Obwohl "Combat 18" verboten wurde, soll die rechtsextreme Gruppe weiter bestanden haben. SWR-Recherchen zeigen: Vier Männer aus der Region sollen Mitglied gewesen sein.
Mit einem Großaufgebot rückten Polizisten am 4. Mai nach Greimerath in der Eifel an, um ein rechtsextremes Konzert zu beenden. Die Polizei leitete Ermittlungen unter anderem wegen Verstoß gegen das Waffengesetz sowie Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ein.
Mindestens 44 Teilnehmer sollen zu der Veranstaltung angereist sein, darunter auch ehemalige Mitglieder der rechtsextremen Gruppe "Combat 18". Der Gruppenname lässt sich übersetzen mit "Kampfgruppe Adolf Hitler".
Mann aus der Vulkaneifel im Visier der Bundesanwaltschaft
Was Szenekenner zu dieser Zeit längst ahnten, bestätigte später auch das Polizeipräsidium Trier: Bei dem Konzert fanden sich auch Verbindungen zu Gregor M. Der Mann wohnt in einem 400 Seelenort in der Vulkaneifel. Dort lebt er zurückgezogen und unauffällig, heißt es von Bewohnern des Ortes. Bis zu einem Morgen vor etwa zwei Jahren, als Polizisten bei einer Razzia sein Haus durchsuchten.
Denn Gregor M. war ins Visier der Bundesanwaltschaft geraten, der obersten Strafverfolgungsbehörde des Landes. Diese wirft ihm vor, als Rädelsführer den organisatorischen Zusammenhalt der Vereinigung "Combat 18 Deutschland" aufrechterhalten zu haben, nachdem der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer diese 2020 verboten hatte.
"Combat 18 Deutschland" habe sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet, sei neonazistisch, rassistisch und weise eine Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus auf, hieß es damals.
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"Combat 18": Leistungsmärsche und Aufnahmeprüfung
Trotz des Verbots sollen Gregor M. und drei weitere Angeschuldigte die Vereinigung bis Frühjahr 2022 fortbetrieben haben. Mindestens 14 konspirative Treffen habe es gegeben, darunter "Leistungsmärsche". Anwärter seien durch geregelte Verfahren in die Gruppe aufgenommen worden, unter anderem mit einer praktischen Prüfung und theoretischen Tests zum Nationalsozialismus.
Gregor M. soll in der Gruppe einen eigenen Aufgabenbereich gehabt haben. Er sei zuständig gewesen für die Organisation von Rechtsrockkonzerten und gemeinsam mit einem anderen Angeschuldigten für den Verkauf von Kleidungsstücken und Musik, so die Bundesanwaltschaft.
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Mann aus Vulkaneifel: Szenekopf und verurteilter Straftäter
Ermittler dürfte diese Aufgabenteilung nicht überraschen. Denn Gregor M. fällt seit Jahren in der rechtsextremen Musikszene auf, gilt als bestens vernetzt. Dem SWR liegen Unterlagen unter anderem von Polizeibehörden und Verfassungsschutz vor. Sie offenbaren, wie tief M. in der Szene verankert ist.
Gregor M. wurde 1980 in der Vulkaneifel geboren, lebte einige Zeit im Großraum Wittlich. Bereits mit Anfang 20 verbüßte er eine Haftstrafe. Anschließend galt er Ermittlern als zentrale Figur der Neonazigruppe "Chaos Crew", die ab etwa 2004 auffiel. Diese Gruppe organisierte den Angaben zufolge konspirative Konzerte mit teils "namhaften" Bands der Szene.
"Chaos Crew" jahrelang im Visier der Ermittler
Allein in den Jahren 2007 bis 2009 sei die "Chaos Crew" an der Organisation von mehr als zehn solcher Konzerte beteiligt gewesen. Die Ermittler zählten zur Gruppe seinerzeit bis zu 40 Personen, von denen etwa die Hälfte als "gewalttätig" oder "rechtsmotivierte Straftäter" bekannt gewesen seien.
Wegen einer brutalen Gewalttat rückte die "Chaos Crew" schließlich in die Öffentlichkeit. 2010 ließ Gregor M. einen missliebigen Szeneaussteiger unter falschem Vorwand zu einer abgelegenen Grillhütte in eine Falle locken. Dort wartete ein Schlägertrupp, der den Mann brutal zusammenschlug. Gregor M. wurde dafür zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt.
Musikwissenschaftler: "Eine Integrationsfigur der rechtsextremen Szene"
Auch bei dem Konzert in Greimerath vor einigen Wochen nahmen nach Polizeiangaben mehrere ehemalige Mitglieder der "Chaos Crew" teil. Den Musikwissenschaftler Thorsten Hindrichs von der Universität Mainz wundert dies nicht. Er forscht seit vielen Jahren zur rechtsextremen Musikszene.
"Gerade bei Konzerten und Musikveranstaltungen ist es üblich, dass sich alte Bekannte wieder treffen", so Hindrichs. Solche Veranstaltungen hätten eine enorme Bedeutung für die Szene. "Es geht um Geld und um Vernetzung", so die Einschätzung des Musikexperten. Gregor M. aus der Vulkaneifel sieht er dabei in einer besonderen Rolle. "Er war im Gefängnis, er hat eine gewisse Aura, der ist sicher eine Integrationsfigur für die hiesige Szene".
Ermittlungen gegen weitere Männer aus Region Trier
Diese Einschätzung bestätigen offenbar erneut auch die Ermittlungen der Behörden. Nach dem Verbot von "Combat 18 Deutschland" sollen sich nach Angaben der Bundesanwaltschaft 17 weitere Personen an der Gruppe beteiligt haben. Drei von ihnen werden nach Informationen des SWR dem persönlichen Umfeld von Gregor M. zugerechnet. Weil sie als einfache Mitglieder nur eine geringere Rolle in der verbotenen Gruppe gespielt haben sollen, ermittelt gegen diese drei inzwischen nicht mehr die Bundesanwaltschaft, sondern die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz.
Ermittlungen gegen "Combat 18" laufen
Nach Angaben der Behörde leben diese drei Männer in den Landkreisen Bernkastel-Wittlich und Trier-Saarburg. Auch diese Männer sind keine Unbekannten. Nach Recherchen des SWR beteiligte sich einer von ihnen in der Vergangenheit an mindestens einer Demonstration der Trierer NPD. Die Namen der anderen beiden Beschuldigten tauchten schon vor Jahren im Zusammenhang mit der rechtsextremen Szene in Behördenunterlagen auf, die dem SWR vorliegen.
Wahrscheinlich werden sich alle vier Männer bald vor Gericht verantworten müssen. Gegen Gregor M. hat die Bundesanwaltschaft bereits Anklage erhoben. Diese wurde noch nicht zugelassen. Die Ermittlungen gegen die drei anderen Beschuldigten dauern an. Alle vier Männer ließen SWR-Anfragen zu den Vorwürfen unbeantwortet.
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