In vielen Gemeinden werden Photovoltaik- und Windkraftanlagen gebaut. Manche Bürger fordern mehr Beteiligung. Kusel zeigt, wie es gehen kann.
Timo Schneider steht auf einer Dachterrasse und lässt seinen Blick über die Dächer im Stadtkern von Kusel fliegen. "Es gibt sehr viele kommunale Orte: Flächen, an denen Photovoltaik genutzt werden könnte." Das sollte viel mehr passieren, sagt Schneider, Vorstand der Lebenshilfe in Kusel. Doch nicht nur das. Er meint: Bürger sollten davon auch selbst profitieren.
Photovoltaik-Boom in RLP - wer profitiert?
Der Markt für Photovoltaik (PV) boomt und in vielen Gemeinden in Rheinland-Pfalz werden derzeit neue Windräder geplant. Allein im vergangenen Jahr sind landesweit 965 Megawatt an Leistung aus PV und Wind hinzugekommen, gibt die Energieagentur RLP an. Eine Entwicklung, von der Kommunen finanziell profitieren, wie das Beispiel der Gemeinde Kriegsfeld im Donnersbergkreis zeigt. Eine geplante Freiflächen-Photovoltaik-Anlage und neue Windräder führen in Kriegsfeld dazu, dass die Gemeinde bald doppelt so viel Geld zur Verfügung haben dürfte.
Doch in erster Linie verdienen die Windkraft- und PV-Investoren an ihren neuen Anlagen. Doch Bürgerinnen und Bürger im Land wollen nicht, dass das so bleibt. Sie wollen am Windrad vor ihrer Tür - an den Gewinnen aus erneuerbaren Energien in ihrem Ort - mitverdienen. Statt zu warten, dass die eigene Kommune in diesem Bereich aktiv wird, gründen deshalb immer öfter Bürger ihre eigene Energiegenossenschaft oder ihren eigenen Energieverein.
Bürger fordern mehr Beteiligung an Energie-Projekten
So geschehen im Kaiserslauterer Ortsteil Dansenberg. Da hat sich 2023 der Verein "Energie Dansenberg" gegründet, um im Ort eine "klimaneutrale, nachhaltige Energiewirtschaft" zu erreichen. Oder in Imsweiler im Donnersbergkreis, wo 2019 Bürgerinnen und Bürger die Genossenschaft "Nord-Pfalz-Energie" gegründet haben. Sie wollen den "Fokus auf regionale Wertschöpfung legen und außerdem den Menschen aus der Region eine nachhaltige Investition in ihrer Heimat ermöglichen".
Das Windrad vor der Tür Wie Gemeinden in der Pfalz dank erneuerbarer Energien ihre Haushalte sanieren
Viele Kommunen in der Pfalz sind klamm. Manche kommen nur noch dank erneuerbarer Energien über die Runden. Windräder und Photovoltaik sollen Kriegsfeld doppelt so reich machen.
Doch gelingt es nur Bürgerinitiativen, die Menschen vor Ort an erneuerbaren Energie-Projekten zu beteiligen? Auch Kommunen können das möglich machen. Das zeigt das Beispiel der Verbandsgemeinde Kusel-Altenglan.
Hier gibt es schon seit 2008 die Gesellschaft für erneuerbare Energien GmbH (GEE) - damals wurde sie von der Verbandsgemeinde Kusel mitgegründet. Der Plan: öffentliche Flächen mit PV-Anlagen ausstatten. Seither hat die GEE 18 solcher Anlagen in Betrieb genommen und dafür 1,5 Millionen investiert, erklärt GEE-Geschäftsführer Friedrich Beck.
Photovoltaik-Anlage auf Dach der Lebenshilfe Kusel installiert
Was die PV-Anlagen vor Ort den Kuselern bringt: Dafür lohnt ein Blick über das Dach des neuen Lebenshilfe-Standorts im Stadtkern. Erst vor kurzem sind hier Menschen mit Behinderung in ihr neues Zuhause eingezogen. Das Flachdach über ihren Köpfen ist komplett mit Solar-Panelen bedeckt. Ohne, dass die Lebenshilfe oder der Hauseigentümer sich darum kümmern musste.
Lebenshilfe-Vorstand Timo Schneider freut das. Die PV-Anlage sei, so die Beteiligten, eine "Win-Win-Win"-Situation:
Der Hauseigentümer freue sich über die Pacht, die GEE über ein weiteres PV-Projekt im eigenen Portfolio und der Mieter, die Lebenshilfe, freue sich über nachhaltigen Strom vom eigenen Dach.
Kritik von Landwirten Kommunen in RLP wollen Freiflächen-Photovoltaik besser steuern
Viele Photovoltaik-Investoren fragen derzeit Gemeinden in RLP wegen Flächen an. Derweil spüren Landwirte in der Pfalz schon die Konsequenzen des Booms.
Die Anlage auf der Lebenshilfe-Wohnstätte hat eine Leistung von 98 Kilowatt. Damit lassen sich im Jahr im Schnitt 98.000 Kilowattstunden Strom produzieren, was rechnerisch 30 Haushalte abdeckt. Laut Friedrich Beck von der GEE wird so bis zu 50 Prozent des Strombedarfs der Lebenshilfe-Einrichtung gedeckt. Kostenpunkt: rund 160.000 Euro.
Menschen aus Kusel können bei Energie-Projekten einsteigen
Die Investitionskosten trägt die GEE. Schneider und die Lebenshilfe zahlen den Marktpreis für den Strom der PV-Anlage, sparen aber Netzentgelt und Steuern durch den lokal produzierten Strom. Wie viel das genau ist, könne man aktuell noch nicht abschätzen, so Beck von der GEE.
Die Lebenshilfe verstehe es laut Schneider als "gesellschaftlichen Auftrag", nachhaltig zu handeln. Eine PV-Anlage auf dem Dach zu haben, sei ein "kleiner Beitrag" dazu.
Künftig will die Gesellschaft weitergehen und die Bürger aus Kusel und Umgebung mehr einbeziehen. Ein Beispiel: Bürgerinnen und Bürger sollen bei neuen, großen Energieprojekten als Gesellschafter einsteigen können. Und so auch finanziell von den erneuerbaren Energieanlagen in ihrer Heimat profitieren können.
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