„Who is still reading?“, diese Frage stand als Motto über der diesjährigen Buchmesse in Leipzig. Die Massen zeigten es: Es sind Teenager und junge Erwachsene, denen doch immer vorgeworfen würde, sie könnten sich nicht mehr auf längere Texte einlassen. Bei aller Kritik am Genre „New Adult“: Ein Buch sei nie so flach wie ein Smartphone, kommentiert SWR Literaturkritikerin Kristine Harthauer.
Teenager und junge Erwachsene stehen Schlange
Wenn man durch die Hallen der diesjährigen Buchmesse gelaufen ist, sah man sie in langen Schlangen anstehen: Buchbegeisterte Menschen, vor allem Teenager und junge Erwachsene, die meisten von ihnen weiblich.
Viele mit vollen Büchertüten, ins Gespräch vertieft, lachend, plaudernd. Es sind nicht nur ihre Lieblingsautorinnen und -autoren, für die sie sich stundenlang einreihen in Schlangen, die durch die ganze Halle führen. Nein, was sie anlockt, das sind die Bücher.
Oft belächelt: „New Adult“-Literatur
Vor allem Romane aus dem Bereich „New Adult“. Geschichten über das Erwachsenwerden, die große Liebe, emotional und mitreißend geschrieben.
Und von vielen belächelt: Die rosa-pastellfarbigen Cover, die aufwendigen Farbschnitte mit Blumenmotiven und die schnulzigen Titel: „Zimmer gesucht. Liebe gefunden“ oder: „Flammengeküsst“. Die Fans jedoch lieben genau das. Für sie sind die Romane Objekte, mit denen sie stolz ihre Bücherregale schmücken.
Von TikTok zur Buchmesse
Die Verlage haben die große Nachfrage längst erkannt. Für die Buchmesse bieten sie extra Sonderausgaben an. Auch das lockt junge Menschen nach Leipzig.
Sie lesen und sie vernetzen sich auf Plattformen wie TikTok und treffen sich in den langen Schlangen auf der Leipziger Buchmesse. Deren Motto lautete dieses Jahr: „Who’s still reading“ – Also: „Wer liest eigentlich noch?“
Die GenZ steht auf dicke Wälzer
Die Massen in den Hallen zeigen es: Es sind auch die Jungen. Die Generation Z, der immer nur vorgeworfen wird, sie hänge am Smartphone und könne sich nicht mehr auf lange Texte einlassen. Dabei wird gelesen.
Aber eben nicht nur die Bücher, die von gestandenen Literaturkritikern gepriesen werden. Hunderte von Seiten dicke Romane über die Lebenswelt junger Menschen und über Traumwelten, in die sie sich flüchten.
So flach wie ein Smartphone ist ein Buch nie
Aber warum sollte man ihnen das vorwerfen und das Genre „New Adult“ mit einem Wisch abtun? „Alles außer Flach“ – um mal das Motto des Gastlandes Niederlande / Flandern aufzugreifen, sind auch die Bücher, die junge Leser und Leserinnen nach Leipzig locken: New Adult Romane, Mangas, Comics.
Auch diese Literatur kommt von der alten Kulturtechnik Lesen. Sie öffnet Räume für die Fantasie und regt an, sich in andere Figuren und Geschichten hineinzuversetzen.
Mit anderen Worten: Lesen – auch das Lesen von Büchern mit bunten Farbwolken auf dem Cover – macht empathisch. In Zeiten, in denen die Anderen, die Fremden so oft zum Ziel platter rechtsradikaler Hass-Botschaften werden, ist Lesen an sich eine Frage der Demokratie. Mit anderen Worten: So flach wie ein Smartphone ist ein Buch nie.
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