Behörde entscheidet

Streit ums Wasser: Getränkefabrik in Wörth muss auf Millionen Liter Grundwasser verzichten

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Ulrike Brandt
SWR Reporterin Ulrike Brandt

Ein Hersteller, der für LIDL und auch Kaufland Getränke produziert, muss auf 100 Millionen Liter Grundwasser im Jahr verzichten. Trotzdem gibt es Kritik vom benachbarten Wasserversorger.

Es ist ein Wasserschatz, der tief unter den Orten Jockgrim und Wörth (beide Kreis Germersheim) entlang fließt. Das Grundwasser in dieser Gegend von Rheinland-Pfalz ist etwa 2.000 Jahre alt. "Damit ist es frei von modernen Stoffen", sagt Ralf Friedmann vom öffentlichen Wasserversorger. Keine Düngemittel, keine Chemikalien. Beste Voraussetzungen, um Trinkwasser zu gewinnen.

Aus Wörth kommt Wasser für LIDL und Kaufland

Um die Qualität des Wassers weiß auch die Firma MEG. Für Lidl und Kaufland produziert sie an mehreren Standorten in Deutschland Mineralwasser und andere Getränke. Seit 2013 auch in ihrem Werk in Wörth mit rund 250 Mitarbeitenden – kritisch beäugt vom örtlichen Wasserversorger. Beide nutzen das gleiche Grundwasser. MEG bereitet es auf und verkauft es dann unter anderem beim Discounter LIDL, als "Saskia-Quelle Wörth am Rhein".

Wörth MEG
Blick in eine Produktionshalle des Wörther MEG-Standorts: Hier werden Getränke für die Handelsmarken LIDL und Kaufland abgefüllt.

Einer der größten Grundwasser-Entnehmer in RLP

MEG liegt in den Top 10 der industriellen Grundwasser-Entnehmer in Rheinland-Pfalz auf Platz sieben. Im vergangenen Jahr hatte der SWR schon einmal über den Wasser-Konflikt mit LIDL in der Südpfalz berichtet. Der Wasserversorger, die Germersheimer Südgruppe, hat vor allem Angst vor einer Verunreinigung des unterirdischen Schatzes. Und befürchtet: wenn zu viel Wasser entnommen wird, dann könnte es zu einer Druckumkehr kommen (siehe Infobox). Die Firma jedoch sagt, "der Schutz der öffentlichen Trinkwasserversorgung" sei gegeben.

Es ist ein lokaler Streit ums Wasser - aber einer, der zeigt, dass um die so lebenswichtige Ressource künftig häufiger gestritten werden könnte. Die zunehmende Trockenheit durch den Klimawandel belastet die Wasservorräte. Vielerorts überlegen sich die öffentlichen Wasserversorger, wie sie auch in Zukunft das Trinkwasser sichern können.

Behörde fällt neue Entscheidung zum Grundwasser für MEG

Einen Kompromiss im Südpfälzer Konflikt hatte die zuständige Wasserbehörde, die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd, im November angekündigt. Nun steht er fest: Am MEG-Standort Wörth dürfen von jetzt an 1,6 Milliarden Liter Grundwasser genutzt werden, befristet bis Ende 2024.

Die aktuelle Entscheidung beachtet laut SGD Süd auch den "fortschreitenden Klimawandel". Der hat unter anderem zur Folge, dass sich landesweit und auch in der Südpfalz weniger neues Grundwasser bildet. Deswegen, sagt Behördenleiter Hannes Kopf, habe die Entscheidung "nicht nur die aktuellen Daten zum Grundwasser im Blick – sondern auch die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen des Klimawandels."

Mineralwasserflaschen des Lidl-Konzerns
Vom Wörther Werk ins Geschäft: Mineralwasserflaschen in einer LIDL-Filiale

1,6 Milliarden Liter - das sind 100 Millionen Liter weniger als in den vergangenen Jahren. Da hatte der Getränkehersteller an seinem Standort in Wörth aus sechs Brunnen noch 1,7 Milliarden Liter Grundwasser herausholen dürfen. Das hätte die Firma auch gerne weiterhin getan – der örtliche Trinkwasserversorger verlangte gar ein Zurückgehen auf 1,5 Milliarden, so wie es beim Produktionsstart des Werks 2013 vorgegeben war. Beide Seiten hatten vor der SGD-Entscheidung eigene Gutachten vorgelegt.

Vorwurf: wirtschaftliche Interessen von LIDL gehen vor

Ralf Friedmann, Verbandsdirektor des Wasserversorgers, kritisiert das neu vergebene Wasserrecht. Er habe den Eindruck, in diesem konkreten Fall hätten wirtschaftliche Interessen Vorrang: "Wenn unsere Versorgung Vorrang hätte, dann gäbe es eine Messstelle, wo man sagen kann, Achtung, da ist die Trinkwasserversorgung der Bürger in Gefahr. Und dann hat man entsprechende Konsequenzen zu ergreifen. Aber diese Messstelle gibt es nicht."

Wasserversorgung Germersheimer Südgruppe Jockgrim  Ralf Friedmann, Verbandsdirektor Germersheimer Südgruppe
1,6 Milliarden Liter Wasser - das ist noch immer zu viel für den benachbarten Getränkehersteller, sagt Ralf Friedmann vom Wasserversorger Germersheimer Südgruppe in der Südpalz.

Friedmann hatte sich nach eigenen Angaben für eine öffentliche, sehr regelmäßige Überwachung des Grundwassers stark gemacht - vergebens.

Experte: Wasser könnte verschmutzt werden

Grundwasserökologe Hans Jürgen Hahn von der RPTU Landau kann die Sorgen nachvollziehen. Hahn, der auch am ARD-Themenschwerpunkt zum Wasser im vergangenen Jahr als Experte mitgewirkt hat, sagt: "Auch die tiefen Grundwässer stehen in Kontakt mit dem flachen Grundwasser, sodass sich Entnahmen in der Tiefe irgendwann auch oberflächennah bemerkbar machen." Spätestens bei einer Druckumkehr, bei der es zum Abstrom von Oberflächenwasser in die Tiefe kommen kann, bestehe die Gefahr, dass das alte, tiefe Grundwasser kontaminiert und Oberflächenbiotope durch Austrocknung geschädigt werden.

Die SGD Süd weist darauf hin, dass MEG das Grundwasser in Wörth dauerhaft überwache. Behördenleiter Hannes Kopf sagt: "Das sind Messstellen, die fortlaufend messen. Die Berichterstattung erfolgt jährlich. Wenn es allerdings bemerkenswerte Ereignisse gibt, die eine Reaktion erfordern, dann bekommen wir es auch mit." Kopf geht davon aus, dass "bis Ende 2024 die Trinkwassergewinnung absolut sicher ist". Dann muss die Firma ein neues Wasserrecht beantragen.

Wasserbehörde: Messungen des Unternehmens sorgen für Sicherheit

Zu den eigenen Messungen äußert sich auch die Schwarz Produktion, zu der MEG gehört: durch sie sei "der Schutz der öffentlichen Trinkwasserversorgung von Seiten der MEG Wörth gegeben." Weiter heißt es in einer Antwort auf eine SWR-Anfrage: "Das natürliche Grundwasserdargebot der Region wird heute bei weitem nicht ausgeschöpft."

Wie es nun weitergeht? Auch nach 2024 wird MEG mit Sicherheit ein neues Wasserrecht beantragen. "Der Standort ist ausgewählt worden, weil es hier nur ein geringes Risiko gibt, dass die Grundwasserstände – auch in trockeneren Jahren – sinken", schreibt Schwarz Produktion. Die sehr positive Entwicklung wolle das Unternehmen langfristig fortführen.

 Mineralwasserflaschen liegen auf einer Arbeitsplatte
Mineralwasserflaschen liegen auf einer Arbeitsplatte

Kommt LIDL Wasser demnächst auch aus anderen Quellen der Südpfalz?

Und die SGD Süd bestätigt, dass es unternehmensintern Überlegungen gibt, noch weitere Grundwasserquellen anzuzapfen. Sollte es soweit kommen, dann würde der öffentliche Trinkwasserversorger aus dem Nachbarort noch kritischer auf die Arbeit des Unternehmens blicken.

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