Mitte Januar wird die elektronische Patientenakte für alle eingeführt. Sie soll die Behandlung im Krankheits- oder Notfall entscheidend verbessern. Was hat es mit der ePA genau auf sich?
Das Bundesgesundheitsministerium leistet derzeit Aufklärungsarbeit und hat ein Info-Mobil zur elektronischen Patientenakte (ePA) auf Tour geschickt. Das machte dieser Tage auch in Mainz Station.
Am ersten Tag hielt sich das Interesse am Infostand in Grenzen. Dabei handelt es sich bei der ePA doch um eine wesentliche Neuerung in der Gesundheitsversorgung. Sie speichert sensible Patientendaten wie Blutwerte oder den Medikationsplan. Verbraucherzentralen und Arztpraxen sehen darin auch eine Gefahr. Die Akte könnte anfällig für einen Cyberangriff sein. Das Bundesgesundheitsministerium beruhigt: Die Patientendaten würden sicher auf deutschen Servern gespeichert.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die benötigte App. Nur über diese haben Patienten selbst auch Zugriff auf ihre Dokumente, eine Herausforderung vor allem für ältere Menschen. Viele Fragen zur ePA sind vor ihrem Start am 15. Januar also offen.
- Was genau ist die elektronische Patientenakte?
- Was soll die ePA verbessern?
- Wie funktioniert das mit der App zur ePA?
- Kann ich widersprechen, wenn ich keine ePA will?
- Wer bestimmt, was gespeichert wird?
- Wie funktioniert der Zugang zur Patientenakte technisch?
- Was ist mit Menschen, die die App nicht bedienen können oder wollen?
- Können meine Daten von Pharmafirmen verwendet werden?
- Wie sicher sind meine Daten?
- Seit wann wurde die ePA geplant? Wie läuft die Einführung?
Was genau ist die elektronische Patientenakte?
Die elektronische Patientenakte (ePA) soll die bisher in Praxen und Krankenhäusern abgelegten Patientendaten digital zusammentragen und die Zettelwirtschaft beenden. Laborwerte, Röntgenbilder, Arztbriefe, Befunde und Medikationspläne, aber auch der Impfausweis, der Mutterpass, das Untersuchungsheft für Kinder und das Zahnbonusheft können dann elektronisch archiviert und schnell abgerufen werden. Die ePA ist ein digitaler Aktenordner für Gesundheitsdaten. Sowohl Arztpraxen als auch Versicherte können darin Dokumente ablegen.
Was soll die ePA verbessern?
Ziel ist es, wichtige Informationen zur Gesundheit des Patienten ein Leben lang digital zu speichern, damit sich Ärztinnen und Ärzte schnell einen Überblick über die Krankengeschichte verschaffen können. Auch bei neuen Patienten können Mediziner sofort sehen, was bisher gemacht wurde. Bei der Verschreibung von Medikamenten können sie zudem erkennen, ob unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln drohen. Zudem können unnötige Doppeluntersuchungen vermieden werden. Mit der ePa soll das Gesundheitswesen effektiver, schneller, unbürokratischer und damit auch kostengünstiger werden. Der Austausch von Dokumenten zwischen Arztpraxen, Kliniken und Apotheken wird erleichtert.
Wie funktioniert das mit der App zur ePA?
Die jeweilige Krankenkasse stellt ihren Mitgliedern eine App für die Patientenakte zur Verfügung. Die Patienten haben nur über die von ihnen heruntergeladene App Zugriff auf ihre Dokumente. Es gibt auch eine App-Version für den PC oder Laptop. Mit der App kann man Dokumente hochladen, anzeigen, verbergen und löschen. Ebenso können die Besitzer Zugriffsberechtigungen und Zugriffsdauer von Ärzten und Apothekern festlegen. Es ist auch möglich, einer Stellvertreterin oder einem Stellvertreter (etwa nahen Angehörigen) den Zugriff auf die ePA zu erlauben. Bei einem Wechsel der Krankenkasse erfolgt die Übernahme der Daten automatisch.
Kann ich widersprechen, wenn ich keine ePA will?
Ja. Über die Möglichkeiten des Widerspruchs sollen die Krankenkassen ihre Versicherten informieren. Dabei sollen die Kassen "einfache und barrierefreie Verfahren" anbieten, durch die widersprochen werden kann. Bisher mussten Patienten ausdrücklich zustimmen (Opt-in-Verfahren), wenn sie eine ePA haben wollten. Künftig gilt die sogenannte Widerspruchslösung (Opt-out): Jeder, der nicht ausdrücklich Nein sagt, ist automatisch mit dabei. Versicherte können innerhalb von sechs Wochen, nachdem die Krankenkasse sie über die bevorstehende Einrichtung der ePA informiert hat, Widerspruch einlegen. Ein Widerspruch ist auch während der Nutzung der ePA möglich und führt dann zu deren Löschung.
Alle gesetzlich Versicherten haben einen Anspruch auf eine ePA. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche. Einen möglichen Widerspruch erklärt in diesem Fall der gesetzliche Vertreter, also in der Regel die Eltern. Ab Vollendung des 15. Lebensjahrs können Jugendliche ihre Widerspruchsrechte auch selbst ausüben.
Wer bestimmt, was gespeichert wird?
Die Daten gehören den Patienten. Sie können deshalb auch bestimmen, ob und welche Informationen in der ePA gespeichert werden und auch, welche wieder gelöscht werden sollen. Patienten können auch entscheiden, dass der Arzt in die Patientenakte nur hineinschreibt, aber nicht sieht, was dort schon enthalten ist. Sie können auch vorgeben, ob sie die Daten entweder nur für die aktuelle Behandlung oder für einen längeren Zeitraum (zum Beispiel in der Hausarztpraxis) freigeben.
Patientinnen und Patienten sollen auch bestimmen, ob aus ihrer Sicht vielleicht problematische Informationen wie psychische Erkrankungen oder ein Schwangerschaftsabbruch in der ePA stehen dürfen. Deshalb können sie verschiedene Vertraulichkeitsstufen einstellen.
Wie funktioniert der Zugang zur Patientenakte technisch?
Versicherte müssen sich bei erstmaliger Anmeldung in der ePA-App ihrer Krankenkasse entweder mit ihrem elektronischen Personalausweis und PIN oder ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und der dazugehörigen PIN authentifizieren. Alternativ wird die Erstauthentifizierung auch in der Apotheke möglich sein. Für nachfolgende Logins können Versicherte aktiv entscheiden, welche Identifizierung sie nutzen (z. B. Gesichtserkennung). Ärztinnen und Ärzte benötigen für den Zugriff ihren Heilberufsausweis und ebenfalls eine PIN.
Was ist mit Menschen, die keine Apps bedienen können oder wollen?
Sie könnten dennoch von den Vorteilen der elektronischen Patientenakte profitieren, auch wenn sie nicht selbst von überall auf die Daten per App zugreifen können. Denn beim Arzt wären sie abrufbar. Zudem kann die E-Akte auch über einen PC genutzt, in ausgewählten Apotheken eingesehen oder von Berechtigten - zum Beispiel einem Familienmitglied - geführt werden.
Können meine Daten von Pharmafirmen verwendet werden?
Ja. Ein Ziel der Reform ist es, der Pharmaforschung in Deutschland durch die umfassende Bereitstellung von Patientendaten einen Schub zu geben. Auch für die Verbesserung der Versorgung und statistische Zwecke dürfen sie verwendet werden. Allerdings werden die Daten dabei mit Pseudonymen versehen, können den Patienten also nicht mehr direkt zugeordnet werden. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versichert, es sei "kein Missbrauch möglich". Wenn man seine Daten nicht bereitstellen will, kann man in der ePA-App auch widersprechen.
Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim sieht Fortschritte bei den Regelungen zur Nutzung von Gesundheitsdaten etwa für klinische Studien in Deutschland, bemängelt aber eine schleppende Umsetzung eines neuen Gesetzes. Das im März dieses Jahres in Kraft getretene Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten sei wichtig und richtig, sagte Deutschlandchef Fridtjof Traulsen in Biberach. Noch gebe es aber keinen Zugang zu den Daten. Erste Anträge für eine Nutzung seien voraussichtlich erst ab Frühjahr 2025 möglich.
Wie sicher sind die Daten?
Der Zugriff auf die ePA erfolgt über die Telematikinfrastruktur, eine Datenautobahn des Gesundheitswesens, die in sich geschlossen und sicher sein soll. Niemand außer der oder dem Versicherten und denjenigen, die von diesen zum Zugriff berechtigt wurden, können die Inhalte lesen, auch die Krankenkassen nicht. Sie sollen weiterhin nur Zugriff auf die Abrechnungsdaten haben. Datenschützer verweisen jedoch auf mögliche Hacker-Angriffe.
Seit wann wurde die ePa geplant? Wie läuft die Einführung?
An der ePA wird schon seit rund 20 Jahren gearbeitet. Jetzt wird sie flächendeckend für die mehr als 73 Millionen gesetzlich Versicherten eingeführt. Jahrelang gab es Streit und viel Widerstand bei Ärzten und Datenschützern. Auch technisch war die ePA eine Herausforderung.
Seit dem 1. Januar 2021 bieten die Krankenkassen ihren Versicherten bereits eine App zum Download an, mit der sie Zugang zur ePA bekommen. Bisher wird sie jedoch sehr wenig genutzt. Ab Januar sollen alle Versicherten automatisch eine E-Akte bekommen - im ersten Monat in ausgewählten Modellregionen und ab Mitte Februar dann bundesweit. Auch private Krankenversicherungen können eine ePA anbieten. Es gilt dann ebenso das Opt-out-Verfahren.
Lauterbach will E-Patientenakte zum Standard machen
Das Gesundheitswesen in Deutschland soll moderner und digitaler werden. Deshalb will Gesundheitsminister Lauterbach, dass jeder Mensch in Deutschland eine elektronische Krankenakte bekommt, außer man
widerspricht ausdrücklich. Im Moment ist es andersrum.
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