Am Samstag hat die Polizei in Kövenig an der Mosel eine Feier von mutmaßlichen Rechtsextremisten verhindert. Experte Andreas Speit ordnet den Vorfall im SWR-Interview ein.
Die Polizei war am frühen Samstagabend von Anwohnern aus Kövenig alarmiert worden, weil in der Gartenanlage zweier Ferienhäuser rechtes Liedgut abgespielt worden sein soll. Zunächst war seitens des Innenministeriums von einem Konzert die Rede, dann von einer privaten Feier, von Leuten die aus Nordrhein-Westfalen angereist waren. Andreas Speit, Buchautor und Journalist, gibt eine Einschätzung.
SWR Aktuell: Herr Speit, passieren solche Vorfälle häufiger oder wird gerade nur mehr darüber berichtet?
Andreas Speit: In den letzten Jahren sind tatsächlich rechtsextreme Musikveranstaltungen wieder gestiegen. Natürlich sind sie in der Zeit der Pandemie gesunken, aber wir sehen, dass immer mehr Rechtsrockkonzerte und Liederabende stattfinden.
Die werden meistens im Geheimen vorbereitet, so wie das auch aktuell der Fall war. Das heißt, es sind bewusste Rechtsextreme, die versuchen an Orten, wo wenig Gegenwehr zu erwarten ist und unter falschen Bedingungen Konzerte auszurichten. Meistens täuschen sie eben auch die Vermieter der Anlagen oder der Räumlichkeiten.
SWR Aktuell: Was für Menschen sind das denn, die mitgrölen, wie auf Sylt oder zu rechtsextremistischer Musik tanzen wollen, wie in Kövenig?
Speit: Diesen Trend haben wir leider schon seit letztem Jahr erlebt, dass ein bestimmtes Lied ganz gern gespielt wird und dann rassistische, nationalistische Parolen gegrölt werden. In Sylt ist es ganz offensichtlich, dass das gediegene, gut situierte Menschen gewesen sind, die rassistische Ressentiments verinnerlicht haben.
Das haben sie mit Menschen aus der geschlossenen rechtsextremen Szene gemein, die solche Musik dann natürlich auch begrüßen, weil im vorpolitischen Raum ihre Denke, ihre Ressentiments sozusagen weiter verbreitet werden. Aber es sind zwei unterschiedliche Milieus, die eben ein gemeinsames Anliegen haben, nämlich rassistische Grundpositionen.
SWR Aktuell: Die Forderung wird auch in der Bevölkerung laut, dass man gegensteuern müsse. Aber wie steuert man denn konkret gegen?
Speit: In den letzten Jahren ist sehr deutlich geworden, dass zivilgesellschaftlicher Widerstand sich vor Ort organisiert. Man kann solche Events auch nach und nach zurückdrängen. Die Rechtsextremen trauen sich dann nicht mehr, ganz so offen aufzutreten. Aber die rechten Ressentiments in der Gesellschaft müssen natürlich in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext hinterfragt und offen gelegt werden.
Und hier ist eben auch deutlich zu betonen: Der Verfassungsschutz, die Polizei und die Justiz sind eigentlich die Letzten, die sich mit dem Phänomen Rechtsextremismus oder rechten Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft auseinandersetzen müssen. Eigentlich sind wir alle gefordert, Mut zu haben, zu widersprechen, "Nein" zu sagen und gegebenenfalls, wenn man aus Versehen solche Räumlichkeiten vermietet hat, den Mietvertrag auch wieder zu kündigen.
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