Mexiko hat vor ein paar Wochen zum ersten mal eine Frau an die Spitze des Staates gewählt. Höhepunkt einer langen und langsamen Entwicklung für Frauenrechte, die mit den ersten Polizistinnen in den 1970er-Jahren eine wichtige Zwischenstation hatte. Davon erzählt die unterhaltsame True-Crime- und Thrillerserie auf Apple TV+ „Women in Blue“. Vier Frauen jagen einen Serienmörder und zeigen dabei der männlichen Konkurrenz mit Scharfsinn und Hartnäckigkeit, was gute Ermittlerinnenarbeit ist.
Mit Trillerpfeifen auf Mörderjagd
Ein Serienmörder versetzt Mexikos Frauen in Aufruhr. Seine Opfer hinterlässt er in Unterwäsche und an Händen und Füßen gefesselt, was ihm den Beinamen „der Undresser von Tlalpan“ einbringt.
Währenddessen setzt der neue Polizeipräsident die erste weibliche Polizeieinheit ein – eigentlich ein PR-Stunt, um die Aufmerksamkeit von der Mordserie und der desaströsen Polizei-Arbeit abzulenken. Und um der mexikanischen Macho-Gesellschaft einen modernen Anstrich zu geben. Denn die Damen dürfen eigentlich nichts außer in sexy Uniformen und mit Trillerpfeifen durch die Parks patrouillieren. Für den Notfall bekommen sie eine Telefonkarte.
Unterstützt werden sie zwar zunächst nur von ihrem Ausbilder Romandia (Miguel Rodarte), einem abgehalfterten Ex-Kommissar. Aber sie entwickeln sich bald zu besseren Ermittlern als ihre männliche Konkurrenz.
Die Polizistinnen mischen den Laden auf
Vier Frauen stehen im Zentrum der Serie und allein wegen dieser sorgfältig gezeichneten und großartig gespielten Figuren lohnt sich schon das Anschauen von „Women in Blue“.
Da ist Maria de la Torre (Bárbara Mori), Mutter von zwei Kindern, Upperclass-Ehefrau eines liebevollen, aber auch untreuen Mannes und von Kind auf vernarrt in Detektivgeschichten. Ihre Schwester, die rebellische Valentina (Natalia Téllez). Angeles (Ximena Sariñana), ein autistisch veranlagter Zahlennerd, die weniger verklemmt ist als sie scheint.
Und die unschuldig herzliche Gabina (Amorita Rasgado), die aus einer Polizistendynastie stammt. Sie überwirft sich mit ihrem Vater, weil er ihr als Frau verbieten will, den Polizeiberuf auszuüben.
Es ist erstmal ein großes Vergnügen, anzusehen, wie diese Frauen den Laden ihrer männlichen Kollegen mit Chuzpe, Scharfsinn und Hartnäckigkeit aufmischen und sich dabei über viele Hindernisse hinwegsetzen, die ihnen nicht zuletzt die Männer in den Weg legen.
Coole und spannende True-Crime-Serie
Auch privat scheinen alle auf ihre Weise auf sich gestellt, aber in den Beziehungen, die sie leben und um die sie kämpfen, entwickelt jede eine andere Art weiblicher Selbstbestimmung.
Aber auch die Männer haben mit Rollenerwartungen und Selbstbildern zu kämpfen, sind keine Abziehbilder.
Die Serie von Fernando Rovzar und Pablo Aramendi hat manchmal den Hang zum Melodrama, aber dann zitiert sie wieder auf sehr moderne weise Stilmittel der 70er-Jahre, von der Musik bis hin zu Thomas-Crown-artigen Splitscreens.
Eine Frauenmördergeschichte als coole, feministisch geprägte, dabei warmherzig erzählte Serie.
Um die „Azules“, die Frauen in Blau, kombiniert sie eine True-Crime- und Thriller-Story so spannend wie unterhaltsam, thematisiert dabei aber auch gravierende Probleme der mexikanischen Gesellschaft: In den letzten Jahren wurden dort im Schnitt jeden Tag zehn bis elf Frauen ermordet, Mexiko gilt immer noch als „Femizid“-Nation.
Trailer zu „Women in Blue“:
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