Wein, Kaffeekännchen und Bustouristen. Der Tourismus im Ahrtal war vor der Flut "etwas angestaubt", sagen die Macher heute. Jetzt setzen viele auf neue Konzepte und jüngere Urlauber.
Mountainbiker Karsten Vogel ist in seinem Element - unterwegs auf einer anspruchsvollen Strecke im Wald von Bad Neuenahr-Ahrweiler: "Super, super abwechslungsreich, ist für jeden was dabei. Das wird auf jeden Fall ein Spot sein, wo wir öfter mal vielleicht ein längeres Wochenende verbringen werden", sagt der Sportler aus Eschweiler bei Aachen.
In dem Waldstück oberhalb der Ahr ist in den vergangen Monaten ein neuer Trailpark entstanden, mit unterschiedlich schweren Strecken, Steilkurven und anderen Herausforderungen. Davon soll es im Ahrtal schon bald mehr geben. Denn die Touristiker planen ein umfassendes Mountainbike-Streckennetz in der Region. Noch gibt es die Strecken aber nicht.
Erster Trailpark soll Tourismus im Ahrtal ankurbeln
Der AhrTrailPark in Bad Neuenahr-Ahrweiler geht auf das Engagement des Radsportvereins RSV Sturmvogel zurück. Dank der finanziellen Hilfe des Rotarier-Clubs sind hier vier Traumstrecken entstanden.
Die Nachfrage nach solchen Strecken sei groß, sagt Vereinsvorstand Mario Glasner: "Wir haben auch Freunde und Bekannte im Ruhrgebiet und auch in den Niederlanden, die halt wirklich mit den Füßen scharren, dass es hier ein Angebot gibt. Und ich weiß, dass etliche von den Leuten auch schon in der Vergangenheit ins Ahrtal kamen und die froh sind, dass wir jetzt so ein Signal raussenden."
Tourismus bekommt neues Konzept: Hohe Qualität und jüngere Gäste
An vielen Orten ist zu spüren: Das Ahrtal braucht nach der Flutkatastrophe neue Attraktionen, um wieder Touristen anzuziehen. Andreas Lambeck von der Ahrtal- und Bad Neuenahr-Ahrweiler Marketing GmbH ist überzeugt, dass die Macher in der Region auf dem richtigen Weg sind.
Lambeck sagt: "Gucken sie sich Ahrweiler an: Was waren denn damals hier für Souvenirläden, Postkartenläden und was ist jetzt: Es entstehen neue Boutiquen und Einkaufsshops der neusten Generation. Da sieht man, dass aus etwas Altem etwas Attraktives entstehen kann."
Das neue Tourismuskonzept setze auf hohe Qualität und spreche auch junge Aktivurlauber an, sagt Lambeck: "Vor der Flut ging es diesem Ahrtal sensationell gut. Wenn es einem gut geht, wird oft etwas nicht weiterentwickelt. Es war verstaubt und wir haben jetzt eine Chance aus dem Verstaubten unglaublich viele Leuchtturmprojekte zu gestalten."
Weniger Bustouristen, mehr Angebot
An so einem Projekt arbeitet auch Markus Bell. Sein Restaurant in der Altstadt von Ahrweiler - mit damals insgesamt 300 Sitzplätzen - wurde im Juli 2021 von den Wassermassen völlig zerstört. "Wir hatten grundsätzlich eine große Gastronomie mit 300 Sitzplätzen. Wir waren sehr bustouristen-lastig, gutbürgerliche Küche, aber letztendlich schon auf Massentourismus ausgerichtet."
Das sei vor der Flut das Konzept von vielen Gastronomen im Tal gewesen, sagt Bell. Man habe vor allem ein älteres Publikum angesprochen. Jetzt habe sich sein Konzept radikal gewandelt: Das Restaurant wurde deutlich verkleinert. Neu hinzugekommen sind Einzelhändler, die sich rund um die Gastronomie versammeln, wie auf einem Marktplatz - zum Beispiel eine Floristin, ein Laden für Deko-Artikel sowie eine Galerie für Künstler.
Gastronomen brauchen langen Atem nach Flut
Im November 2022 ist Bell mit seinem neuen Konzept gestartet. Es sei nicht immer einfach, sagt der Gastronom. Einige Stammkunden habe er erstmal von der neue Idee überzeugen müssen, andere seien gar nicht mehr gekommen. "Wir sind von einem Halbmarathon ausgegangen. Aber jetzt wird einem bewusst, es ist doch eher ein Marathon, aber den müssen wir alle gehen hier im Ahrtal."
Die touristische Infrastruktur und die Besucherzahlen haben im Ahrtal auch drei Jahre danach noch nicht das Level erreicht, das sie vor der Flut hatten. Neue Konzepte können dabei helfen. Die brauchen aber einen langen Atem, die Akzeptanz der Besucher und letztlich auch Mut.
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