Mit einer erfrischenden und ehrlichen Neugierde erkundet der Musikjournalist André Boße in „Voyage Voyage – Eine Reise durch die französische Popmusik“ die französische Musikszene von den 60er-Jahren bis heute und versucht herauszufinden, was ihn daran so fasziniert. Ein sehr persönliches Sachbuch.
Die Entdeckung in einem Schallplattenladen in Lyon
Alles beginnt mit einer „Voyage“, einer Reise: Das Ziel Lac de Serre-Ponçon in den französischen Alpen. Auf dem Weg dorthin ein Stopp in Lyon bei einem Schallplattenladen. Dort entdeckt der Musikjournalist André Boße den Sänger Alain Bashung und stürzt sich Hals über Kopf in die französische Musik.
Nachdem er drei Jahre lang diese Musik sehr intensiv gehört hatte, bekam er das Gefühl, er müsse seine Leidenschaft dafür vermitteln: in einem Buch. Diese Leidenschaft spürt man auf jeder Seite von „Voyage Voyage“. Er erzählt von großen Namen wie Serge Gainsbourg, France Gall, Johnny Hallyday, aber auch von zeitgenössischen Musikerinnen und Musiker wie Duft Punkt und Christine and the Queens.
Ein Highlight: die erste Begegnung mit Jane Birkin
Er recherchiert, interviewt Szene-Experten und reichert die Fakten mit persönlichen Erfahrungen an. Wie er das erste Mal Jane Birkin begegnet, als Journalist und zugleich als schüchterner Fan, der ein Autogramm auf ihrer Platte will.
„Das mit dem Autogramm war fast zu schön, um wahr zu sein, dass sie mir noch eine Widmung drauf schreibt“, erzählt Boße im Gespräch, „sie war so wenig eingebildet, und so lustig.“
Françoise Hardy „Message Personnel“: der perfekte French Pop Song
Schwermütig, melancholisch, emotional und berührend: Das sei typisch für den French Pop. Ein gutes Beispiel davon ist für Boße „Message Personnel“, das Lied der französischen Pop-Ikone Francoise Hardy: „Diese sehr, sehr traurigen Klavierakkorde, diese Melodie die immer zwischen Kitsch und Schwermut pendelt. Diese Unberührtheit, diese Nähe zum Kitsch und trotzdem ein Volltreffer ins Herz, das ist der perfekte French Pop Song für mich.“
Man erfährt viel über den französischen Pop-Kosmos – und über den Autor
„Voyage voyage“ will kein erschöpfendes Buch über die komplette französische Popmusik sein, aber auch kein reines Sachbuch, sondern eine sehr subjektive und persönliche Erzählung. Wie im Tagebuch eines Fans lässt Boße uns an dieser Reise teilhaben. Aber Boße arbeitet auch als Detektiv, versucht alle Teile der französischen Popmusik miteinander zu kombinieren, Bezüge herzustellen um sie in ein größeres Bild einzufügen.
Mit einer ehrlichen Neugierde erkundet André Boße in „Voyage Voyage“ den französischen Pop-Kosmos. Über diesen Kosmos erfährt man beim Lesen viele Details.
Aber vielmehr erfährt man etwas über den Autor: Über seine Leidenschaft für die Entdeckung neuer Musik und das Teilen dieses Glücksgefühls: „Das Gefühl, ich habe eine ganz neue Welt an Musik, die ich mir erschließen kann, das ist ein wahnsinniges Glücksgefühl, und das zu teilen. Und als Musikkritiker möchte man auch die gute Musik teilen und nicht nur für sich behalten.“
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