Drei Männer hatten eine bewaffnete Widerstandsgruppe gegen die Corona-Maßnahmen gebildet. Der Hauptangeklagte und Rädelsführer muss für zwei Jahre und neun Monate ins Gefängnis.
Ein ungewöhnlicher Prozess am Landgericht Koblenz ist heute mit einem deutlichen Urteil zu Ende gegangen. Zwei Jahre und neun Monate muss der Rädelsführer der sogenannten "Paladine" ins Gefängnis. Zwei andere Mitglieder der Gruppe wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die drei Männer sich im Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen gegen den Staat zusammengeschlossen hatten. Dazu hatten sie sich Schusswaffen und Armbrüste in einem 3D-Drucker hergestellt.
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte ihnen vorgeworfen, mit den Waffen gegen die Masken- und Impfpflicht vorgehen zu wollen. Neben der Gründung einer kriminellen Vereinigung und einer bewaffneten Gruppe mussten sich die Angeklagten auch für Verstöße gegen das Waffengesetz verantworten.
Der Prozess verlief nicht störungsfrei
Beispiellos waren aber nicht nur die Vorwürfe gegen die drei Männer. Auch das Verhalten des Hauptangeklagten während der Gerichtsverhandlung sorgte für Aufsehen. Schon beim Prozessauftakt ignorierte der 39-Jährige die Richterin und hielt stattdessen einen Monolog mit abenteuerlichen Aussagen. Er erklärte, er sähe sich selbst als Opfer und sprach auch immer wieder die Zuschauer an - bis die Richterin ihn des Saales verwies. Dazu sagte sie bei der Urteilsbegründung: "Es ist bedenklich, was ein Gericht alles aushalten muss, um die Rechte eines Angeklagten zu gewährleisten."
Richterin: Angeklagter hat "Riesenshow abgezogen"
Sie bezog sich damit aber auch auf das Verhalten des Angeklagten am letzten Prozesstag. Dort hatte der 39-Jährige erneut "eine Riesenshow abgezogen", wie es die Richterin formulierte. Vor dem Urteilsspruch hatte er die Gelegenheit, letzte Worte zu sagen, und trug dabei eine mehr als einstündige Rede vor.
Dabei ging er kaum auf die Vorwürfe gegen ihn ein. Stattdessen inszenierte er sich als Opfer der Justiz und dozierte regelrecht über angebliche Missstände in der deutschen Gesellschaft und die Rolle der Gewalt.
Staatsanwaltschaft forderte vier Jahre Haft
Wie schon zuvor im Prozess nahm er dabei nicht auf der Anklagebank Platz, sondern stand demonstrativ daneben. Auch die Verlesung der Plädoyers vergangene Woche hatte er im Stehen verfolgt. Dabei hatte die Staatsanwaltschaft für ihn eine Haftstrafe von vier Jahren gefordert und für seine Mitangeklagten jeweils Bewährungsstrafen.
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Impfgegner von der Mosel hatten Angst
Die Staatsanwaltschaft ist davon ausgegangen, dass der 39-Jährige sich im Zuge der Pandemie radikalisiert hat. Ein Auslöser soll gewesen sein, dass der Physiotherapeut seinerzeit seinen Job verloren hat, weil er keinen Mundschutz tragen wollte. Angesichts der Maskenpflicht und der Impfungen habe er sich um die Grundrechte in Deutschland gesorgt.
Nach Ansicht des Koblenzer Oberstaatsanwaltes Christopher do Paco Quesado ist der Angeklagte ein sogenannter Reichsbürger. Diese Gruppierung erkennt die Existenz der Bundesrepublik Deutschland nicht an und will Widerstand gegen den Staat leisten.
Dazu würde auch sein Verhalten im Prozess passen. Denn dort hatte der 39-Jährige immer wieder erklärt, er sei "ein freilebender Mensch" und somit "kein Staatsbürger Deutschlands", er habe mit der Bundesrepublik "keine Verträge" und wolle mit ihr "keine Geschäfte" machen.
Angeklagter war nach Portugal geflohen
Um ihm den Prozess zu machen, hatten die Ermittler einen erheblichen Aufwand betrieben. 2022 bereits hatte die Staatsanwaltschaft ihn wegen der Herstellung der Waffen im 3D-Drucker angeklagt. Beim Prozess vor dem Schöffengericht in Wittlich gab es damals eine Bewährungsstrafe.
Unmittelbar nach dem Urteil setzte sich der 39-Jährige nach Portugal ab - wohl auch, um der weiteren Strafverfolgung zu entgehen. Dort wurde er dann im November 2023 von der portugiesischen Polizei gefasst.
Verteidigung will Revision einlegen
Das aktuelle Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Verteidigerin des Hauptangeklagten hatte gegenüber dem SWR angekündigt, Revision einzulegen. Einerseits sehe sie den Tatvorwurf der Gründung einer bewaffneten Gruppe nicht erfüllt an - denn ihr Mandant habe sich lediglich mit den selbst hergestellten Waffen verteidigen wollen.
Und andererseits hatte sie während der Verhandlung beantragt, den psychischen Zustand des Hauptangeklagten begutachten zu lassen. Der spiele für die Taten eine Rolle, wurde aber nicht berücksichtigt. Die Richterin ist hingegen der Ansicht, dass der Angeklagte im Vollbesitz seiner Urteilsfähigkeit ist. Sie schätzte sein Verhalten während des Prozesses als Taktik ein.
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