Waschbären breiten sich immer weiter in der Westpfalz aus. Nicht nur im Wald, auch manche Menschen müssen ihren Alltag mit den kleinen Eroberern bestreiten. Kann das gelingen?
"Das war ein richtiges Massaker, 150 tote Erdkröten haben wir am Weiher in Hinterweidenthal gezählt", erzählt Ulf Hohmann vom Landesforsten RLP. Er leitet die Zentralstelle der Forstverwaltung, Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz in Trippstadt. Der Verhaltensforscher hat ausgiebig zum Sozialverhalten und zur Ausbreitung von Waschbären in Deutschland geforscht.
Im Frühjahr dieses Jahres haben die dort im Naturschutzgebiet lebenden Waschbären mit einigen Erdkröten kurzen Prozess gemacht, und zwar sehr effizient. Die Haut von Erdkröten sondert giftiges Sekret ab. Aus diesem Grund häuten die Tiere die Amphibien in Windeseile, erklärt Ulf Hohmann, geschickt mit ihren handartigen Pfoten, und fressen nur die Schenkel.
Tierschützer hat dieses ausgiebige Krötengelage natürlich alarmiert. Auch Ulf Hohmann sagt: "Das war ein echter Aderlass." Er rät jedoch zur Besonnenheit. "Noch ist nicht klar, wie viele Erdkröten in dem Weiher leben und ob der Waschbär damit der Population wirklich geschadet hat." Das gilt es zu beobachten, meint der Experte.
Der Waschbär darf in Rheinland-Pfalz bejagt werden
Im vergangenen Jahr sind in Deutschland mehr als 200.000 Waschbären erlegt worden. In Rheinland-Pfalz gibt es noch vergleichsweise wenig Waschbären, aber auch hier ist der hungrige Jäger auf dem Vormarsch: Laut Landesjagdverband waren es 2011 gerade einmal 94 Waschbären, die in Rheinland-Pfalz erlegt wurden. Im vergangenen Jahr wurden etwa 2.500 Tiere von Jägern geschossen. Zum Vergleich: In Hessen waren es 30.000 Tiere.
Jungtieren im Biosphärenreservat Pfälzerwald gesichtet
Dass der Waschbär hier noch nicht so stark vertreten ist, liege daran, dass der Kleinbär nur sehr langsam sein Revier erweitere. Bei Kassel dagegen seien die Tiere bereits vor gut 100 Jahren ausgesetzt worden. "In zehn bis zwanzig Jahren wird der Waschbär auch in der Westpfalz eine ähnliche Populationsdichte wie in Hessen erreichen", schätzt Verhaltensforscher Hohmann. Mittlerweile seien im Biosphärenreservat nämlich schon Fähen, also weibliche Waschbären, mit Jungtieren entdeckt worden.
Nur etwa 10 Prozent der Waschbärpopulation könnten von Jägern pro Jahr erlegt werden – die Tiere seien einfach viel zu schlau und flink. Damit breiten sie sich womöglich langsamer aus, doch ihr Siegeszug sei gewiss, ist sich Hohmann sicher.
Der Waschbär taucht in der Westpfalz jedoch nicht nur in den Wäldern auf. Als Allesfresser zieht es ihn auf der Suche nach Essbarem und Unterschlupf auch direkt zu den Menschen. Nicht nur Menschen auf dem Land, sondern auch Stadtbewohner, zum Beispiel aus Kaiserslautern, haben ihn schon gesichtet.
Wie man verhindert, dass der Waschbär das eigene Zuhause erobert
So niedlich die kleinen Fellknäule auch sind, im Haus beziehungsweise auf dem Dachboden will man die Tiere ganz bestimmt nicht haben, weiß der Experte. "Zum einen sind sie nachtaktiv und laut, außerdem stinkt ihr Urin und Kot beachtlich." Zudem können die Tiere, wie alle Wildtiere, Krankheiten übertragen. Aber, auch wenn die Tiere sehr schlau und exzellente Kletterer sind, sei man dem Waschbär nicht hilflos ausgeliefert.
"Die kleinen Moppel können bei weitem nicht so gut springen wie Marder." Deswegen empfiehlt Ulf Hohmann alle Fallrohre am Haus, die die Tiere gerne als Leiter benutzen, mit eine Manschette so abzudichten, dass die Waschbären nicht mehr darum greifen können. Außerdem sollte man sämtliche Äste, die sehr nahe am Haus hängen, kappen.
"Eine Falle aufzustellen und den Waschbären anschließend zu töten, bringt dagegen nichts", erklärt der Wissenschaftler. Zum einen ist es Laien, also Menschen ohne gültigem Jagdschein, nicht erlaubt, die Tiere zu fangen und zu töten. Zum anderen komme ein Waschbar selten allein. Die Tiere seien hochsozial. "Man kann das mit dem Fangen gerne jahrzehntelang machen, man wird keine Ruhe finden."