In Rheinland-Pfalz bleibt für viele das Wohnen weiter teuer, weil die Grundsteuer für Mieter und Hausbesitzer erneut gestiegen ist.
Drei von vier Kommunen im Land heben in diesem Jahr den Hebesatz bei der Grundsteuer B an, wie das Statistische Landesamt in Bad Ems am Donnerstag mitteilte. Die Grundsteuer B wird auf bebaute oder bebaubare Grundstücke erhoben und trifft sowohl Mieterinnen und Mieter als auch Eigentümerinnen und Eigentümer.
Dabei erhöht sich der durchschnittliche Hebesatz der Kommunen in diesem Jahr um 50 Prozentpunkte - die bislang höchste Steigerung, wie die Behörde dem SWR bestätigt hat. Über Jahrzehnte sei der Hebesatz im Schnitt um drei Prozentpunkte pro Jahr gestiegen, heißt es. Im vergangenen Jahr lag die Steigerung dann bei 16 und in diesem Jahr sogar bei 50 Prozentpunkten.
Grundsteuer wird vielerorts erhöht Wie die Gemeinden in RLP mit der Finanznot umgehen
Freisbach im Kreis Germersheim ist kein Einzelfall. Viele Gemeinden in Rheinland-Pfalz pfeifen finanziell aus dem letzten Loch. Auch Steuererhöhungen helfen oft nur bedingt.
Spitzenreiter Kerzenheim
In einzelnen Gemeinden geht die Steuer ganz besonders stark nach oben - in der Ortsgemeinde Kerzenheim im Donnersbergkreis etwa. Dort ist die Grundsteuer für Mieter und Hausbesitzer um 580 Punkte gestiegen. In der Ortsgemeinde Horath im Hunsrück sind es 365 und in der Ortsgemeine Etschberg in der Westpfalz 260 Prozentpunkte.
Eine Senkung sei selten zu beobachten, so das Landesamt weiter. Die durchschnittlichen Hebesätze hätten in Rheinland-Pfalz seit Jahrzehnten unter dem Bundesdurchschnitt gelegen. Insofern erfolge aktuell eine Annäherung an die durschnittlichen deutschlandweiten Hebesätze.
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Finanzieller Druck auf Städte und Gemeinden steigt
Der Grund ist das neue Finanzierungsmodell des Landes für die Kommunen: Viele Städte und Gemeinden mit Finanzproblemen sehen sich dadurch gezwungen, ihre Steuern zu erhöhen. Denn wenn sie keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können, dürfen sie seit diesem Jahr nicht mehr am Entschuldungsfonds des Landes teilnehmen.
Die Erhöhungen haben nichts mit der derzeit laufenden Grundsteuerreform zu tun. Diese kann in Einzelfällen zu einer noch höheren Grundsteuerlast von Mietern oder Hausbesitzern führen.
Freie Wähler kritisieren Landesregierung
Die Erhöhung der Grundsteuer-Hebesätze "ist angesichts der anhaltend hohen Inflation keine gute Nachricht für unsere Bürger", sagte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landtag, Joachim Streit. Die Landesregierung zwinge die Gemeinden durch die Anhebung der Nivellierungssätze zu einer entsprechenden Erhöhung. Streit bezeichnete die Reform der Kommunalfinanzen als "Steuererhöhung durch die Hintertür".
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