Der Skandal um das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen, (UNRWA) ist groß. Forderungen werden laut, die Hilfsorganisation aufzulösen. Zwölf UNRWA-Mitarbeiter sollen sich am Hamas-Terrorangriff auf Israel beteiligt haben. Und der israelische Geheimdienst sagt, dass rund zehn Prozent der rund 13.000 UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen private wie auch familiäre Kontakte zur Hamas haben.
Für Daniel Gerlach, Gründer des Magazins „Zenith“, sind die Forderungen nach Auflösung deplatziert: „Man muss sich nur mal anschauen, was die Auflösung von UNRWA eigentlich bedeuten würde. Wer dann tatsächlich die humanitäre Versorgung übernehmen würde im Gazastreifen und in anderen Gebieten.“
Die humanitäre Versorgung der Bevölkerung sei desolat. Man müsse über politische Reformen der UNRWA diskutieren, aber nicht in diesem Augenblick, wo sie ihre wichtigste Aufgabe wahrnehmen müsse, so der Nahost-Experte.
Info-Date am Morgen: UN bittet um Geld für Palästinenser-Hilfswerk und Ihringer Schule bleibt nach Brand vorerst geschlossen
Rund um das Palästinenser-Hilfswerk der Vereinten Nationen gab es in den vergangenen Tagen viele Diskussionen. Trotzdem bittet die UN um Geld für das Hilfswerk.
Diese und andere Themen des Morgens mit Arne Wiechern.
Relativierung des Terrorangriffs Essayband „Nach dem 7. Oktober“ zum Schweigen nach Terrorangriff der Hamas
Das Schweigen in Deutschland und weltweit sowie das Schweigen des größten Teils der Linken haben Tania Martini zusammen mit Klaus Bittermann dazu gebracht, einen Sammelband mit Essays und Analysen zum Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas zu veröffentlichen. „Nach dem 7. Oktober“ heißt der Sammelband, in dem renommierte Autorinnen und Autoren wie Natan Sznaider, Eva Illouz, Meron Mendel oder Deniz Yücel vertreten sind.
Ein historisches Versagen
Nach den Gräueltaten des 7. Oktobers könne man einen neu offen zu Tage getretenen Antisemitismus beobachten sowie eine Relativierung des Terrorangriffs, meint Martini: „Das ist ein historisches Versagen, eine Zäsur, und diese Zäsur muss festgehalten werden“. Kritik an der Netanyahu-Regierung sei wichtig, „sie müssen existieren“, sagt Martini, und die schärfsten Kritiker würden aus Israel selbst kommen. Antizionismus würde sich in Antisemitismus verwandeln. Das zeige sich am offensichtlichsten in Deutschland, aber auch in Frankreich, „wenn Synagogen angegriffen werden, obwohl Israel gemeint ist“, seien Jüdinnen und Juden nirgendwo sicher.
Gespräch Verlorene Ära und dunkle Zukunft: Die Palästinenser und Israels Parlamentswahl
Auch ein Wahlsieg von Oppositionsführer Benny Gantz bringt den Palästinensern wenig. „Er gilt als Falke, ist ausgesprochen gegen die Palästinenser eingestellt“, so Bettina Marx. Die Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah ist skeptisch, ob die Ankündigung von Premierminister Netanjahu, das Jordantal zu annektieren nur Wahlkampf ist. „Alles deutet darauf hin, dass die Israelis die Palästinenser aus dem Jordan-Tal herausdrängen“, so die Expertin. Für den Nahost-Friedensprozess sei die Ära Netanjahu „vertane Zeit“ gewesen, ebenso für das Zusammenleben zwischen jüdischen Israelis und palästinensischen Israelis.
30 Jahre Oslo - als es noch Hoffnung auf Frieden in Nahost gab
Der 13. September 1993 war ein Tag der Hoffnung – und dieses Bild ist ikonisch geworden: Vor dem Weißen Haus in Washington reichten sich zwei Erzfeinde die Hände, Jitzchak Rabin, Israels Ministerpräsident, und Jassir Arafat, Chef der PLO. Beide unterschrieben an diesem Tag eine Vereinbarung – kurz Oslo-Abkommen – in der die Grundzüge einer neuen palästinensischen Selbstverwaltung festgeschrieben wurden. Das sollte der Beginn eines palästinensischen Staates sein, im Austausch für die Anerkennung Israels durch die Palästinenser. Oslo war der Beginn der so genannten Zwei-Staaten-Lösung und der Anlass für große Hoffnungen auf Frieden in Nahost. Bis heute halten Staaten wie Deutschland daran fest. Doch Hoffnung auf einen palästinensischen Staat hat inzwischen kaum noch jemand.