Chronik

Donaueschinger Musiktage – hier wurde und wird Musikgeschichte geschrieben

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Die Donaueschinger Musiktage sind eines der ältesten und traditionsreichsten Festivals für Neue Musik weltweit. 1921 unter fürstlicher Protektion begründet, steht es auch heute noch für alle neuen experimentellen Formen auf dem Gebiet aktueller Musik und Klangkunst. Hier in Donaueschingen wurde und wird Musikgeschichte geschrieben.

Donaueschinger Musiktage: (v.li.) Heinrich Strobel, Karlheinz Stockhausen, Pierre Boulez
Karlheinz Stockhausen (mitte) mit Heinrich Strobel und Pierre Boulez bei den Donaueschinger Musiktagen 1957

Wer nach Orten fragt, die für die Musikentwicklung des 20. Jahrhunderts bedeutsam waren und sind, wird rasch auf den Namen Donaueschingen stoßen - des Ortes, den schon Thomas Mann als Zentrum neuer Musik literarisch verewigt hat.

Die 1921 unter fürstlicher Protektion neu gegründeten Donaueschinger Musiktage existierten fünf Jahre lang als Zentrum zeitgenössischer Kammermusik - mit Paul Hindemith als prägender Figur, aber auch mit Uraufführungen von Berg, Schönberg und Webern. 1950 gelang ein diesen Blütejahren adäquater Neubeginn in Zusammenarbeit mit dem Südwestfunk, der sein Orchester zur Verfügung stellte und damit einen neuen Programmschwerpunkt einbrachte. So konnten wichtige Orchesterwerke nicht nur der klassischen Moderne (wie Hindemith, Strawinsky und Schönberg), sondern auch von jüngeren Komponisten bekannt gemacht werden: Von Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono und Iannis Xenakis waren in den fünfziger Jahren skandalumwitterte Uraufführungen instrumentaler Werke zu hören. Danach setzten Krzysztof Penderecki und György Ligeti, später auch Wolfgang Rihm in Orchester-Uraufführungen neue Akzente.

Viele renommierte Komponisten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind hier auch mehrfach zu hören gewesen, so daß ihre kompositorische Entwicklung in verschiedenen Stationen dokumentiert werden konnte, sei es in neuen Perspektiven, sei es in der Weiterführung früherer Ansätze. Etwa in Spätwerken Luigi Nonos aus den achtziger Jahren, die sich im Instrumentalen und in der mikroskopisch feinen live-elektronischen Verarbeitung auf das Innenleben der Klänge konzentrieren. Oder im live-elektronischen work in progress "Repons" von Pierre Boulez, das (ähnlich ambitioniert wie die 1958 uraufgeführte, später zurückgezogene vorinstrumental-elektronische Komposition "Poésie pour pouvoir") nach Möglichkeiten der Verbindung vokaler und technisch produzierter Klänge sucht.

In den Donaueschinger Programmen aber finden sich auch Spuren von Ansätzen, die über die traditionellen, vokal-instrumentalen Klangmittel und Aufführungsformen und über die Grenzen der Musik hinausführen: experimentelle Zufallsmusik (John Cage 1954), musique concrète (Pierre Schaeffer und Pierre Henry 1953), Neues Hörspiel, Musikfilme, Multimediaprojekte (Mauricio Kagel, Dieter Schnebel, Josef Anton Riedl), neuerdings auch Klanginstallationen verschiedener Künstler.

Die Vielfalt des Gleichzeitigen verbindet sich in Programmen aus neuester Zeit mit Ansätzen thematischer Strukturierung - wie "Musik und Sprache" oder "Poesie der Abstraktion". Das Konzept bleibt offen - aufgeschlossen für das Unerwartete, Neue.

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SWR