Im Kreistag in Altenkirchen wurde am Montag über die Zukunft der DRK-Standorte diskutiert. Für die Häuser gibt es insolvenzbedingt derzeit drei Möglichkeiten.
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) war am Montagnachmittag erneut bei einer Sitzung des Kreistags in Altenkirchen dabei. Hintergrund war die erneute Insolvenz der DRK-Trägergesellschaft Südwest. Davon sind unter anderem das Krankenhaus des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Kirchen sowie das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) und die Kinder- und Jugendpsychiatrie in Altenkirchen betroffen. Sie werden durch das DRK betrieben.
Hoch ist offen für Trägerschaft des Kreises
Minister Hoch sagte im Kreistag, er sei offen dafür, wenn der Kreis wieder Träger des Krankenhauses in Kirchen und der Einrichtungen in Altenkirchen werde. Er sagte aber auch, dass es vom Land kein Geld für die Betriebskosten der Häuser geben werde. Das sei eine gesetzlich festgelegte Pflichtaufgabe des Landkreises.
Aktuell gebe es drei Möglichkeiten: Entweder das DRK bleibt Träger der Standorte, es findet sich ein neuer Träger oder aber der Kreis Altenkirchen wird neuer Träger. Letzteres wäre die Variante der sogenannten Rekommunalisierung.
Ob es überhaupt so weit kommen wird, müsse man aber erstmal abwarten, so Hoch. Derzeit lägen alle Entscheidungen beim Insolvenzverwalter. Langfristig betrachtet ist Gesundheitsminister Hoch nach wie vor für ein neues, zentrales Krankenhaus im Westerwald. Das sei zukünftig die beste Lösung für die medizinische Versorgung in der Region.
Auch Einrichtungen in Neuwied und Hachenburg sind betroffen
Von der Insolvenz betroffen sind nach Angaben des Deutschen Roten Kreuzes auch die Kliniken in Hachenburg, Neuwied und Alzey. Die 2.500 Beschäftigten waren demnach persönlich in Mitarbeiterversammlungen durch den Aufsichtsrat und den vorläufigen Insolvenzverwalter über die finanzielle Lage informiert worden.
Insolvenzantrag wegen rückwirkender Forderungen für Betriebsrente
Im August dieses Jahres hatten die DRK-Krankenhäuser nach eigenen Angaben erfolgreich die Insolvenz in Eigenverwaltung abgeschlossen. Die Krankenhäuser sind demnach jetzt erneut zahlungsunfähig geworden, weil sie eine rückwirkende Forderung von einer der Zusatzversorgungskassen, der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK), für die Betriebsrente erhalten haben. Es handele sich dabei um einen dreistelligen Millionenbetrag, den die Krankenhäuser aktuell nicht aufbringen könnten.
Gehälter für 2.500 Beschäftigte durch Insolvenzgeld gesichert
Daher hat die DRK-Trägergesellschaft Süd-West einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Mainz gestellt. Die Gehälter und der Krankenhausbetrieb seien für die nächsten drei Monate gesichert. Mit dem Insolvenzgeld übernimmt die Arbeitsagentur laut DRK das volle Gehalt für die 2.500 Mitarbeitenden.
Gesundheitsminister Hoch zu Klinik-Insolvenzen Medizinische Versorgung hat "oberste Priorität"
Fünf DRK-Kliniken in Rheinland-Pfalz haben Insolvenz angemeldet. Im SWR-Interview erklärt Gesundheitsminister Hoch, wie nun die nächsten Schritte aussehen.
Darüber hinaus gebe das Verfahren den betroffenen Kliniken Zeit, weitere Sanierungsschritte einzuleiten. Im nächsten Schritt soll der Insolvenzverwalter einen Plan ausarbeiten, wie die Kliniken weiter betrieben werden können.
Mitarbeitende sind geschockt
Die Vorsitzende des Betriebsrats des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Altenkirchen, Sonja Klimek, sagte dem SWR: "Wir sind alle geplättet und hoffen, dass es dieses Mal anders läuft als beim letzten Mal." Während des vorangegangenen Insolvenzverfahrens war das Krankenhaus in Altenkirchen zum MVZ umgewandelt worden. Viele Angestellte mussten damals den Standort wechseln oder sich eine neue Arbeitsstelle suchen.
Landrat Enders aus Altenkirchen im engen Austausch mit Minister
Die erneute Zahlungsunfähigkeit der DRK-Trägergesellschaft Süd-West trifft den Kreis Altenkirchen besonders hart. Während der Westerwaldkreis und der Landkreis Neuwied auch noch über andere Krankenhäuser verfügen, gibt es dort nur die Klinik in Kirchen und das MVZ in Altenkirchen.
Peter Enders, Landrat des Kreises Altenkirchen (CDU), zeigte sich dementsprechend schockiert von der Nachricht. Die erneute Insolvenz treffe die Region, aber vor allem die Beschäftigten. Für den Kreis stellt sich nach seinen Angaben die Frage, wie die stationäre Versorgung mit Blick auf Kirchen und Krankenpflegeschule weitergeht und ob dort die Arbeitsplätze gesichert werden können.
Als Landrat stehe er derzeit auch mit dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) in Kontakt. "Es geht jetzt darum, die Versorgungsfragen im Kreis Altenkirchen vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen neu zu bewerten. Das werden wir in den nächsten Tagen auch in den Kreisgremien tun", sagte Enders bei Bekanntwerden der erneuten Insolvenz.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Erwin Rüddel zeigte sich verärgert über die erneut drohende Insolvenz. Das Land muss laut Rüddel seiner Verantwortung gerecht werden und die Krankenhäuser in Rheinland-Pfalz ausreichend finanzieren. "Der Westerwald und insbesondere der Landkreis Altenkirchen brauchen eine sichere und zuverlässige Krankenhausversorgung", kritisierte Rüddel.
Kliniken im Westerwald wurden umstrukturiert
Im Zuge des letzten Insolvenzantrags wurden vor allem bei den Kliniken im Westerwald teils größere Umstrukturierungen und Einsparmaßnahmen vorgenommen. In Hachenburg wurde zum Beispiel trotz großen Widerstands im Frühjahr die Geburtsstation dauerhaft geschlossen. Das Krankenhaus in Altenkirchen ist zu einem ambulanten medizinischen Zentrum umgestaltet worden.