Im Hotel „Waldlust“ übernachteten früher Adelige und Hollywoodstars. Mittlerweile ist das ehemalige Grand Hotel aber eher als Lost Place bekannt. Ein Kunstprojekt soll dem Kulturdenkmal jetzt neues, kreatives Leben einhauchen. Doch die „Waldlust“ musste sich noch viel öfter neu erfinden.
- Luxus für Könige und Filmstars
- Lazarett in Kriegsjahren
- Lost Place für Gruselfans
- Kulisse für Fotografen und Regisseure
- Kunstort für Studierende
Prominente Gäste aus aller Welt: Adelige und Filmstars
Im Kur- und Villenviertel von Freudenstadt wurde 1902 das Luxushotel „Waldlust“ erbaut. Zwei Jahre vorher waren es nur 12 sehr luxuriöse Zimmer und der Andrang so groß, dass das Hotel auf 80 Zimmer vergrößert wurde. Die „Waldlust“ sei als „hochelegant“ und mit einer „phänomenalen Aussicht“ beschrieben worden, so die Denkmalfreunde Waldlust, ein Verein, der das historische Erbe des Gebäudes bewahren will.
Das luxuriöse Grand Hotel war deshalb schnell international beliebt und beherbergte Hochadel und Hollywoodstars: König Gustav V. von Schweden hat beispielsweise 1926 im Hotel „Waldlust“ übernachtet und in den 1920er Jahren waren die weltbekannten Filmstars Douglas Fairbanks und Mary Pickford zu Gast.
Im Zweiten Weltkrieg wird aus dem Luxushotel ein Lazarett
Nach der Hochzeit des Grand Hotels in den 1920er Jahren wurde das Gebäude im Zweiten Weltkrieg, wie viele andere Hotels auch, umfunktioniert: Aus der „Waldlust“ wurde ein Lazarett. Dabei blieb das Gebäude in den Kriegsjahren zwar unzerstört, doch nach Angaben der Denkmalfreunde war es „durch die zweckentfremdete Nutzung stark in Mitleidenschaft gezogen.“
1952 eröffnete das Hotel dann erneut. Doch in 1960er Jahren sei der Tourismus im Schwarzwald abgeflaut, so die Denkmalfreunde. So wechselten in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach die Besitzer der „Waldlust“. 2005 schloss der Hotelbetrieb dann endgültig. Seitdem steht das Gebäude leer.
Lost Place: Ein zerfallendes Luxushotel im Schwarzwald
Das Gebäude wird also schon seit fast 20 Jahren nicht mehr als Hotel genutzt. Doch Teile der alten Einrichtung und des Mobiliars befinden sich noch in der „Waldlust“, wie zum Beispiel ein blaues Himmelbett.
Ein bisschen was vom Charme des Luxushotel mit seinen glamourösen Gästen ist also noch zu erahnen – wenn auch vergraben unter Staub und nicht mehr so gut in Schuss wie früher. Das macht die „Waldlust“ zu einem ganz besonderen Lost Place, einem der bekanntesten in Baden-Württemberg.
Fotomotiv, Drehort und ein Twitch-Stream
Die „Waldlust“ ist auch außerhalb der Lost Places-Community eine beliebte Kulisse für Fotografinnen und Fotografen, aber auch Drehort für Filme oder Dokumentationen. Nach Angaben des Südkuriers wurde unter anderem der zweiteilige ZDF-Krimi „Und tot bist du“ dort gedreht, aber auch Teile der Mystery-Doku-Serie „Haunted“, des amerikanischen Senders TLC.
Außerdem war die „Waldlust“ auch Inspiration für eine gleichnamige Tatort-Folge des SWR Teams rund um Ulrike Folkerts in ihrer Rolle als Lena Odenthal. Doch wegen fehlender Stromanschlüsse konnten die Dreharbeiten dort nicht stattfinden, so der Regisseur Axel Janisch in einem Interview 2018.
2020 war die „Waldlust“ dann Schauplatz für ein zweitägiges „Horror-Camp“, das auf der Streamingplattform Twitch zu sehen war und von Jens Knossalla alias Knossi veranstaltet wurde. Mit dabei waren auch die Rapper Sido und Manny Marc sowie Sascha Hellinger.
Aktuelles Projekt: Vom Unort zum Kunstort
In den letzten Wochen sind deshalb junge Künstlerinnen und Künstler in die ehemaligen Luxus-Zimmer eingezogen. Studierende von fünf Kunst- und Musikhochschulen in Baden-Württemberg setzen sich nach Angaben der Veranstalter „auf künstlerische Weise mit diesem besonderen Ort und seiner Bedeutung für die Region auseinander“.
Manche Studierende hängen ihr Bilder in die zur Verfügung gestellten Räume, andere bemalen die Wände oder bauen raumfüllende Installationen auf. Timo Lupoli von der Kunstakademie Stuttgart zum Beispiel ist dem Gruselmotto des Lost Place treu geblieben. Er hat ein Zimmer unter anderem mit mehreren Überwachungskameras ausgestattet und im Bett sieht es glatt so aus, als würde noch jemand drin liegen – vielleicht ja ein Toter?
Fotografie Faszination „Lost Places“ – Benjamin Seyfang macht Fotos von verlassenen Orten
Der Metzinger Fotograf Benjamin Seyfang hat sich auf so genannte „Lost Places“ spezialisiert: Mit Fotoapparat und Stativ lässt er sich von der Morbidität des Verfalls an verlassenen Orten inspirieren. Seine Bildbände sind mittlerweile ziemlich erfolgreich. SWR2 Reporter Andreas Langen hat ihn auf einer Entdeckungstour in einem Stuttgarter Vorort begleitet.