Die Stadt Gerolstein hat ihre Bürgerinnen und Bürger befragt, wie sicher und wohl sie sich dort fühlen. Jetzt wird der Fragebogen ausgewertet und es gibt schon erste Ergebnisse.
"Wie oft hatten Sie in den letzten zwölf Monaten die Befürchtung, Opfer einer Straftat zu werden?" Sie sind recht konkret, die elf Fragen, die Menschen in Gerolstein bis Anfang November beantworten konnten.
Sie zielen darauf ab, ob Menschen, die in der Stadt wohnen oder auch zum Einkaufen und für touristische Angebote dorthin kommen, Angst haben: Vor Körperverletzung, Sachbeschädigung oder sexueller Belästigung. Und wo sie diese Angst haben.
"Zu Beginn des Jahres haben sich Vorfälle im öffentlichen Raum ereignet, die dazu beigetragen haben, dass sich Menschen unwohl gefühlt haben. Weil wir das erkannt haben, haben wir uns als Stadt an einen Runden Tisch gesetzt", sagt Stadtbürgermeister Uwe Schneider (SPD). Angetrunkene Menschen oder größere Gruppen hätten zum Beispiel am Zentralen Omnibusbahnhof andere angepöbelt.
Bestimmte Orte Ergebnis des Fragebogens
Also hat sich kurz vor der Sommerpause zum ersten Mal ein Runder Tisch getroffen mit rund 30 Mitgliedern unter anderem aus der Stadt, der Polizei, der Schulsozialarbeit, Vertretern des Kreises und dem Ordnungsamt, berichtet Schneider. Eine erste Arbeitsgruppe hat dann den Fragebogen erstellt aufgrund von Situationen, die Menschen gegenüber der Stadt schon zuvor geschildert hatten.
"Ich parke mein Auto meistens unter der Brücke an der Kyll. Da fühlt man sich schon ein bisschen unsicher. Früher war da auch mal Licht, aber das Licht ist kaputt. Das ist so eine Stelle, wo ich dann abends als Frau ganz froh bin, wenn ich wieder im Auto bin", sagt zum Beispiel die Mitarbeiterin eines Geschäfts in der Gerolsteiner Hauptstraße dem SWR.
Derzeit werden die Antworten der rund 350 Teilnehmenden am Fragebogen ausgewertet, erste Ergebnisse gibt es aber laut Schneider schon. Und die bestätigen, was die Stadt schon vermutet hatte: Am unwohlsten fühlen die Menschen sich im Gerolsteiner Rondell, am Brunnenplatz, im Kyllpark und im Bereich des Bahnhofs.
Große Gruppen von Jugendlichen im Rondell
Das Rondell in Gerolstein bildet eine Verbindung zwischen der Kyll und der Innenstadt. Viele Menschen parken unterhalb des Rondells oder kommen dort mit dem Bus an. Um dann im Rondell selbst einzukaufen. Im Discounter im Erdgeschoss oder in den kleinen Läden im zweiten Stock. Oder sie nutzen das Treppenhaus, um über den oberen Eingang des im Hang liegenden Gebäudes auf die Hauptstraße in der Innenstadt zu gelangen.
Entsprechend viele Menschen laufen täglich durch das Gebäude der Stadt. Und deren Beschwerden hört sich auch öfter Klaus-Peter Hens an, der Hausmeister des Rondells. Das größte Problem ergibt sich demnach aus den Treppenabsätzen. Die befinden sich in Rundungen des Gebäudes, die Fenster dort haben breite Bänke.
Und darauf sitzen oft Schülerinnen und Schüler, berichtet Hens: "Die lassen den Platz ziemlich vermüllt zurück. Die Gruppen haben fünf bis zehn Leute. Man muss sich vorstellen: Wenn die sich hier aufhalten, dementsprechend ist auch die Geräuschkulisse. Auch über laute Musik."
Verstärkt wird das durch das Rondell selbst: "Es ist sehr hellhörig. Das empfinden die Leute als sehr unangenehm." Jeder Ton vom Erdgeschoss bis zum zweiten Stock hallt durch das gesamte Treppenhaus.
Menschen, die an den Gruppen vorbei die Treppen hinuntergehen, fühlten sich abgeschreckt. Wenn man die Jugendlichen anspricht, würden sie mitunter aggressiv reagieren: "Das macht gerade den Älteren Angst. Zum Teil drehen sie sich rum, verlassen das Gebäude wieder Richtung Innenstadt und gehen einen weiten Umweg."
Fensterrahmen bekritzelt und versengt
Hinzu kommen Sachbeschädigungen. Die Fensterrahmen sind mit Filzstiften beschmiert worden und mit Feuerzeugen versengt. Auf dem Plateau außerhalb des Treppenhauses vor der Stadthalle im Rondell liegt Müll wie weggeworfene Kaffeebecher oder Pommesschachteln.
"So findet man das im harmlosen Zustand vor. Im schlimmen Zustand liegen hier zerbrochene Flaschen, ausgegossene Flüssigkeiten, halb verzehrte Nahrungsmittel. Das kostet uns immer sehr viel Geld, das über die Putzfirmen zu regulieren", sagt Hens. Auf den Überwachungskameras außen sei auch zu sehen gewesen, wie ein stehender Aschenbecher herumgeschmissen und darauf herumgetrampelt wurde.
Auf dem Plateau, so empfindet es Hens, hält sich auch eine Klientel auf, die "schon grenzwertiger ist." Ein Klima der Bedrohlichkeit, das Menschen empfinden, mit denen Hens spricht, verstärke sich noch durch die niedrigen Decken im Treppenhaus. Die Gruppen säßen teils auch auf den Treppen und würden sie nicht freigeben.
Verbesserungen im Rondell geplant
Hens hat Sorge, dass diese Situation sich herumspricht: "Diese gefühlte Gefahrenlage wird nach außen getragen. Meines Erachtens ist dann die Gefahr, dass die Leute abgeschreckt werden, überhaupt noch nach Gerolstein zu kommen." Deshalb sind jetzt erste Gegenmaßnahmen geplant. Zum Beispiel werde überlegt, wie es im Treppenhaus nicht mehr so stark hallt.
Und Stadtbürgermeister Schneider kündigt weitere Maßnahmen an, nachdem eine zweite Arbeitsgruppe sich die genannten Orte angeschaut hat: "Im Bereich des Rondells wollen wir bauliche Veränderungen anbringen." Damit soll verhindert werden, dass sich Menschen auf die Fenstersimse setzen."
Ein Passant in Gerolstein sagt dazu: "Die Jugendlichen müssen ja im Winter auch mal irgendwo sitzen, wenn es kalt ist. Ich fühle mich überhaupt nicht unsicher in Gerolstein. Da wird so eine Stimmung erzeugt, da ist eigentlich nichts dran." Und verlagert man das Problem nicht, wenn man die Fensterbänke versperrt und die Jugendlichen sich dann noch öfter auf die Treppen setzen?
"Man verschiebt das Problem zunächst, aber es wäre eine Teillösung", sagt Hausmeister Hens, der mit am Runden Tisch sitzt. Er hält es auch für sinnvoll, dass es eine Hausordnung für das Rondell gibt, die dann auch konsequent durchgesetzt wird, "und dann muss man das auch vielleicht mit einem Ordnungsgeld belegen. Dann, denke ich, bekommt man das in den Griff. Wir haben es hier ja nicht mit Kriminellen in dem Sinne zu tun."
Mehr Licht an Brunnenplatz und Radweg
Auch an andere im Fragebogen genannte Orte wie den Brunnenplatz und den Kyllpark muss die Stadt ran, sagt Bürgermeister Schneider: "Im Fragebogen – und das hat uns überrascht – ist auch der Kyllradweg Richtung Lissingen genannt worden. Dass der schlecht ausgeleuchtet ist. Und das wollen wir jetzt auch ziemlich kurzfristig angehen."
Lösbar sei das zum Beispiel durch solarbetriebene Straßenlaternen, die nur zu bestimmten Uhrzeiten angestellt werden. Für kommendes Jahr will die Stadt Haushaltsmittel einstellen, um die Situation am Radweg und im Rondell zu verbessern. Darüber entscheidet der Stadtrat Ende Januar.
Zunächst wird aber in der nächsten Stadtratssitzung Mitte Dezember über die Auswertung des Fragebogens berichtet. Im ersten Quartal 2024 trifft sich dann noch einmal der Runde Tisch, um zu besprechen, wie es weitergehen soll und wie das Projekt ausgewertet wird. Hausmeister Hens ist zuversichtlich: "Wir sind auf einem guten Weg."
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