Widerstand gegen Plan der Stadt

Bürgeriniative Rheingönheim protestiert gegen ein Neubaugebiet

Stand
Autor/in
Birgit Baltes
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Die Stadt Ludwigshafen plant auf Äckern und einer Weide für Pferde in Rheingönheim ein Neubaugebiet. Eine Bürgerinitiative wehrt sich und auch der Ortsbeirat ist dagegen.

Es erinnert an eine Dorfidylle. Am Wegesrand stehen Schrebergärten, eine kleine Weide mit Pferden und ein großer Acker mit einer Insel aus Bäumen und Sträuchern. Dort soll auf mindestens zehn Hektar ein Neubaugebiet geplant werden. So hat es der Stadtrat Ludwigshafen beschlossen.

Trotz dieser Entscheidung: Zunächst einmal geht es darum, einen Bebauungsplan für das Gebiet am Ortsrand vom Ludwigshafener Rheingönheim zu erstellen, erklärte der Baudezernent der Stadt, Alexander Thewalt, dem SWR.

Baudezernent: Stadt braucht Neubaugebiete

Thewalt schilderte, warum in Rheingönheim unbedingt ein Neubaugebiet entstehen soll. Die Stadt brauche laut Prognosen des Bundes bis 2035 weitere 2.000 Wohnungen. In Rheingönheim könnten 300 bis 400 Wohneinheiten entstehen.

Wie könnten diese aussehen? Das Gebiet sei für Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser geeignet. Doch noch stehe nichts fest: Denn was dort, wie gebaut werden soll, das solle ja jetzt erst geplant werden.

Vertreter der Bürgerinitiave Rheingönheim stehen auf einem Feldweg neben Kleingärten und Ackerfläche. Sie sind dagegen, dass hier ein Neubaugebiet entsteht.
Vertreter der Bürgerinitiave Rheingönheim stehen auf einem Feldweg neben Kleingärten und Ackerfläche. Sie sind dagegen, dass hier ein Neubaugebiet entsteht.

BI Rheingönheim: Keine Versiegelung in Überschwemmungsgebiet

Die Bürgerinitiative (BI) Rheingönheim hat nach eigenen Angaben etwa 1.000 Unterstützer und wendet sich gegen diese Pläne. Sie sagt: Das Gebiet "Im Kappes" muss als unversiegelte Fläche und Naherholungsgebiet erhalten bleiben. Denn: Ludwigshafen sei die bundesweit am meisten versiegelte Stadt. Laut BI-Sprecher Andreas Mattern gehen die Menschen in dem Gebiet regelmäßig spazieren, Kinder sind hier mit Pferden aus dem benachbarten Reitclub unterwegs und ein Biolandwirt nutzt die Ackerfläche. All das würde durch ein Neubaugebiet kaputt gemacht.

Konstanze Donner von der Bürgerinitiative Rheingönheim ist Städteplanerin
Konstanze Donner von der BI Rheingönheim ist beruflich Stadtplanerin und sagt: "Das Gebiet "Im Kappes" ist gänzlich ungeeignet für eine Bebauung."

BI-Mitglied Konstanze Donner kritisiert außerdem, dass es sich bei der Neubaufläche in Rheingönheim um ein gesetzlich geschütztes Überschwemmungsgebiet handelt. Deshalb sei das Bauen hier auch extrem teuer und aufwendig, sagt Donner, die ausgebildete Stadtplanerin ist. Dazu komme, dass sich hier eine wichtige Frischluftschneise für die Stadt befinde. Die helfe dabei, dass es in der hochversiegelten Stadt im Sommer nicht zu heiß werde.

Und sie führt ein weiteres Argument an: Entlang der Kleingärten, die in dem Gebiet liegen, verlaufe ein historischer Wassergraben als zusammenhängendes Biotop, das Rheingönheim mit dem Maudacher Bruch verbinde.

Deutsche Umwelthilfe: Gebiet ungeeignet gegen Wohnungsnot

Unterstützt wird die BI von der Deutschen Umwelthilfe: Diese hatte zuletzt einen offenen Brief an Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (parteilos) geschrieben und appelliert: "In einer so hoch versiegelten Stadt wie Ludwigshafen sind nahe gelegene unbebaute Flächen von größter Bedeutung, um als Klimafunktionsflächen frische und kühle Luft für das sommerlich überhitze Stadtgebiet zu produzieren und den Menschen ein wenig Grünraum zur Erholung zu ermöglichen."

Auch das Argument der Stadt, man müsse gegen Wohnungsknappheit vorgehen, ziehe hier nicht, so die Deutsche Umwelthilfe. Denn geplant seien ja vor allem Ein- und Zweifamilienhäuser. Damit könnten keine bezahlbaren Wohnungen geschaffen werden. So fordert die Umwelthilfe am Schluss: Statt letzte freie Flächen zu versiegeln solle die Stadt besser ihre Innenstadt und ihre Stadtteile entwickeln und dort noch existierende Brachflächen sowie leer stehende Häuser und Wohnungen nutzen.

Biolandwirt Sinn aus Rheingönheim verkauft Gemüse. Direkt nebenan betreibt der Reitclub Südwest einen Reitstall samt Koppel. Das Neubaugebiet bedroht ihre Existenz.
Bio-Landwirt Jonathan Sinn aus Rheingönheim. Er verkauft wenige Gehminuten entfernt frisches Bio-Gemüse, das er mit Pferdemist aus dem benachbarten Reitstall düngt.

Bio-Landwirt und Reitclub: Es geht um die Existenz

Bio-Landwirt Jonathan Sinn bewirtschaftet auf dem möglichen Neubaugebiet etwa zehn Hektar Ackerfläche. Außerdem hat er dort eine Pferdekoppel an den Reitclub Südwest verpachtet. Der Stall des Reitclubs und ein Verkaufstand mit Sinns Biogemüse liegen nur wenige Meter von dem Gebiet "Im Kappes" entfernt und sind fußläufig direkt erreichbar.

Für Sinn ist es ein perfekter Kreislauf. Er hat den Stall an den Reitclub verpachtet, in dem mehr als 40 Kinder im Voltigieren aktiv sind. Den Pferdemist nutzt er als Dünger für sein Bio-Gemüse. Und das verkauft er direkt vor Ort. Doch das Neubaugebiet würde all das unrentabel und zunichte machen, so Sinn.

Biolandwirt Sinn aus Rheingönheim verkauft Gemüse. Direkt nebenan betreibt der Reitclub Südwest einen Reitstall samt Koppel. Das Neubaugebiet bedroht ihre Existenz.
Bio-Landwirt Jonathan Sinn aus Rheingönheim bewirtschaftet die Ackerflächen im geplanten Neubaugebiet und sieht sich durch die Pläne in seiner Existenz bedroht. Auch der Reitclub Südwest ist betroffen, an den er Gelände verpachtet hat.

Baudezernent Thewalt: Ackerfläche biologisch nicht wertvoll

Der Ludwigshafener Baudezernent sieht das Thema anders. Der Stadtrat habe in seiner jüngsten Sitzung zugestimmt, dass die Verwaltung für das Gebiet "Im Kappes" einen Bebauungsplan erstellen soll und diesem Auftrag komme die Stadt jetzt nach. Noch stehe nichts fest. Vielmehr würden viele Kritikpunkte der BI ohnehin geprüft, etwa der Anteil der Grün- und Freiflächen. Vieles lasse sich da städtebaulich lösen, so Thewalt.

Zudem gebe es inzwischen sehr strenge Auflagen, die dazu zwingen, bei Starkregen neue Flächen für Versickerung zu schaffen. Außerdem handle es sich bei dem Gebiet fast ausschließlich um Ackerfläche, und die sei biologisch so gut wie tot, so Alexander Thewalt. Da könne ein neues Wohngebiet mit Gärten und vielen Bäume wertvoller sein.

Bürger demonstrieren gegen neues Baugebiet in Ludwigshafen-Rheingönheim
Vor der jüngsten Stadtratssitzung demonstrierten Vertreter der Bürgerinitiative Rheingönheim gegen das umstrittene Baugebiet "Im Kappes".

Entsteht in Rheingönheim Wohngebiet für Gutverdiener?

Obwohl der Bebauungsplan noch nicht auf dem Tisch liegt, wisse man schon, dass das Neubaugebiet eher ein Filetstückchen für Gutverdiener sein wird. Denn es liegt in der Nähe des Wildparks Rheingönheim und ist gut angebunden an die Bundesstraßen.

Hier werde es wohl keine Sozialwohnungen geben, so Baudezernent Thewalt. Diese gebe es in einem anderen Neubaugebiet in Ludwigshafen, nämlich in der Heinrich-Pesch-Siedlung . In anderen Gebieten würde die Quote von Sozialwohnungen sogar übertroffen, sagt der Stadtbauexperte.

Eine Sonnenblume aus Stroh. Die Bürgerinitiative Rheingönheim protestierte vor fünf Jahren erfolgreich gegen das Neubaubaugebiet.
Eine Sonnenblume aus Stroh. Die Bürgerinitiative Rheingönheim protestierte vor fünf Jahren erfolgreich gegen das Neubaubaugebiet "Im Kappes".

Pläne für Neubaugebiet in Rheingönheim nicht neu?

Andreas Mattern von der BI Rheingönheim erzählt, dass die Stadt Ludwigshafen im Jahr 2000 schon einmal versucht hatte, im Stadtteil Rheingönheim in dem Gebiet "Im Kappes" eine Neubausiedlung zu schaffen. Damals war ein Investor an die Stadt herangetreten. Der habe wohl gesehen, dass das Gebiet im Flächenutzungsplan der Stadt als Baugebiet vorgemerkt ist und wollte dort gerne bauen.

Die Stadt sei damals in Verhandlungen mit Grundstücksbesitzern getreten, ohne vorab mit dem Ortsbeirat zu reden, erinnert sich Andreas Mattern, der inzwischen als parteiloses Mitglied in eben jenem Beirat sitzt. Damals gab es im Stadtrat keine Mehrheit für die Pläne. Anders ist es aktuell: Die sechs Mitglieder im Ortsbeirat stimmten zwar geschlossen gegen das Neubauvorhaben, der Stadtrat war aber diesmal mehrheitlich dafür.

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