Hunsrück-Flughafen vor Verkauf

Ein russischer Oligarch auf dem Hahn - was das für den Flughafen bedeuten könnte

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Matthias Weber

Der russische Milliardär Viktor Charitonin will den insolventen Hunsrück-Flughafen Hahn kaufen. Ist das realistisch - und wenn ja: Was würde das für den Airport bedeuten?

Der finanziell angeschlagene Hunsrück-Flughafen Hahn steht möglicherweise vor einem Verkauf an den russischen Investor Viktor Charitonin und sein Unternehmen NR Holding. Das bestätigten der Aufsichtsratsvorsitzende der NR-Holding, Michael Lemler, und der Insolvenzveralter des insolventen Flughafens, Jan Markus Plathner, Anfang Februar.

Seitdem ist eine breite Debatte darüber im Gang, ob es vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine verantwortbar ist, dass ein russischer Oligarch in den Besitz des Flughafens kommt. Hier ein Überblick über den Stand der Dinge.

Wie die Situation beim Hahn-Verkauf ist
Wer Viktor Charitonin ist
Warum sich Charitonin für den Flughafen Hahn interessiert
Warum es Vorbehalte gegen Charitonin gibt
Wie stark das US-Militär den Flughafen Hahn nutzt
Gehört der Flughafen Hahn zur kritischen Infrastruktur?
Was die rheinland-pfälzische Landesregierung sagt
Was die hessische Landesregierung sagt
Könnten die Sanktionen gegen Russland mit Hilfe des Flughafens unterlaufen werden?
Das sagen die Beschäftigten des Hahn

Wie die Situation beim Hahn-Verkauf ist

An wen der insolvente Flughafen Hahn verkauft wird, ist derzeit noch in der Schwebe. Die Gläubigerversammlung sprach sich vor einer Woche vorerst gegen den möglichen russischen Investor aus. Das sei aber noch keine endgültige Entscheidung, sagte Insolvenzverwalter Plathner. Ein Vertrag sollte dem Bundeswirtschaftsministerium zur Prüfung vorgelegt werden. Insidern zufolge handelt es sich dabei um das höchste, von der NR Holding abgegebene, Gebot. Im Rennen sind laut Plathner auch noch die Mainzer Firmengruppe Richter sowie zwei weitere Interessenten.

Wer Viktor Charitonin ist

Viktor Charitonin ist ein russischer Milliardär. Sein Vermögen wird vom Magazin Forbes auf rund 1,4 Milliarden US-Dollar geschätzt. Damit belegte er Platz 66 auf der Liste der reichsten Russen. Ein Großteil seines Geldes soll er durch ein selbst gegründetes Pharmaunternehmen verdient haben.

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Der 50-jährige Russe steht auf keiner Sanktionsliste gegen russische Geschäftsleute, die nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs aufgesetzt wurden. Die USA hingegen führt ihn auf der sogenannten "Putin-Liste", einer Auflistung, die russische Regierungsmitglieder und Oligarchen beinhaltet.

Warum sich Charitonin für den Flughafen Hahn interessiert

Darüber gibt es bislang nur Spekulationen. Das größte Plus des Hunsrück-Flughafens ist wohl, dass er eine uneingeschränkte Betriebsgenehmigung und damit auch eine Nachtflugerlaubnis hat. Das ermöglicht mehr Flexibilität - für Charitonin allein oder auch für den Passagier- und Frachtflugverkehr.

Die Start- und Landebahn des Hahn ist fast vier Kilometer lang. Der Flughafen kann deshalb auch einer Antonov An-124 angeflogen werden - ein Transportflugzeug für Güter, aber auch für Streitkräfte.

Zudem verweisen "Tagesschau" und "Stern" darauf, dass der Russe Oldtimerfan sei. Deshalb auch sein Engagement am Nürburgring. Diesen könne er vom Hahn aus schnell mit dem Hubschrauber erreichen. Und das auch noch sehr diskret, denn Charitonin gilt als öffentlichkeitsscheu.

Die NR Holding von Charitonin prüft inzwischen offenbar auch, sich nur mit 25 Prozent am Flughafen zu beteiligen. "Damit läge der Anteil der NR Holding AG unter der Sperrminorität und sie hätte kein Vetorecht oder Einfluss auf die operative Geschäftsführung", heißt es vom Unternehmen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

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Dem Milliardär gehe es nur um ein finanzielles, nicht jedoch um ein strategisches Engagement. "Die übrigen gut 75 Prozent der Geschäftsanteile an der Käufergesellschaft sollen von Investoren in Deutschland gehalten werden - von welchen genau, wird noch geklärt", so die NR Holding.

Warum es Vorbehalte gegen Charitonin gibt

Charitonin ist Russe und ihm wird eine gewisse Nähe zu Wladimir Putin nachgesagt. Die frühere CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner sagte der "Rheinischen Post", durch den möglichen Einstieg eines russischen Oligarchen in einen deutschen Flughafen würden "massiv unsere sowie die Sicherheitsinteressen unserer Partner gefährdet". Der Hahn werde auch von den USA militärisch genutzt.

Auch der Militärexperte Joachim Krause vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel warnt vor einem Verkauf des Hahn an Charitonin. Er vermute hinter dem Kaufangebot strategische Interessen des russischen Staates, sagte Krause dem SWR. Die Gegend um den Hahn sei entscheidend für die Mobilität amerikanischer Truppen in Europa und für Waffenlieferungen in die Ukraine.

Wie stark das US-Militär den Flughafen Hahn nutzt

Der 1951 von der französischen Armee gebaute Flughafen im Hunsrück wurde von 1952 bis 1993 von den USA militärisch genutzt. Wie stark die US-Amerikaner ihre frühere Airbase derzeit noch nutzen, dazu will das rheinland-pfälzische Innenministerium nichts sagen. Das sei Sache des US-Militärs, teilt das Ministerium auf Anfrage der "Rhein-Zeitung" mit. Klöckner sagte im Bundestag, der Hahn werde von den USA "unter anderem auch für Waffen- und Munitionslieferungen für die Ukraine genutzt".

Genaue Zahlen dazu liefert die "Bürgerinitiative gegen den Nachtflughafen Hahn", die akribisch alle Flugbewegungen aufzeichnet. Nach ihren Angaben registrierte sie im Jahr 2022 insgesamt 740 Flüge durch die USA. "Davon standen circa 150 Flüge im Zusammenhang mit Waffen- und Munitionslieferungen des US-Militärs für die Ukraine." Dabei seien die Waffen und die Munition "zunächst per Flugzeug nach Rzeszow oder Poznan in Polen transportiert worden und von dort weiter per Bahn, Luft oder Straße in die Ukraine".

Gehört der Flughafen Hahn zur kritischen Infrastruktur?

Die Bundesregierung prüft derzeit, ob der Hahn zur sogenannten kritischen Infrastruktur Deutschlands gehört - dann könnte der Verkauf an einen ausländischen Interessenten untersagt werden. "Wir screenen das gerade", sagte Wirtschaftminister Robert Habeck (Grüne).

Dies werde immer getan, wenn es Sorge gebe, kritische Infrastruktur könnte potenziell berührt werden. Dann gebe es eine Investitionsprüfung. "So auch in diesem Fall. Aber das dauert jetzt ein paar Wochen." Im Detail könne er noch nicht darüber reden, so Habeck. "Es gibt keine Tendenz."

Was die rheinland-pfälzische Landesregierung sagt

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich skeptisch gezeigt, was eine mögliche Übernahme des Flughafens Hahn durch einen russischen Investor betrifft. Das Innenministerium teilte dem SWR mit, einem möglichen staatlichen russischen Einfluss auf Infrastrukturen von besonderer Bedeutung stehe die Landesregierung grundsätzlich kritisch gegenüber. Es sei deshalb zentral, dass der Bund etwaige Fälle prüfe.

Was die hessische Landesregierung sagt

Die hessische Landesregierung, die einen Minderheitsanteil am Hunsrück-Flughafen hält (17,5 Prozent), kritisierte die Möglichkeit eines Verkaufs an Chariturin scharf. "So jemand darf kein Objekt in Deutschland kaufen", sagte Landesfinanzminister Michael Boddenberg (CDU) am vergangenen Dienstag. "Im Moment sollte und kann man keine Geschäfte mit russischen Oligarchen machen." Er habe den Kanzleramtschef und den Bundeswirtschaftsminister gebeten, "alle möglichen Wege zu prüfen, wie man diesen Verkauf verhindern kann".

Könnten die Sanktionen gegen Russland mit Hilfe des Flughafens unterlaufen werden?

Auf den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben die EU-Mitgliedsstaaten mit Sanktionspaketen gegen Russland reagiert. Dazu gehört, dass der EU-Luftraum für alle in russischem Besitz befindlichen, in Russland registrierten oder von Russland kontrollierten Flugzeuge geschlossen wurde.

Diese Sanktionen würden auch dann weiter gelten, wenn ein Russe Eigentümer des Flughafens Hahn wäre, sagte der Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, David Sirakov, der "Rhein-Zeitung".

Allerdings könnten mögliche neue Russland-Sanktionen den Flugbetrieb am Hahn gefährden, wenn dieser im Besitz eines russischen Investors ist, betonte der Fraktionschef der Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag, Joachim Streit, gegenüber dem SWR. Solche Sanktionen würden wie ein Damoklesschwert über dem Flughafen schweben.

Das sagen die Beschäftigten des Hahn

Mit dem Ausgang der Gläubigerversammlung zeigte sich der Betriebsrat am Hahn unzufrieden. "Man darf nicht vergessen, die Belegschaft ist die Hängepartie seit Jahren gewohnt. Aber es wäre schön, wenn bald Nägel mit Köpfen gemacht werden", sagte der Anwalt des Betriebsrats, Georg Wohlleben.

Die mehr als 400 Mitarbeitenden stünden jedem künftigen Besitzer des Flughafens neutral gegenüber. Für sie stehe im Vordergrund, dass es irgendjemandem endlich gelinge, den Flughafen profitabel zu führen, sagt Wohlleben. Die Belegschaft erwarte lediglich, dass sie übernommen werde.

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