Eine EU-Richtlinie schreibt vor, dass Milchautomaten künftig Kassenbons drucken müssen. Landwirte ärgert das. Denn sie müssen die Geräte teuer umrüsten. Ein Beispiel aus Wiersdorf.
Ein Knopfdruck reicht. Schon sprudelt die Milch aus dem silbernen Automaten. Als Familie Theisen 2017 ihre Milchtankstelle in Wiersdorf eröffnet hat, war es eine der Ersten im Bitburger Land. Seitdem zapfen sich Einheimische und Touristen in dem schwarz-weiß-gefleckten Häuschen ihre Flaschen voll.
Die Milch stammt von den 60 Kühen aus ihrem Stall. "Die ist frisch, nicht verarbeitet", sagt Landwirtin Tini Theisen. Im Automat wird die Milch nur gekühlt und umgerührt. Für den Hannenhof, den Tini mit ihrem Mann Christian betreibt, ist das ein lukrativer Nebenerwerb. "Wir sind sehr zufrieden damit, wie unser kleiner Hofladen mit der Milchtankstelle läuft."
EU-Vorschrift: Automaten müssen Kassenbons ausdrucken können
Kürzlich bekam die Familie aber Besuch von Beamten des Landesamtes für Mess- und Eichwesen. Sie nahmen den Milchautomaten der Theisens genauer unter die Lupe und stellen dabei fest, dass das Gerät keine Kassenbons drucken konnte. "Danach hat uns auch noch nie ein Kunde gefragt", sagt Landwirtin Tini Theisen.
Doch das spielte für die Behörde keine Rolle. Denn die muss eine Richtlinie der Europäischen Union umsetzen. Demnach müssen die Automaten geeicht sein und Kassenbelege ausdrucken können. Die Vorschrift soll für Verbraucher sicherstellen, dass sie so viel Milch bekommen wie sie bezahlen, heißt es in Brüssel. Mit dem Bon bekommen Kunden das dann schwarz auf weiß.
Bauern legen wegen Richtlinie ihre Automaten still
Bauer Christian Theisen hält das für unnötige Bürokratie: "Das macht bei Benzin-Tankstellen Sinn, wo die Leute 50 Liter abzapfen. Aber hier geht es um kleinere Mengen. Das ist doch nicht mehr verhältnismäßig." Zumal so ein Bondrucker nicht gerade billig ist. 1.500 Euro hat der Betrieb dafür ausgegeben, den Automaten nachzurüsten - etwa so viel wie das Gerät in einem Monat abwirft. Je nach Hersteller können bis zu 3.000 Euro fällig werden.
"Das ist schon ein Batzen Geld, den muss man erstmal erwirtschaften", sagt Theisen. Im Schnitt zapfen die Kunden am Hannenhof 40 Liter Milch pro Tag. Viele andere Automaten in der Eifel kommen aber gerade einmal auf die Hälfte. In die Geräte zu investieren, rentiert sich also nicht für jeden. "Ich kenne Bauern, die deswegen ihre Automaten stillgelegt haben", meint der Landwirt. In Hersdorf, Rommersheim und Birgel zum Beispiel gibt es keine Milchautomaten mehr.
In Bayern: Keine Eichpflicht für Milchtankstellen
Rund 40 Milchtankstellen gibt es noch im Land, die meisten davon in der Eifel, im Hunsrück und der Pfalz. Das geht aus einer Antwort des rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Freien Wähler im Landtag hervor. 15 von ihnen hat das Landesamt für Eich- und Messwesen 2023 nach eigenen Angaben kontrolliert.
"Einige Landwirte haben aber schon zugemacht, bevor die Richtlinie inkraftgetreten ist", sagt Christian Theisen: "Die wollten die Prüfungen gar nicht abwarten." Was ihn besonders ärgert: Würde er in Bayern leben, müsste er seinen Automaten nicht nachrüsten. Dort sind Landwirte bis auf Weiteres von der EU-Vorschrift befreit. "Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil", findet der Bauer aus Wiersdorf.
Auch die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP) hatte 2022 auf Anfrage der Freien Wähler erklärt, das Land wolle beim Bund darauf hinarbeiten, den Direktvermarktern "mehr Eigenverantwortung und Flexibilität" einzuräumen. Diese Verhandlungen waren aber offenbar nicht erfolgreich.
Auch andere Milchautomaten betroffen Keine Milch vom Hof mehr ohne Kassenbeleg in Bretten - Neue EU-Richtlinie gilt in ganz BW
Nach 14 Jahren wird der Milchautomat in Bretten bald nicht mehr betrieben. Der Grund: Er kann keine Kassenbelege drucken. Das ist nach einer EU-Richtlinie seit 2023 vorgeschrieben.