Streit mit ver.di

Kirche zieht Konsequenzen nach Streik von Kita-Erzieherinnen

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Daniel Novickij
Daniel Novickij
Verena Lörsch
Verena Lörsch

Die evangelische Kirche der Pfalz hat ihre Kita-Mitarbeiter im Vorfeld der Tarifstreiks über mögliche Konsequenzen informiert. Die Gewerkschaft ver.di spricht von Drohbriefen.

Und tatsächlich hat es für zwei Mitarbeiterinnen Konsequenzen, dass sie sich an den Streiks beteiligten. Die Evangelische Kirche der Pfalz fordert von zwei Erzieherinnen aus dem Raum Kaiserslautern im Krankheitsfall künftig ärztliche Atteste ab dem ersten Krankheitstag. Die beiden Frauen hatten Anfang März, aus Sicht der Kirche unberechtigt, an einem Kita-Streik der Gewerkschaft ver.di teilgenommen. Aber der Reihe nach:

Eine Erzieherin aus Kaiserslautern staunte nicht schlecht, als sie in ihrem Postfach eine E-Mail ihres Arbeitgebers, der Evangelischen Kirche der Pfalz, vorfand. Auch ihre Kolleginnen und Kollegen haben ein Schreiben aus der Chefetage erhalten. Sie alle arbeiten in einer kirchlichen Kindertagesstätte im Raum Kaiserslautern. Eigentlich hatten sie gemeinsam geplant, ihre Arbeit für zwei Tage niederzulegen und für mehr Gehalt zu demonstrieren. Wie viele andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes auch.

Evangelische Kirche der Pfalz verbietet Mitarbeitern zu streiken

Die Gewerkschaft Verdi fordert nämlich 10,5 Prozent mehr Lohn. Mindestens aber 500 Euro pro Monat mehr. Die Evangelische Kirche der Pfalz bezahlt ihre Mitarbeiter nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Somit waren auch die Mitarbeiter der kirchlichen Kita aufgerufen, am Protest teilzunehmen.

Die Evangelische Kirche versuchte aber mit einem Rundbrief an die Mitarbeiter dem Ganzen einen Riegel vorzuschieben. Laut Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Sabine Schunck habe es nicht zum ersten Mal solche Briefe gegeben. Die Kirche habe bereits früher regelmäßig solche Nachrichten an ihre Beschäftigten aus anderen Städten, wie zum Beispiel Zweibrücken, verschickt. Nun waren solche Briefe auch in Briefkästen im Raum Kaiserslautern gelandet. In dem Schreiben hieß es unter anderem: "Sollte gestreikt werden, ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen." Der Streik sei nämlich rechtswidrig, so die Auffassung der Evangelischen Kirche der Pfalz.

"Drohbrief" der evangelischen Kirche der Pfalz an die Mitarbeiter.
Diesen Brief hat die Evangelische Kirche der Pfalz an ihre Kita-Mitarbeiter in Kaiserslautern verschickt. Die Gewerkschaft Ver.di ist der Ansicht, dass es unrechtmäßig ist, den Mitarbeitern zu verbieten zu streiken.

Mitarbeiterin nach Streik von der Kirche zum Gespräch gebeten

Der Brief erzielte in Kaiserslautern wohl seine gewünschte Wirkung, zumindest zum Teil. Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der kirchlichen Kindertagesstätten verzichteten daraufhin auf den Streik und gingen, wie von der Kirche gewünscht, zur Arbeit.

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Allerdings ließen es sich zwei Erzieherinnen im Kreis Kaiserslautern nicht nehmen, für zwei Tage ihre Arbeit niederzulegen und für den anstehenden Streik in verschiedenen Kitas zu werben.

Eine der Erzieherinnen wurde daraufhin vom Arbeitgeber zu einem "persönlichen Gespräch" eingeladen, berichtete Verdi-Sprecherin Schunck. Bereits im Vorfeld des Gesprächs hatte die Gewerkschaft angekündigt, gegen die Kirche zu klagen, falls sie den Erzieherinnen mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wie etwa einer Abmahnung oder Kündigung drohe.

Streikende Beschäftigte würden keinen Lohn erhalten

Bettina Wilhelm, Rechts-Dezernentin der Evangelischen Kirche der Pfalz, betont im SWR-Interview, von "Kündigung und Abmahnung" sei nie die Rede gewesen. Unter arbeitsrechtlichen Konsequenzen sei zu verstehen, dass Mitarbeitende für Tage, an denen sie unentschuldigt fehlten, keinen Lohn erhielten.

"Wir als Kirche sagen nicht, dass die Leute nicht streiken dürfen. Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter sagt, sie oder er möchte an einem Unterstützungsstreik teilnehmen, dann dürfen sie das", so die Dezernentin. "Sie müssen dann nur dafür Urlaub oder Gleitzeittage nehmen – wie jeder andere Beschäftigte auch. Wenn sie das nicht tun und einfach fernbleiben, wird ihnen Lohn abgezogen."

Kirchenrätin räumt ein: Briefe waren missverständlich

Kirchenrätin Bettina Wilhelm unterstreicht: "Die kirchliche Kita ist aber kein Streikbetrieb, darf also nicht bestreikt werden." Das hänge mit dem Grundverständnis der Kirche zusammen: "Wir streiten nicht miteinander, sondern setzen uns zusammen und versuchen eine Lösung zu finden." Die Gewerkschaften hätten da eine andere Rechtsauffassung.

Die Kirche wende allerdings "eins zu eins" den kommunalen Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes an. "Wir selbst sind aber keine Tarifpartei, sondern übernehmen das, was andere aushandeln", so Bettina Wilhelm.

"Es war nie als Drohung gemeint."

Die Briefe, die die Kirche im Raum Kaiserslautern verteilt habe, seien missverständlich formuliert. Man habe mit dem Schreiben dem kirchlichen Personal die Rechten und Pflichten darlegen wollen, so die Rechts-Dezernentin. "Es war nie als Drohung gemeint."

Die Landeskirche habe aus der Aufregung gelernt

Bettina Wilhelm fügt an: "Wir lernen natürlich aus der ganzen Aufregung: Wir müssen das künftig anders formulieren. Für uns ist es überraschend, dass jemand bei 'arbeitsrechtlichen Konsequenzen' ausschließlich an Abmahnung und Kündigung denkt."

Das Bundesarbeitsgericht hatte 2012 festgestellt, dass die Kirche ihre Arbeitsverhältnisse selbst regeln darf. Demnach dürfe die Kirche Beschäftigten auch verbieten, kirchliche Betriebe zu bestreiken. "Das ist allen Seiten von Anfang an bekannt, auch den Beschäftigten in unserer Kirche", betont Eva Stern, Sprecherin der Protestantischen Landeskirche.

"Sie können hier keine rechtliche Rosinenpickerei machen."

Diese Haltung stört die Gewerkschaft gewaltig. "Sie können hier keine rechtliche Rosinenpickerei betreiben", sagt Silke Steetskamp von ver.di. Die Evangelische Kirche würde nur die Passagen aus dem Urteil nehmen, die ihnen gerade passten. Die Gesetze, die für den öffentlichen Dienst gelten, müssten aber auch für die Kirche gelten. Wenn die Kirche schon den Tarifvertrag übernehmen würden, dann auch komplett – mit Streikrecht. "Entweder alles oder nichts", sagt Steetskamp. Daher will Verdi nicht lockerlassen und auch in Zukunft für die Rechte seiner Mitglieder eintreten.

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