahme von Baader, Meins und Raspe hat, zeigt sich auch darin, wie ausführlich die Nachrichten des Südwestfunks und die unmittelbar anschließende Sondersendung darauf eingehen. Sie unterstützen auch die weiteren Fahndungsaufrufe der Polizei.

19.6.1972 Bundesanwaltschaft zur Verhaftung von Ulrike Meinhof

19.6.1972 | Ulrike Meinhof wurde heute verhaftet. Die Staatsanwaltschaft grübelt über einem verschlüsselten Brief von Gudrun Ensslin an Ulrike Meinhof. | RAF

16.12.1974 Bundespräsident Heinemann schreibt Ulrike Meinhof einen Brief

16.12.1974 | Bundespräsident Gustav Heinemann, der Meinhof von früher kennt, appelliert an die inhaftierte RAF-Terroristin, ihren Hungerstreik zu beenden.
Die Öffentlichkeit erfährt von diesem Brief erst fünf Tage später – im folgenden Bericht vom 16. Dezember 1974 wird der Brief vorgelesen, vorher ist noch der Schriftsteller Heinrich Böll zu hören, der von einem Wahnsinn spricht, der in Deutschland vor sich gehe und den politischen Umgang mit der RAF kritisiert.
Der Brief des Bundespräsidenten an Ulrike Meinhof, die er kennt, seit er sie einmal als Anwalt in einem Beleidigungsverfahren verteidigt hat, wird von einem Rundfunksprecher verlesen. Er beginnt mit "Sehr geehrte Frau Meinhof" und geht dann auf den Hungerstreik ein. "Sie kommen an die Grenzen Ihres Lebens."
Selbstopferung hält Heinemann für einen Irrtum. Ulrike Meinhof erschwere damit die Arbeit anderer, die sich um Besserung der Verhältnisse bemühen. Heinemann meint, er habe ihren Weg mit Aufmerksamkeit verfolgt und schließt mit den Worten: "Bitte nehmen Sie sich die Freiheit und beenden den Hungerstreik."

4.5.1976 Baader kritisiert Stammheim-Prozess, Schily fordert Nixon als Zeuge

4.5.1976 | Der Stuttgarter Stammheim-Prozess gegen die Mitglieder der RAF zieht sich hin. Der Angeklagte Andreas Baader wirft dem Gericht vor, dass der Prozess aus wahlkampftaktischen Gründen künstlich in die Länge gezogen werde. Baader sieht das Gerichtsverfahren letztlich als Spiegelbild der globalen Machtverhältnisse.

10.5.1976 Neue Erkenntnisse nach dem Tod von Ulrike Meinhof

10.5.1976 | Einen Tag nach dem Tod von Ulrike Meinhof gibt es Streit über die Obduktion und die Informationspolitik der Justizbehörde. In Frankfurt finden gewalttätige Sympathiekundgebungen statt. | RAF

10.1.1977 Otto Schily erhebt Beschwerde gegen Haftbedingungen für RAF-Mitglieder

10.1.1977 | Otto Schily, Verteidiger von Gudrun Ensslin, erhebt Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bundesrichter Albrecht Mayer. Begründung: Verdacht auf geheime Absprachen zwischen den Richtern sowie Weitergabe von Prozessakten an Journalisten. Noch am selben Tag wird Albrecht Mayer versetzt. | RAF

7.4.1977 Tagesschau: Siegfried Buback ermordet

7.4.1977 | Die ARD-Tagesschau ist am 7. April 1977 Generalbundesanwalt Siegfried Buback gewidmet: Er wurde um 9.15 Uhr von Mitgliedern der „Aktionsgemeinschaft Ulrike Meinhof“ erschossenen. | RAF

6.9.1977 Attentat auf Hanns Martin Schleyer: Augenzeugenbericht

6.9.1977 | Ein Augenzeuge schildert die Ereignisse nach dem Anschlag auf den Arbeitgeberpräsidenten: Böllerschüsse, Pulvergeruch und fürchterliche Schreie. | RAF

7.9.1977 Durchsagen des BKA zur Entführung von Hanns Martin Schleyer

7.9.1977 | Das Bundeskriminalamt wendet sich über die ARD und das ZDF an die Entführer von Hanns Martin Schleyer und geht eingeschränkt auf Forderungen ein. | RAF

14.10.1977 Flugzeugentführung steht in Zusammenhang mit Schleyer-Entführung

14.10.1977 | Die Entführung der Lufthansa-Maschine "Landshut" gerät in eine dramatische Phase. Der Pressesprecher der Bundesregierung beendet die Nachrichtensperre. | RAF

17.10.1977 Aktuelle Berichterstattung zur Entführung der Lufthansa-Boeing "Landshut"

Sondersendung zur Entführung einer Lufthansa-Maschine und von Hanns-Martin Schleyer.

17.10.1977 Funksprechverkehr mit der entführten Lufthansa-Maschine "Landshut"

17.10.1977 | Ein arabisches Terrorkommando hat die Lufthansa-Maschine "Landshut" entführt, um RAF-Mitglieder freizupressen. Die Entführer verhandeln per Funk. Die GSG9 befreit die Geiseln. | RAF

18.10.1977 Sondersendung: Befreiung der Geiseln in Mogadischu

18.10.1977 | Deutsche Spezialeinheiten haben die entführte "Landshut" gestürmt. Regierungsvertreter danken der GSG 9 für die Befreiung der Geiseln. Hanns-Martin Schleyer ist noch immer gefangen.

19.10.1977 Werner Maihofer und Otto Schily zur GSG9 und zum Tod der Terroristen

19.10.1977 | Bundesinnenminister Werner Maihofer und Otto Schily, Verteidiger von Gudrun Ensslin, sind in Bezug auf die Flugzeug-Entführung und den Tod der Terroristen völlig konträrer Meinung. | RAF

19.10.1977 Hanns Martin Schleyers Leiche in Mühlhausen gefunden

19.10.1977 | Im französischen Mühlhausen wird die Leiche von Hanns Martin Schleyer gefunden. Die Sondersendung des Südwestfunks beginnt mit Mutmaßungen über die Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer, die sich im Laufe des Abends bestätigen. Die Bundesregierung beantwortet keine Fragen und erklärt "die Stunde der Fahndung" für gekommen.

19.10.1977 Obduktion der RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe

19.10.1977 | Obduktion der von Baader, Ensslin und Raspe in Tübingen. Der Reporter spricht von Nachrichtensperre. Pfarrer Ensslin fordert, den Leichnam seiner Tochter nach Bad Cannstatt zu überführen. | RAF

24.10.1977 Manfred Rommel: Gemeinschaftsgrab für Baader, Ensslin und Raspe

24.10.1977 | Der Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel (CDU) rechtfertigt Entscheidung für Gemeinschaftsgrab für Baader, Ensslin und Raspe. | RAF

17.11.1977 Schweizer Schriftsteller Max Frisch auf dem SPD-Parteitag in Hamburg

17.11.1977 | Der Schriftsteller redet der Bundesregierung ins Gewissen: Sie dürfe sich weder durch Terroristen erpressen lassen, noch durch das Industriekapital. | RAF

27.6.1993 Schusswechsel mit RAF-Terroristen im Bahnhof Bad Kleinen

27.6.1993 | Spezialkräfte der GSG 9 nehmen Birgit Hogefeld fest, doch Wolfgang Grams tötet den GSG-9-Beamten Michael Newrzella und begeht dann Suizid.