Hannah Schmidt ist freiberufliche Musikjournalistin und Organistin und promoviert derzeit am Institut für Journalistik der Technischen Universität Dortmund. Sie schreibt und arbeitet unter anderem für das Feuilleton der ZEIT, Die Deutsche Bühne, das VAN-Magazin, WDR3 und den Deutschlandfunk.
Wie kam die Klassik in ihr Leben?
Im Übetempo, getarnt als Italienisches Konzert, interpretiert von meinem Vater am Klavier.
Was muss eine Aufnahme mitbringen, damit Sie sie auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen?
Sie muss selbst eine Insel sein.
Was ist Ihr hartnäckigster Ohrwurm und warum?
Ein beliebiges Kirchenlied, nachdem ich ein evangelisches Gesangbuch aufgeblättert und den jeweiligen Titel gelesen habe (schwer zu durchbrechende Organistinnen-Sozialisation).
Nach welcher Musik können Sie nicht schlafen?
Dmitri Schostakowitschs 11. Sinfonie.
Mit welcher musikalischen Persönlichkeit würden Sie gern mal Essen gehen?
Germaine Tailleferre.
Was würden Sie sie fragen?
Welche Strategien sie entwickelt hat, um umgeben von performativer Männlichkeit und Geniekult im Dunstkreis einer Groupe des Six nicht den Glauben an die Kunst zu verlieren. Wie sie sich gegen die patriarchale Einmischung ihrer Ehemänner in ihre Arbeit gewehrt hat. Wie ich sie unterstützen kann. Was sie über Katzen denkt. Welcher Wein ihr Lieblingswein ist. Ob sie meine Freundin sein möchte.
Welches war Ihre musikalisch aufregendste Begegnung?
Als ich siebzehnjährig, zu spät gekommen und völlig unvorbereitet, während eines kostenlosen Orgelkonzerts im Altenberger Dom zum ersten Mal Max Regers Introduction und Passacaglia in d-Moll gehört habe.
Adagio-presto-espressivo-furioso: Welche musikalische Bezeichnung entspricht Ihnen am meisten?
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