Notbetreuung, verkürzte Öffnungszeiten - Alltag für eine Familie aus Wörrstadt. Dann muss der Tag um 7 Uhr umgeplant werden. Kann der Zusammenschluss von Kitas eine Lösung sein?
Eine Ampel im Eingangsbereich der Kita "Flusspiraten" in Wörrstadt (Landkreis Alzey-Worms) zeigt an, wie die aktuelle Personalsituation ist. Grün ist die Ampel eigentlich nie, im Moment ist sie dauerhaft auf Orange geschaltet. Ein ständiger Stressfaktor für die Familien.
"Wir müssen immer damit rechnen, dass es jederzeit in eine Notbetreuung gehen kann", erzählt Julia Schuhmacher, deren Sohn die Kita in Wörrstadt besucht. Das bedeutet, die Öffnungszeiten werden verkürzt oder die Kita nachmittags ganz geschlossen.
Julia Schuhmacher und ihr Mann arbeiten beide Vollzeit. Wenn mal wieder Notbetreuung ansteht, müssen sie in kürzester Zeit Lösungen finden. Im Video erklärt Julia Schuhmacher, was diese Situation für sie und ihre Familie bedeutet.
Jede zweite Woche Notbetreuung in Kita in RLP
In diesem Jahr gab es in der Kita jede zweite Woche Notbetreuung, erzählt Julia Schuhmacher. Morgens um 7:20 Uhr wird das über die App der Kita mitgeteilt. Dann müssen sie und ihr Mann in kürzester Zeit alles umplanen. "Und dass in einer Situation, die eh schon stressig ist, denn ein Morgen mit Kleinkind ist anstrengend."
Häufig muss sie ihren Sohn dann auf die Arbeit mitnehmen. Ihre Kollegen gehen gut damit um, sagt Julia Schuhmacher. Aber dennoch ist es ihr unangenehm.
Fachkräftemangel betrifft alle Kindertagesstätten in Rheinland-Pfalz
Die Kita in Wörrstadt ist kein Einzelfall. Überall im Land kämpfen Eltern mit den gleichen Problemen. In Zornheim (Landkreis Mainz-Bingen) hat der Elternausschuss einer Kita kürzlich einen Brandbrief an die Politik verfasst.
Den Einrichtungen fehlt es an Fachpersonal. Das zeigen auch Daten der Bertelsmann Stiftung, die das SWR Data Lab für Rheinland-Pfalz genauer ausgewertet hat. Der Personalschlüssel entspricht oft nicht den wissenschaftlichen Empfehlungen.
Ausbildung neuer Erzieher kostet Zeit
Das rheinland-pfälzische Bildungsministerium hat bereits 2022 eine Kampagne gestartet, um mehr Personal für Kitas zu gewinnen. Und auch die Kommunen, die Träger der Kitas, bemühen sich um mehr Beschäftigte. Doch alle Beteiligten benötigen wohl einen langen Atem. Denn es braucht Zeit, neue Erzieherinnen und Erzieher auszubilden.
Springer sollen Personalnot lindern
Kreative Lösungen sind gefragt. In der Verbandsgemeinde Sprendlingen-Gensingen (Landkreis Mainz-Bingen) haben drei Ortsgemeinden ihre Kitas jetzt an die VG-Verwaltung abgegeben. Statt der Ortsgemeinden selbst ist nun seit Jahresbeginn die Verbandsgemeinde Trägerin der Kitas.
Ein solcher Zusammenschluss kann mehrere Vorteile bringen, erklärt VG-Bürgermeister Manfred Scherer (SPD). Während in der Ortsgemeinde ein ehrenamtlicher Bürgermeister die Verantwortung für alles trägt, kann sich in der VG eine ganze Abteilung mit Fachpersonal darum kümmern. Und auch in Sachen Personal hilft ein Zusammenschluss, sagt Scherer. Die VG beschäftigt jetzt eine Springerkraft, die variabel eingesetzt werden kann und nicht an eine Kita gebunden ist.
Keine Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Julia Schuhmacher aus Wörrstadt kann nur hoffen, dass sich die Situation in ihrer Kindertagesstätte bald verbessert. Denn vielleicht möchten sie und ihr Mann noch ein zweites Kind bekommen. So wie sich die Lage momentan darstellt, müsste sie in ihrem Job als Referentin im öffentlichen Dienst dann kürzer treten, sagt sie. Das will sie eigentlich nicht. Denn sie mag ihren Job. "Stunden zu reduzieren bedeutet, dass ich weniger präsent bin. Ich möchte mich aber einbringen und an Projekten aktiv mitwirken."
Außerdem fürchtet Julia Schuhmacher die Auswirkungen, die jahrelange Teilzeitarbeit auf ihre Rentenansprüche hat. Wenn sich an der Personalsituation in den Kitas nichts ändere, könnte die Familie bei einem weiteren Kind insgesamt zehn Jahre von Notbetreuung betroffen sein, schätzt Julia Schuhmacher. Und das würde sie finanziell deutlich spüren.
Der Personalmangel in den Kindertagesstätten wird die Menschen in Rheinland-Pfalz auch in den kommenden Jahren weiter beschäftigen. Er gehört zu den großen Herausforderungen der Kommunalpolitik.
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