Nach der Messerattacke von Ludwigshafen-Oggersheim haben viele Menschen Geld für die Hinterbliebenen gespendet. Für heftige Kritik sorgt, dass die Ex-Partnerin des mutmaßlichen Angreifers auch mehr als 5.000 Euro bekam.
Die Fraktion Grünes Forum und Piraten in Ludwigshafen hatte beantragt, die Spenden nach dem Messerangriff im Oktober neu zu verteilen. Am Montag hat sich der Bauausschuss im Stadtrat Ludwigshafen mit dem Thema befasst - und sich auf ein neues Verfahren geeinigt: Alle Spender, die nicht damit einverstanden sind, dass ein Teil des Geldes an die Ex-Freundin des mutmaßlichen Täters ausbezahlt wird, können sich bei der Stadt melden.
Auf der Homepage der Stadt kann ein Formular abgerufen werden. Die Spender können damit der Verwaltung mitteilen, dass sie ihr Geld nur den Hinterbliebenen der beiden Getöteten sowie dem schwerverletzten Opfer und nicht der Ex-Partnerin spenden wollen. Dieses Viertel der Spende wird dann nach Angaben der Stadt auf die anderen Parteien umverteilt.
Steinruck: unerträgliche Diskussion
Die Stadt will nach eigenen Angaben so auch die Debatte um das Thema wieder versachlichen. "Die öffentliche und mediale Diskussion um die Verteilung der Spendengelder nach der unfassbar grausamen Bluttat von Oggersheim hat uns alle getroffen und bewegt." so Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD). Sie empfinde es als "unerträglich", dass die Diskussion die eigentliche Tat überschatte.
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Ein Spender will Geld zurück
Bislang liege der Stadt eine einzige Rückforderung vor: Jemand der 100 Euro gespendet habe, wolle ein Viertel davon zurück. Mehr als drei Viertel und damit mehr als 17.000 Euro der rund 22.000 Euro Spenden seien durch Institutionen und Persönlichkeiten aus der Stadtgesellschaft zustande gekommen, die sich nicht an der Diskussion beteiligt hätten.
Wegen Hassmails: Stadt schaltet Staatswanwaltschaft ein
Steinruck berichtet zudem von Drohungen und Hassmails, die bei der Stadtverwaltung eingegangen sind, "geprägt von Hass auf Politik, auf Verwaltung, Hass auf Frauen und Hass auf Geflüchtete". Einige habe die Stadt inzwischen der Staatsanwaltschaft übergeben.
Auch die Ex-Partnerin des Täters habe Hass und Hetze ertragen müssen und sei inzwischen aus der Stadt geflohen. Vor diesem Hintergrund verteidigt die Oberbürgermeisterin noch einmal den Entschluss der Stadt, auch die Frau als Opfer zu sehen. Steinruck räumt allerdings ein, das man das hätte besser kommunizieren können.
Hintergrund: Darum geht es bei der Diskussion
Die 22.500-Euro-Spende war Ende Januar zu gleichen Teilen an die zwei Familien der getöteten Männer, an den Mann, der die Attacke überlebte, sowie an die Ex-Lebensgefährtin des mutmaßlichen Täters ausgezahlt worden. Damit bekam die Ex-Freundin mehr als 5.000 Euro aus der Spendenkasse.
Dafür gab es massive Kritik aus der Lokalpolitik, aber auch von Spendern. Die Stadtratsfraktion "Bürger für Ludwigshafen" etwa kritisierte die Spendenaufteilung. Es sei ein "Skandal", der Ex-Partnerin des mutmaßlichen Täters genauso viel Geld zu geben, wie den Hinterbliebenen der Toten und dem Opfer, das in einem Drogeriemarkt lebensgefährlich verletzt wurde.
Wer ist für Spendenvergabe zuständig?
Der Bauausschuss ist in Ludwigshafen für die Verteilung von Spenden zuständig. Dies hatte die Stadt so festgelegt. Hintergrund dafür ist, dass Bürgerinnen und Bürger häufig der Stadt Bauwerke spenden, z. B. ein Kinderrutsche auf dem Spielplatz, Parkbänke oder gar ein Haus. Und die Mitglieder des Ausschusses hatten dem Vorschlag der Stadt, die 22.500 Euro auf vier Gruppen zu verteilen, in nicht-öffentlicher Sitzung zugestimmt.
Ein Sprecher der Linksfraktion hat sich unterdessen für seine Zustimmung entschuldigt. Bei der Marathonsitzung im Ausschuss sei er am Ende nicht mehr konzentriert gewesen und hätte daher den Vorschlag durchgewunken. Inzwischen halte er seine Entscheidung für falsch. Die Rolle der Ex-Partnerin des mutmaßlichen Täters sei unklar.
Stadtverwaltung: Auch Frau in schwierige Situation geraten
Unterdessen hat die Frau beim Frankenthaler Mordprozess per Videokonferenz ausgesagt. Sie berichtete Übergriffen des Angeklagten auch auf sie und von seinen psychischen Problemen. Sie hatte sich von dem Mann aus Somalia getrennt.
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Im Prozess um den tödlichen Messerangriff hat am Mittwoch die Ex-Partnerin des angeklagten Somaliers stundenlang über ihre Beziehung zu dem Mann ausgesagt. Sie schilderte psychische Probleme und Stalking.
Aus Sicht der Stadt Ludwigshafen war auch die Ex-Lebensgefährtin in eine "existenziell schwierige Situation" geraten und habe aus ihrer Wohnung im Stadtteil Oggersheim ausziehen müssen. Ihr wegen Mordes angeklagter Ex-Partner hatte einem Opfer den Arm abgetrennt und auf den Balkon der Frau geworfen.
Kritik auch von den Spendern
Einer der 190 Spender, nämlich Christoph Hinkel, der selber in Oggersheim lebt, räumt das auch durchaus ein:"Natürlich ist die Frau auch Opfer, keine Frage", sagte er dem SWR. Aber der Spendenaufruf der Stadt habe nun mal nur die "Hinterbliebenen der Opfer" genannt und von daher fühlt er sich nun getäuscht.
Anfang März habe er eine entsprechende Kritik-Mail an Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) geschickt. "Sachlich in der Form" wie Christoph Hinkel betont. Nur zwei Tage später habe ihn der Persönliche Referent der Oberbürgermeisterin angerufen. Der habe ihm sinngemäß am Telefon mitgeteilt, die Stadt habe einen Fehler bei der Spendenaufteilung gemacht und wolle das möglicherweise korrigieren.
Spender behält sich Klage vor
Ein Ausschussmitglied vom "Grünen Forum und Piraten" hat für die Sitzung am Montag im nicht-öffentlichen Teil beantragt, dass das Spendengeld für die Frau auf die anderen Empfänger verteilt wird. Spender Christoph Hinkel begrüßt das. Sollte aber der Ausschuss nicht in seinem Sinne entscheiden, überlegt er, gegen die bisherige Spendenaufteilung Klage einzureichen und vor das Neustadter Verwaltungsgericht zu ziehen.
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