Erzieherinnen in deutschen Kitas fühlen sich zunehmend überlastet - das ergibt eine Umfrage des Rechercheportals Correctiv. Auch in der Region Trier sind viele Stellen unbesetzt.
Vera John hat ihre Tochter Romy schon oft früher aus der Kita abgeholt. Die 36-Jährige muss sich dann auf der Arbeit freinehmen oder die Kleine zur Großmutter bringen. Denn in der Tagesstätte in Schleidweiler gibt es oft nicht genügend Personal, um alle 130 Kinder zu betreuen.
Seit Monaten sind mehrere Stellen in der Kita unbesetzt. Vor allem in der Herbst- und Winterzeit, wenn viele Erzieherinnen krank werden, bekommen die Eltern das zu spüren. "Da merkt man schon, dass da nicht viel Puffer ist und dass es an allen Ecken brennt", sagt Vera John.
140 Stellen bei der Kita Ggmbh Trier unbesetzt
Die Mutter aus Schleidweiler im Landkreis Trier-Saarburg macht den Erzieherinnen keinen Vorwurf. Die tun ihr Bestes, gehen gut mit den Kindern um, sagt John, trotz des Personalmangels: "Die reißen sich schon ein Bein aus und machen viele Überstunden."
Auf Dauer würde sich die Mutter aber wünschen, dass die Kita mehr Erzieherinnen einstellt. Nur sind die auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht zu bekommen. In fast allen Kitas in Deutschland fehlen Fachkräfte. Und das wird nach einer neuen Umfrage des Rechercheportals Correctiv auch zunehmend zur gesundheitlichen Belastung für die Erzieherinnen.
Die katholische Kita Ggmbh Trier, der größte Kita-Träger in der Region, würde nach eigenen Angaben gerne 140 Erzieherinnen und Erzieher einstellen - die Hälfte davon allein in der Stadt Trier und dem Umland. Doch auch in ländlichen Gebieten wie der Eifel wird es immer schwieriger, Fachkräfte zu finden. Davon erzählt Beate Flesch, die die kommunale Kindertagesstätte in Bergweiler bei Wittlich leitet.
60 Prozent der Erzieherinnen fühlen sich überlastet
Zwei Stellen hat sie derzeit ausgeschrieben, eine davon schon seit Sommer. "Und manchmal hat man Glück und es gehen gute Bewerbungen ein", sagt die Kita-Leiterin. Das passiere allerdings immer seltener. Und darunter litten alle anderen Mitarbeiter.
62.000 Überstunden haben die Erzieherinnen der Kita Ggmbh Trier zum Beispiel in den vergangenen Jahren angehäuft. Viele sind am Limit. In der neuen Umfrage von Correctiv berichten 60 Prozent der Erzieherinnen von Stress, Druck und Überlastung. Die Folge können Burnout und Depressionen sein. Eine von fünf Befragten sagt, die Arbeit mache sie krank.
Erzieherinnen fordern bessere Bezahlung und mehr Sicherheit
Anstrengend sei vor allem die Unsicherheit, die der Job mittlerweile mit sich bringt, sagt Kita-Leiterin Beate Flesch: "Oft weiß man morgens nicht, wie der Arbeitstag aussieht. Ob man zum Beispiel mal eine Pause machen kann. Das macht natürlich Stress und wirkt sich auf die Gesundheit der Mitarbeiter aus."
Dass es so nicht weitergehen kann - da sind sich Erzieherinnen und Eltern einig. Was aus Sicht von Flesch und den Kita-Trägern helfen könnte, den Beruf wieder attraktiver zu machen, wäre eine bessere Bezahlung, schon während der jahrelangen Ausbildung. "Wir brauchen gesellschaftlich auch mehr Wertschätzung für den Job", sagt Flesch. Auch müssten mehr Stellen unbefristet ausgeschrieben werden, um den Bewerbern Sicherheit zu geben.
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Träger: Rechtsanspruch auf Kita-Platz kaum zu gewährleisten
Trotzdem heißt es bei der Kita Ggmbh Trier: "Der Mangel an pädagogischen Fachkräften ist eine Tatsache, für den es kurzfristig keine Lösung geben wird." Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz sei kaum zu gewährleisten.
Mutter Vera John aus Schleidweiler kann nicht verstehen, warum die Politik nicht schneller einschreitet, auch im Interesse der Erzieherinnen: "Sonst klappen die Leute irgendwann zusammen."