So sehr der einstige Militärkapellmeister aus der Slowakei die kleinen Fluchten ins Land der lustigen Witwen, chinesischen Prinzen und musikseligen Zigeuner zelebrierte, so genau ließ Lehár in seinen Operetten die Abgründe der Gesellschaft durchblicken.
Standesunterschiede spielen da ebenso eine Rolle wie der permanente Geldmangel, die enttäuschte Liebe oder der Militarismus. Hinter dem Gold und Silber, das er in seinem berühmtesten Walzer beschwor, lauerte das Grau verlorener Illusionen oder der Nazi-Diktatur, mit der sich der alte Lehár nach dem Exodus seiner jüdischen Librettisten arrangierte. Das machte ihn zur widersprüchlichen Figur ‒ und zum ernstzunehmenden Künstler.
Buch-Tipp Franz Lehár: Der letzte Operettenkönig
Am 30. April 2020 feiert der Komponist Franz Lehár seinen 150. Geburtstag. Er beherrscht bis heute die Spielpläne der Opernhäuser weltweit und eins seiner Werke hat es sogar auf die Leinwand geschafft: Die Operette „Die Lustige Witwe“. Das Jubiläum war für Theaterwissenschaftler Stefan Frey ein Grund, seine neue Lehár-Biographie zu veröffentlichen, in der es um weit mehr als den bekannten Operettenschlager geht.