Vor sechs Wochen sind in Freisbach (Kreis Germersheim) Gemeinderat und Bürgermeister aus Protest zurückgetreten. Jetzt steht eine Liste für die Neuwahl. Die beschlossen die Dorfbewohner am Freitag gemeinsam.
Zu der Versammlung in der Sporthalle waren alle Wahlberechtigten des 1.100-Einwohner-Ortes eingeladen. Das Interesse - mit 67 Personen mäßig, aber im Vergleich zur letzten Veranstaltung dieser Art durchaus vorhanden.
Erstaunlich dabei: Aus dem alten Gemeinderat wollen 13 von 16 Mitgliedern wieder kandidieren, obwohl sie zuvor öffentlichkeitswirksam zurückgetreten sind. Mit der Aktion, die Anfang August bundesweit für Aufmerksamkeit gesorgt hatte, wollten die Freisbacher auf die schlechte Finanzlage des Dorfes aufmerksam machen: kein genehmigter Haushalt, kein Geld fürs Reparieren der Sporthalle, seit Jahren ein Wirtschaften im Minusbereich.
Rücktritt aus Protest gegen Landespolitik Freisbacher Bürgermeister erklärt Gründe für Rücktritt
In der Gemeinde Freisbach sind der Ortsbürgermeister Peter Gauweiler und der Gemeinderat aus Protest zurückgetreten. Nun erklärt Gauweiler seine Entscheidung.
Gauweiler: "Hoffen, dass das Land sich bewegt"
Doch ob die Kandidatinnen und Kandidaten ihre mögliche Wahl im November auch annehmen werden, bleibt fraglich. Ex-Bürgermeister Peter Gauweiler (parteilos) macht gleich zu Beginn der Versammlung deutlich, worauf es ihm ankommt: "Wenn wir keine Mittel bekommen, dann wird es keinen Weg geben, dass wir das Mandat annehmen." Und: "Wir hoffen, wir denken, wir glauben, dass das Land sich bewegt."
Auch andere an einer Kandidatur Interessierte machen ihren Zwiespalt deutlich. Engagement für den Ort - ja. Mandat annehmen ohne Änderung der Voraussetzungen - nein. Applaus von den Zuhörenden in Freisbach. Da ist man sich offenbar weitgehend einig.
Am Ende des Abends steht sie dann, die Liste mit 22 Namen. Für das Amt des Bürgermeisters gibt es vorerst zwei Kandidaten, darunter der ehemalige Erste Beigeordnete von Freisbach, Jochen Ricklefs (parteilos). Der zweite Kandidat heißt Andreas Ackermann (SPD) - er wohnt in Freisbach und ist Behindetenbeauftragter der übergeordneten VG Lingenfeld.
Bis 9. Oktober können sich Kandidierende noch für die Wahl anmelden. Am 26. November dann wird darüber abgestimmt, wer neuer Bürgermeister in Freisbach wird - und wer in den Gemeinderat einzieht. Vorausgesetzt, es folgt nicht der nächste Paukenschlag - aus Protest.
Interview: Protest gegen Finanzpolitik des Landes Rheinland-Pfalz Gemeinde- und Städtebund RLP: Rücktritt in Freisbach nachvollziehbar
In Freisbach treten Rat und Bürgermeister aus Protest zurück. Andere Gemeindespitzen sollten nicht folgen, sagt Aloysius Söhngen, Vorsitzender des Gemeinde- und Städtebundes RP, im SWR-Interview.
Freisbach: Keine Signalwirkung durch Rücktritt
Bisher hat der Protest-Rücktritt den Freisbachern und anderen überlasteten Gemeinden im Land nichts gebracht. Weder hat die Kommunalaufsicht den Haushalt des Dorfes genehmigt, noch hat das Land angekündigt, den Kommunen grundsätzlich mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Das - so sagen die Freisbacher und Verantwortliche anderer Orte - wäre aber dringend nötig.
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Regelmäßig Gespräche mit Behörden geplant
Ein erstes Gespräch zwischen der zuständigen Behörde ADD, der Kommunalaufsicht des Kreises Germersheim und der Verbandsgemeinde (VG) Lingenfeld, die gerade die Geschäfte von Freisbach verwaltet, hat stattgefunden. Die VG sagte danach, das Gespräch habe hoffentlich zu einem besseren Verständnis für die finanzielle Lage von Freisbach geführt. Einem Sprecher der ADD zufolge sei es ein konstruktiver Austausch gewesen. Weitere Gespräche dieser Art seien geplant.
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Innenminister Michael Ebling hat Kritik an der Finanzausstattung der Kommunen in Rheinland-Pfalz zurückgewiesen. Städte und Gemeinden bekämen mehr Geld als früher, sagte er im SWR.
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