Gericht spricht Urteil

Bewährungsstrafen wegen Gefangenenbefreiung in Ludwigshafen

Stand

Im Dezember ist in Ludwigshafen einem Häftling des Mannheimer Gefängnisses eine spektakuläre Flucht gelungen. Zwei Fluchthelfer bekamen nun Bewährungsstrafen.

Das Amtsgericht Ludwigshafen verurteilte am Dienstag den Bruder des Häftlings und eine angehende Justizwachtmeisterin zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Die beiden hatten am 14. Dezember 2023 einem Häftling der Justizvollzugsanstalt Mannheim zur Flucht verholfen. Der 25-jährige Häftling war nach einem Arzttermin vor dem Klinikum Ludwigshafen den Beamten, die ihn zu dem Termin begleitet hatten, entkommen.

Die beiden Angeklagten wurden unter anderem wegen Gefangenenbefreiung verurteilt. Als negativ für beide wertete das Gericht, dass ein Wachmann bei der Befreiungsaktion durch eine Schreckschusswaffe bedroht wurde und ein Schuss über seinem Kopf abgegeben wurde.

Plädoyers gehalten

Zum Prozessauftakt am Dienstag wurden mehrere Zeugen vernommen, danach standen bereits die Plädoyers an. Für den angeklagten Bruder forderte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten, die angehende Justizwachtmeisterin sollte 6.000 Euro Strafe zahlen.

Die Verteidigung plädierte hingegen für den Angeklagten auf zwei Jahre Haft mit Bewährung. Auch die junge Frau sollte demnach nur auf Bewährung verurteilt werden, die Verteidigung stellte allerdings keinen Antrag zur Höhe der Strafe. Die Staatsanwaltschaft Frankenthal hat nun entschieden, dass sie keine Revision beantragt.

Gefängnis-Mitarbeiterin: Häftling habe ihr schöne Augen gemacht

Die beiden Angeklagten gaben die Vorwürfe am Dienstag vor Gericht zu. Die 24-jährige Fluchthelferin war Auszubildende in dem Mannheimer Gefängnis. Am Dienstag sagte sie vor dem Amtsgericht Ludwigshafen, der Häftling habe ihr schöne Augen gemacht.

Die Anklage wirft der 24-Jährigen vor, dass sie dem Gefangenen außerdem ein Handy besorgte. Der Besitz von Handys ist während der Haft strengstens verboten. Sie sagte aus, dass der Gefangene ihr gesagt habe, dass er krank sei und das Handy für Gespräche mit seiner Familie brauche.

Die Frau soll schließlich einen Transporter besorgt haben, mit dem sie zusammen mit dem Häftling und dem anderen Komplizen aus Ludwigshafen flüchtete. Für den Transporter verschuldete sie sich laut Anklage. Die Frau sagte weiterhin aus, sie habe nach der Flucht mit dem Entflohenen eine Weile lang zusammengelebt. Er habe ihr auch bei einem Umzug von Ludwigshafen nach Mannheim geholfen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Häftling mit dem Handy seine Flucht organisierte. Der Gefängnis-Mitarbeiterin wird neben Gefangenenbefreiung auch Strafvereitelung im Amt vorgeworfen. Sie ist zurzeit vom Dienst suspendiert.

Prozess gegen Komplizen nach der spektkulären Flucht eines Sträflings in Ludwigshafen
Die Angeklagte (links) mit ihrem Verteidiger vor dem Amtsgericht Ludwigshafen

Bruder von Häftling soll auch bei der Flucht geholfen haben

Vor Gericht musste sich auch der 21-jährige Bruder des Häftlings verantworten. Er soll mit einem Roller auf seinen Bruder gewartet haben, als der Gefangene sich nach einem Besuch im Klinikum Ludwigshafen von seinen Bewachern losriss. Laut Anklage hatte er mit einer Schreckschusspistole in die Luft geschossen. Mit dem Roller waren beide Männer dann geflohen. Später soll er auch den gemieteten Transporter gefahren haben.

Vor dem Amtsgericht in Ludwigshafen schilderte er, wie er mit der Schreckschusspistole auf die Justizbeamten zielte. "Erst in der Haft ist mir bewusst geworden, dass ich damit Menschen psychisch und seelisch verletzt habe". Es tue ihm leid und er wolle sich bei den Betroffenen entschuldigen, sagte der junge Mann.

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Die beiden Bewacher sagten ebenfalls vor Gericht aus. Der eine sagte, er habe den Roller des Fluchthelfers nicht kommen sehen. Es sei eine Sache von Sekunden gewesen. Der Gefangene sei aufgestiegen und der Roller habe nach gut zehn Metern nochmal angehalten, damit sich der Geflohene richtig hinsetzen konnte. In dem Moment habe der Bruder sich umgedreht, erst mit der Waffe gedroht und dann in die Luft geschossen. "Ich dachte, ich sehe meine Familie nicht wieder, werde auf der Straße abgeknallt." Seither leide er unter einer posttraumatischen Störung.

Auch die angeklagte angehende Gefängnismitarbeiterin entschuldigte sich bei den Bewachern. Der angeklagte Bruder saß seit seiner Festnahme in Untersuchungshaft. Ihm wurde neben der Fluchthilfe auch unerlaubter Waffenbesitz und der Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.

Der entflohene Häftling war Ende Dezember in einem Hotel im baden-württembergischen Weinheim (Rhein-Neckar-Kreis) festgenommen worden.

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