Mit deutlich teurerem Anwohnerparken werden Innenstädte unattraktiver für Autos - und das ist gut so, meint Stefan Giese. Aber die Städte müssen die Mehreinnahmen nutzen, um den Anwohnern praktikable Alternativen zum Auto zu bieten.
Es gibt Dinge, die passen einfach nicht zusammen: Sahra Wagenknecht passt nicht zur Linken, Deutschland passt nicht zum Eurovision Song Contest – und Autos passen nicht in Innenstädte, denn dort ist das "Heilig's Blechle" ein ziemlicher Nervfaktor. Fahrend verpesten sie die Luft mit Abgasen und Feinstaub, sind laut und eine Gefahr für die Gesundheit der anderen Verkehrsteilnehmenden. Selbst wenn sie nicht gefahren werden, sind sie ein Problem – ein ziemlich großes Problem, denn sie brauchen Platz. Viel Platz. Ihnen opfern wir einen beträchtlichen Teil unseres öffentlichen Raums, nennen ihn dann Parkplatz und nehmen in Kauf, dass dort weder ein Baum wächst noch ein Kind spielt.
Darum halte ich es für richtig, Innenstädte für Autos möglichst unattraktiv zu machen, zum Beispiel durch die deutliche Erhöhung des Anwohnerparkens. Besonders weit gegangen ist dabei bisher die Stadt Freiburg. Dort wurde die Gebühr für einen Anwohnerparkausweis von ursprünglich 30 Euro auf 360 Euro im Jahr angehoben. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Regelung am Dienstag zwar gekippt, allerdings aus formalrechtlichen Gründen. An der Höhe der Gebühr hat es nichts auszusetzen. Das Urteil wird Auswirkungen auf andere Städte haben, in denen ebenfalls mit einem spürbar teureren Anwohnerparken geliebäugelt wird. In Kaiserslautern etwa soll auf diese Weise nebenbei die arg gebeutelte Stadtkasse gefüllt werden.
Experte Roman Suthold im Interview über teures Anwohnerparken als Beitrag zur Mobilitätswende
Wahr ist aber auch, dass viele Anwohner in Innenstädten mit Autos unterwegs sind, weil sie nur so die Anforderungen des Alltags bewältigen können. Vielerorts fehlt es immer noch an praktikablen Alternativen - um den Familieneinkauf zu transportieren, Beeinträchtigte zur Arztpraxis zu bringen oder den Arbeitsplatz zu erreichen. Darum hat der Mobilitätsexperte Roman Suthold im SWR-Interview vollkommen recht, wenn er darauf hinweist, dass es nicht reicht, an der Preisschraube zu drehen. Der Nahverkehr muss ausgebaut werden. Fahrradfahren muss städtebaulich attraktiver gemacht werden. Außerhalb der Innenstädte braucht es platzsparende Parkinfrastruktur. All das zu errichten, fällt praktischerweise in den Aufgabenbereich der Kommunen, die mit der Erhöhung des Anwohnerparkens zusätzliches Geld einnehmen.
Signalwirkung für andere Städte? Bundesverwaltungsgericht kippt Freiburger Regeln zum Anwohnerparken
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Bestimmungen für drastisch erhöhte Anwohnerparkgebühren in Freiburg gekippt.
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