Adelheid Duvanel schrieb eigenwillige Erzählungen über sogenannte Verliererfiguren: Vereinsamte, Kranke, Drogenabhängige. Doch die eigentlich traurigen Schicksale lesen sich gar nicht so. Die Schweizer Autorin war lange vergessen, jetzt erscheint im Herbst erstmals ein Band mit ihren Briefen.
Wer war Adelheid Duvanel? In Deutschland kennt man diese Schweizer Autorin kaum noch. Zu Unrecht, denn zu Lebzeiten wurde sie mit Literaturgrößen wie Robert Walser oder Franz Kafka verglichen.
Besonderer Blick auf Verliererfiguren
Das lag vor allem am eigenwilligen Blick, mit dem Duvanel über sogenannte Verliererfiguren schrieb. Drogenabhängige, Vereinsamte, Schwerkranke, überforderte Mütter und verwahrloste Kinder spielen in ihren kurzen Erzählungen oft die Hauptrolle. Also Menschen mit eigentlich traurigen Schicksalen. Nur, dass sich das bei Duvanel ganz anders liest.
Eine Spurensuche in ihrer Heimatstadt Basel, wo die Autorin 1996 verstarb.
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Rezension von Gerrit Bartels.
Roman
Diogenes Verlag
ISBN 978-3-257-07074-3
336 Seiten
22 Euro
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