Bei Menschen klingeln, die ihre Schulden nicht zahlen wollen oder können - das ist der Job von Vollstreckungsbeamten. Anfeindungen gehören zunehmend zum Alltag.
Trier-Nord an einem verregneten Montagabend. Wir begleiten einen Vollstreckungsbeamten der Stadt. Um seine wahre Identität zu schützen, nennen wir ihn Herr S. Der erste Termin ist in einem Mehrfamilienhaus. Ein älterer Mann hat seit einigen Monaten keine Rundfunk-Gebühren mehr bezahlt. Eine dreistellige Summe ist mittlerweile aufgelaufen. „Guten Abend, ich komme wegen offener Forderungen“, stellt sich der Vollstreckungsbeamte an der Türschwelle vor.
„Welche Forderungen? Hier ist nichts zu holen“, erwidert der Mann abweisend. Der Ton wird im Verlauf des Gesprächs rauer, der Schuldner immer lauter, bis Schimpfwörter fallen. Herr S. versucht mit ruhiger Stimme den aufgebrachten Schuldner zu beruhigen.
Seit fünf Jahren ist Herr S. als Vollstreckungsbeamter der Stadt Trier unterwegs. Solche Situationen mit aufgebrachten Menschen sind für ihn Alltag. Angst habe er keine aber ein gesundes Maß an Respekt, erzählt der 35-Jährige auf dem Weg zum nächsten Klingelschild.
Jeder Fall muss individuell betrachtet werden
Weil jeder anders auf den Besuch des Vollstreckungsbeamten reagiert, muss er sich gewissenhaft vorbereiten. Auch prüft er, ob der jeweilige Schuldner bereits straffällig geworden ist. So kann er sich Kollegen oder die Polizei zur Unterstützung mitnehmen.
Immer mehr Vollstreckungen in Trier
Herr S. treibt offene Bußgelder und nicht gezahlte Steuern ein. In Trier kommt es jedes Jahr zu 20.000 Vollstreckungen. Tendenz steigend. Immer wieder gäbe es Menschen, die in die Schuldenfalle gerieten, erzählt der frühere Soldat.
Verbale Gewalt oft Alltag Hass und Beleidigungen sind Alltag in Kliniken der Region Trier
Ein 39-jähriger Mann hat im Wittlicher Krankenhaus einen behandelnden Arzt schwer beleidigt. Als Strafe muss er mehrere hundert Euro zahlen.
Der nächste Termin führt den Vollstreckungsbeamten zu einer schwangeren Frau, die seit mehr als fünf Jahren keinen Rundfunkbeitrag gezahlt hat. Herr S. weiß, dass hinter jeder Akte ein Schicksal steckt. Stets versucht er deswegen fair und menschlich zu bleiben. Sein Credo: er möchte keinem das Leben kaputt machen.
So kann die Schwangere ihre Schulden von mehr als 1.200 Euro erstmal in kleinen monatlichen Raten abstottern. Mehr sei einfach nicht drin, erklärt sie.
In 30 Prozent der Fälle werden die Schulden bezahlt
Neben menschlichem Fingerspitzengefühl muss Herr S. konsequent in der Sache bleiben. 30 Prozent aller Fälle enden für ihn erfolgreich - der Schuldner zahlt. In den restlichen Fällen kann es für die Schuldner richtig unangenehm werden. Dann pfändet Herr S. Wertgegenstände oder das Auto.
Frust in der Bevölkerung wächst
Für seine Arbeit braucht Herr S. ein immer dickeres Fell. Seit der Corona-Pandemie werde der Ton an den Türen rauer. Herrn S. und seinen Kollegen werden außerdem immer häufiger Schläge angedroht. Steigende Kosten in allen Lebensbereichen, Krisen und eine niedrige Rente sorgten für Frust und führten dazu, dass immer mehr Leute zahlungsunfähig würden, beobachte der Vollstreckungsbeamte.
Stichsichere Weste gehört zur Ausrüstung
Um für gefährliche Situationen wie mit Hunden gewappnet zu sein, haben sie ein Pfefferspray dabei. Außerdem werden Selbstverteidigungskurse angeboten. Eine stichsichere Weste gehört auch zur Ausrüstung.
Der Rest der heutigen Tour verläuft ruhig. Zehn Adressen hat er geschafft und wieder zehn menschliche Schicksale kennengelernt.