Kleiner Ort, große Schlagzeilen: In Freisbach in der Südpfalz ist im vergangenen Jahr der Gemeinderat geschlossen zurückgetreten. Im Dezember folgte die Wiederwahl und nun müssen die Freisbacher wieder an die Wahlurne. Sind sie wahlmüde? Ein Spaziergang durch den Ort.
Ein Gemeindefest in der Ortsmitte von Freisbach (Kreis Germersheim): Bühne, Bierbuden und Bänke sind aufgebaut. Mittendrin: Ortsbürgermeister Jochen Ricklefs (parteilos).
Wahlmüde in Freisbach?
"Ich bin schon ein bisschen wahlmüde." sagt Ricklefs, der erneut für den Bürgermeisterposten kandidiert: "Aber nicht in dem Sinne, dass wir keine Lust mehr haben, wählen zu gehen. Der Wahlsonntag wird einfach sehr aufreibend, auf den Act hätte ich sechs Monate nach der letzen Wahl gerne verzichtet. Aber so funktioniert Demokratie: Wir wussten ja, worauf wir uns einlassen."
Viel mehr Interesse an Politik
Im August 2023 war der Gemeinderat in Freisbach geschlossen zurückgetreten, um gegen die Finanzpolitik des Landes zu demonstrieren. Das sei kein einfacher Schritt gewesen, sagt Ricklefs noch heute: "Das war eine Art demokratischer Notwehr." Aber es sei richtig gewesen: Die Gemeinde hat seit einigen Wochen wieder einen genehmigten Haushalt. Und: Die Freisbacher interessieren sich laut Ricklefs seither viel mehr für Politik im Allgemeinen und die Arbeit des Gemeinderates im Besonderen. "Unter unseren 1.200 Einwohnern haben wir jetzt gefühlt 600 Haushaltsfinanzexperten." sagt Ricklefs: "Die Leute lesen sich da richtig ein und verfolgen die Arbeit der Landesregierung und politische Debatten viel mehr als früher."
Ein Dorf geht wählen
Wenn man sich im Ort umhört, bestätigt sich der Eindruck des Bürgermeisters: Das Tohuwabohu des vergangenen Jahres scheint die Freisbacher nicht ermüdet, sondern eher noch angestachelt zu haben: "Das ist für uns alle ein anerkanntes Ziel, wählen zu gehen", sagt eine junge Frau. Viele betonen im Gespräch mit dem SWR, dass der Rücktritt im vergangenen Jahr ein gutes Statement gewesen sei: "Wir haben ja von Nord bis Süd Aufmerksamkeit gekriegt, in ganz Deutschland", sagt ein Mann: "Wahlmüde dürfen wir in Freisbach jetzt nicht werden!"
Demokratie heißt: den Mund aufmachen
Zum Schluss ein Besuch am Ortsrand bei Ilknur Dogan: Sie gehörte als Parteilose dem Gemeinderat an, der im vergangenen August geschlossen zurückgetreten ist. Zur Wiederwahl hatte sie sich erneut aufstellen lassen, um dann im Dezember, kurz vor der offiziellen Verpflichtung als Gemeinderätin, erneut hinzuschmeißen. Es habe sich einfach in der Zwischenzeit zu wenig getan, und sie sei "dieses Rumgeeier" einfach leid, sagte sie damals dem SWR.
Demokratie bedeutet für sie, den Mund aufzumachen, sagt sie heute: "Meine Mama hatte ein Sprichwort: Wer nicht schreit, kriegt keinen Schnuller. Demokratie ist Zukunft. Demokratie bedeutet, seine Meinung sagen zu dürfen. Meinen Kindern bringe ich das auch bei, dass sie sagen, was sie sie stört und was ihnen gefällt. Und so soll es im Dorf sein, so soll es in der Politik sein, so soll es überall sein."
Am Sonntag steht sie wieder auf dem Wahlzettel.
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