Ferdinand Porsche war nicht nur ein weltbekannter Automobilhersteller, sondern auch eng mit dem NS-Regime verstrickt. Immer wieder wird deshalb die Umbenennung des nach ihm benannten Gymnasiums in Stuttgart-Zuffenhausen diskutiert. Eine Initiative will nun mit einer Mahnwache auf die Nazi-Vergangenheit des Namensgebers aufmerksam machen.
Kritische Diskussionen um das Vermächtnis von Ferdinand Porsche
Im Jahr 1983 verlieh der Gemeinderat der Stadt Stuttgart dem Gymnasium Stuttgart-Zuffenhausen zu seinem 25-jährigen Bestehen den Namen „Ferdinand-Porsche-Gymnasium“, zu Ehren des Ingenieurs und VW- und Porsche-Gründers Ferdinand Porsche.
In Zuffenhausen hat Porsche seinen Hauptsitz und das Stammwerk. Doch Ferdinand Porsche war nicht nur Pionier der Automobil- und Technikgeschichte. Er war NSDAP-Mitglied und Profiteur des Nazi-Regimes, baute Panzer und andere Kriegsgefährte und beschäftigte in seinen Werken hunderte Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter, wie allgemein bekannt ist. Deshalb wird die damalige Namensgebung des Gymnasiums immer wieder kritisch diskutiert.
„Wer die Täter ehrt, verhöhnt die Opfer“
Auch aktuell gibt es eine Initiative, die eine Umbenennung des Gymnasiums fordert. Am 8. November, anlässlich der Novemberpogrome von 1938, soll vor dem Ferdinand-Porsche-Gymnasium eine „Mahnwache gegen das Vergessen“ gehalten werden.
In der Ankündigung dafür steht: „Wer die Täter ehrt, verhöhnt die Opfer.“ Peter Erben, Kopf der Initiative, erklärt, dass mit „Wer“ die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte gemeint sind, die 1983 für die Namensänderung gestimmt hatten.
Für Peter Erben ist es falsch, dass eine öffentliche Bildungseinrichtung den Namen von Ferdinand Porsche trägt: „Auf Grund seiner folgenschweren NS-Vergangenheit ist er ein schädliches Vorbild für heutige und zukünftige Generationen in einer Gesellschaft mit freiheitlich demokratischen Grundwerten. An der Gründlichkeit der Überlegungen zur Namensgebung bzw. Namensänderung von damals bestehen, zumindest aus heutiger Sicht, erhebliche Zweifel.“
Ein würdiger Namensgeber?
Ulrich Göser, Schuleiter des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums stellt zunächst klar, dass die Benennung von öffentlichen Schulen in der Landeshauptstadt Stuttgart dem Gemeinderat obliegt. Für ihn steht dennoch außer Frage, dass der Name ein Appell an die Schule ist, sich kritisch mit dem Namensgeber und den zeitlichen Verflechtungen auseinander zu setzen
„Im Hinblick auf die historische Person Ferdinand Porsche wurde ein umfangreiches Modul mit dem Titel ‚Ferdinand Porsche: ein würdiger Namensgeber?‘ entwickelt, das sich im Geschichtsunterricht der 9. Klasse exemplarisch mit Ferdinand Porsches Rolle im Nationalsozialismus auseinandersetzt und die Schülerinnen und Schüler befähigt, ein eigenes Urteil zu bilden“, erklärt der Schulleiter.
Initiative will mit Schule in Austausch kommen
Für Peter Erben von der Umbenennungsinitiative soll die Mahnwache vor dem Gymnasium ein Anstoß sein, mit der Schulgemeinschaft in Austausch zu kommen. Denn auch Erben weiß, dass eine Umbenennung im Gemeinderat entschieden wird.
Aber er nimmt an, dass die Haltung der Schule maßgeblich auf eine Entscheidung einwirken würde: „Es gibt Kontakte zu einzelnen Gemeinderätinnen und Gemeinderäten, die einer solchen Umbenennung zustimmen würden“, so Erben, „eine mehrheitsfähige Beschlussvorlage gibt es bisher nicht. Voraussetzung für eine erfolgreiche Abstimmung dürfte auch eine vorausgehende Zustimmung und Empfehlung der Schulgemeinschaft sein. Wir stehen da noch ganz am Anfang.“
Schule gegen Rassismus
Das Ferdinand-Porsche-Gymnasium in Zuffenhausen besuchen Schülerinnen und Schüler aus 43 Nationen. An der Fassade ist unter dem Namenszug das Schild „Schule gegen Rassismus“ angebracht.
„Unser Gymnasium zeichnet sich mit seinem jährlichen ‚Tag gegen Rassismus‘ und dem täglichen Einüben eines friedlichen Miteinanders der Menschen als eine Schule aus, die aus der Geschichte gelernt hat und den Respekt der Menschen einfordert“, so Schulleiter Ulrich Göser.
Ob und wie der Dialog mit der Umbenennungsinitiative stattfindet, wird sich nun zeigen.
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