Warum ist eigentlich noch immer Patriarchat? Und vor allem: (Wie) können wir es verlernen? Antworten auf diese Fragen gibt der Essayband „Unlearn Patriarchy 2“, den Emilia Roig zusammen mit Alexandra Zykunov und Silvie Horch herausgegeben hat. In 13 Essays schreiben bekannte Namen wie die Anwältin Asha Hedayati oder die Autorin Nicole Seifert darüber, wie sich das Patriarchat auf unser Leben auswirkt.
„Unlearn Patriarchy 1“ war SPIEGEL–Bestseller
Auch die Herausgeberinnen des ersten Bandes von „Unlearn Patriarchy“ mussten „verlernen“: Sie haben sich dafür entschieden, einem neuen Herausgeberinnen-Team die Arbeit am zweiten Band anzuvertrauen: Emilia Roig, Politikwissenschaftlerin, Alexandra Zykunov, Autorin und Journalistin, und Silvie Horch, Lektorin im Ullstein Verlag, wo „Unlearn Patriarchy“ erscheint. Herausgekommen ist wieder eine breite und diverse Sammlung an Essays rund um das Thema Patriarchat.
Patriarchat prägt unseren Alltag
Insgesamt dreizehn Essays zeigen, wie viele Bereiche in unserem Leben vom Patriarchat geprägt sind: Von Architektur über Medizin oder Sport. Was alle Texte ausmacht, ist der persönliche Bezug der Autor*innen zu ihrem Thema: Sie sind Expert*innen in ihrem Gebiet, weil sie sich als Journalist*innen oder Autor*innen damit beschäftigen oder in dem Bereich wie Medizin oder Sport beruflich arbeiten.
Mädchen meiden Spielplätze
So schreibt zum Beispiel die Architektin Karin Hartmann darüber, wie Stadtplanung immer noch zu selten die Bedürfnisse von Frauen sowie alten oder eingeschränkten Menschen berücksichtigt. In öffentlichen Anlagen fehlten Bänke und Toiletten, was den Aufenthalt für Mütter oder ältere Menschen einschränke.
Und sie weist auf die britische Initiative „Make Space for Girls“ hin: 59 Prozent der Mädchen gaben laut einer britischen Studie an, sie fühlten sich in Parks nicht willkommen. Der Grund: Zu viele große Jungsgruppen, die den Platz für sich einnehmen, die Mädchen beobachten oder ihr Verhalten kommentieren.
Die Lösung könnten kleinteilige Flächen sein und Geräte, die Mädchen gern nutzen wie eine Kletterfläche oder eine Bühne. Hartmann beschreibt einen Spielplatz in Malmö, wo das umgesetzt wurde. Ein gutes Beispiel, dafür, wie Stadtplaner*innen aktiv Bedürfnissen von Menschen erfragen und umsetzen, die sonst öffentliche Räume meiden – „Unlearn Patriarchy“ eben.
Mehr Literatur von und über Frauen
SWR2 lesenswert Kritik Emilia Roig – Das Ende der Ehe. Für eine Revolution der Liebe
Viele feministische Debatten in Politik und Medien drehen sich derzeit um die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit, eingeschränkte Karrierechancen oder Lohnunterschiede. Die Gründerin des Center for Intersecitonal Justice, Emilia Roig, meint: Eine der Hauptursachen solcher Geschlechterungerechtigkeiten ist die Art und Weise, wie Liebesbeziehungen organisiert sind – zum Beispiel in der Ehe. In „Das Ende der Ehe. Für eine Revolution der Liebe" fordert sie dazu auf, die tradierten Vorstellungen von Geschlecht, Sexualität und Liebe völlig neu zu denken, um patriarchale Strukturen zu überwinden.
Ullstein Verlag, 384 Seiten, 23 Euro
ISBN 978-3-55020-228-5
SWR2 lesenswert Kritik Nicole Seifert: Frauen Literatur. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt
Warum lesen Jugendliche in der Schule eigentlich fast ausschließlich Bücher von Männern? Und wieso werden männliche Kritiker, wenn es um junge erfolgreiche Autorinnen geht, oft gleich so persönlich? Nicole Seiferts Buch "FRAUEN LITERATUR. Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt" spricht unverhohlen über Misogynie im Literaturbetrieb und erzählt eine weibliche Literaturgeschichte, die Lust aufs Lesen macht.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 224 Seiten, 18 Euro
ISBN 978-3-462-00236-2
Gespräch Neue Reihe Rowohlt Entdeckungen – Vergessene Romane von Frauen
Schreibende Frauen sind im Literaturbetrieb immer noch unterrepräsentiert: Autorinnen werden weniger rezensiert als ihre männlichen Kollegen und sie werden in Literaturgeschichten weniger berücksichtigt. Die Literaturwissenschaftlerin Nicole Seifert und die Buchhändlerin und Literaturvermittlerin Magda Birkmann haben sich vorgenommen, das Missverhältnis etwas zu Gunsten der Frauen zu drehen. Im Rowohlt Verlag haben sie gerade die ambitionierte Reihe „rororo Entdeckungen“ gestartet. Dort erscheinen Romane bemerkenswerter, aber vergessener Autorinnen aus dem zwanzigsten Jahrhundert.
Anja Höfer im Gespräch mit Magda Birkmann.