Kunst

Im Netz und in der Natur – Darmstädter Waldkunstpfad reagiert auf Klimakrise

Stand
Autor/in
Ludger Fittkau

Seit 2002 haben im Darmstädter Stadtwald mehr als 200 Künstler*innen aus 41 Ländern Kunstwerke geschaffen – im Rahmen der Kunst-Biennale „Internationaler Waldkunstpfad“. Der Klimawandel sorgt aber dafür, dass große Teile des Waldes nicht mehr für die Kunst genutzt werden können. Nur wenige neue Installationen konnten in diesem Jahr errichtet werden. Aufmerksam darauf macht die Internetversion des Waldkunstpfads, der digitale Wald.

Ein Klangkunstwerk mit Verbindung zum Wasser

Volker Staub schlägt mit einem Holzstab auf Hölzer, Steine und Metalle, die er in eine mehrere Meter breite und mehr als zwei Meter hohe Klangskulptur eingebaut hat. „Soundwave“ hat der aus Frankfurt am Main stammende Komponist und Klangkünstler seine Installation auf dem Waldkunstpfad in Darmstadt getauft.

Die Klangabfolgen, so erklärt Staub, haben eine enge Verbindung zum Wasser, das in ähnlich unvorhersehbarerer Weise fließend seine Form verändere: Vom Himmel falle, Bodensenken ausfülle oder langsam versiege.

An der Stelle des Kunstwerks sei tatsächlich ein kleiner Bach gewesen, erzählt Staub. „Und es hieß auch, der wird nie mehr wiederkommen. Und tatsächlich ist er jetzt hier und unterstreicht einfach noch einmal diese Verbindung ganz besonders bei den Steinen.“

Wasser, das mit sich herumgeführt wird

Aus einer mongolischen Nomadenfamilie stammt Amarsaikhan Namsraijav. Sein Darmstädter Waldkunstwerk heißt „Water and Migration“ und besteht aus einem mehrere Meter hohen Wasserwagen mit Holzfässern, wie ihn die mongolischen Nomaden jahrhundertelang benutzten, wenn sie mit ihren Herden unterwegs waren.

Wasser sei in Namsraijavs Kultur etwas sehr Wertvolles gewesen, weil man es auch mit sich rumführen musste, erklärt Waldkunstpfad-Kuratorin Ute Ritschel.

Impressionen vom Waldkunstpfad Darmstadt
Kuratorin Ute Rischel neben Amarsaikhan Namsraijav Darmstädter Waldkunstwerk „Water and Migration“.

Ein bereits wegen seiner Größe von bis zu fünf Metern Höhe und fast zehn Metern im Durchmesser besonders eindrucksvolles Kunstwerk stammt von Jordi N.N. und heißt „Perpetual Flow“. Es erinnert an eine Welle, die sich vom Waldboden aus bis in die Baumwipfel erhebt.

Auf Wasserhörbänken in die Baumkronen schauen und Vorträge hören

Die Österreicherin Sabine Maier hat im Wald, an der Mathildenhöhe Darmstadt sowie an der Grube Messel sogenannte Wasserhörbänke errichtet. Auf die kann man sich bequem legen, in die Baumkronen schauen und über einen QR-Code Vorträge über das Wasser und den Wald hören.

Mit ihren „Hörbänken“ hat sie in einem halbverlassenen Dorf begonnen. Auf Wanderwegen konnte man da beispielsweise auf einer Bank an einem leer stehenden Haus die Geschichte der Person hören, die dort viele Jahre gelebt hatte, erzählt die Künstlerin.

Ein sterbendes Korallenriff aus abgestorbenen Ästen

Kim Rathnau hat im Darmstädter Wald auf rund 50 Quadratmetern ein sterbendes Korallenriff in den Wald gebaut – wie die meisten Künstlerinnen und Künstler des Waldkunstpfades verwendet sie abgestorbene Äste des Darmstädter Waldes als Rohmaterial. Korallenriffe und Regenwälder sind besonders artenreich. Wie es um beide Naturräume steht, ist bekannt.

Impressionen vom Waldkunstpfad Darmstadt
Projektbild von Kim Rathnaus Kunstwerk

Auf einigen der abgestorbenen Korallen hat Kim Rathnau kleine rote Spielzeugschlangen platziert. Sie sollen auf die mythologische Entstehungsgeschichte der Korallen hinweisen, laut der Perseus Medusa den Kopf abgeschlagen hat; aus dem Blut der Medusa entstanden der Geschichte nach die Korallen, das Blut ist ins Meer geflossen sind, wie Kim Rathnau schildert.

Ein Schimmern der Zuversicht und der Hoffnung möchte sie mit ihrem Kunstwerk ausstrahlen, Hoffnung, dass es klimaresistenteren, wärmeresistenteren Korallen geben wird und die Riffe für die Zukunft erhalten werden können.

Folgen des Klimawandels beschränken den Waldkunstpfad

Seit mehr als zwei Jahrzehnten gibt es den Internationalen Waldkunstpfad als Biennale im Darmstädter Stadtwald. Doch der Klimawandel mit der Folge sterbender Bäume und herabfallender Äste macht den Aufbau neuer Objekte inzwischen nur noch an sieben Stellen möglich, so Kuratorin Ute Ritschel: „Wir haben exakt einen Ort pro Künstlerin und pro Künstler bekommen, und dann können sie nicht mehr sagen: Ich möchte jetzt gerne woanders hingehen.“

Bis zum 6. Oktober ist der diesjährige Waldkunstpfad in Darmstadt nun geöffnet. Ob es in zwei Jahren noch neue Kunstwerke im sterbenden südhessischen Wald geben wird, ist – Stand heute – noch offen. Also: Unbedingt diesmal hingehen!

 

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