In Rheinland-Pfalz gibt es Ärger um die Cannabis-Kontrollen. Die Landesregierung überträgt die Aufgabe den Kommunen. Diese verlangen Unterstützung, sonst seien die Regeln nicht kontrollierbar.
Auch in Rheinland-Pfalz darf seit dem 1. April legal gekifft werden. Neben dem Konsum ist für Erwachsene auch der Besitz von Cannabis in gewissen Grenzen erlaubt. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat nun in einer Verordnung festgelegt, dass die Kommunen die Kontrollen übernehmen müssen. Sie wurde am 18. Juni verabschiedet.
Die Kommunen müssen also überwachen, ob die Regeln für den Umgang mit Cannabis eingehalten werden. Dazu gehört beispielsweise, dass Konsumenten nicht mehr als 25 Gramm Cannabis bei sich haben dürfen und dass in und in unmittelbarer Nähe von Kitas, Schulen und Sportstätten nicht gekifft werden darf.
Verbände: Cannabis-Kontrollen belasten Ordnungsämter zusätzlich
Die Kommunen sind alles andere als erfreut über die zusätzliche Arbeit, die nun auf sie zukommt. Vom Gemeinde- und Städtebund (GStB) Rheinland-Pfalz heißt es: "Es ist für uns nicht nachvollziehbar, warum die Kommunen nun auch noch diese Aufgabe übernehmen sollen." Auch der Städtetag Rheinland-Pfalz erklärte auf SWR-Anfrage, dass die Ordnungsämter schon seit Jahren stark belastet und die Personaldecken dünn seien.
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"Die komplexen Cannabis-Regelungen sind nicht kontrollierbar "
Lisa Diener, die geschäftsführende Direktorin des Städtetags, spricht von großen Herausforderungen für die Städte, "da die komplexen Regelungen aus unserer Sicht nicht praktikabel und damit nicht kontrollierbar sind". Als "Bürokratiemonster" bezeichnet GStB-Geschäftsführer Moritz Petry das Cannabisgesetz. Dies spiegele sich auch in der Landesverordnung wider. Auch Petry ist der Ansicht, dass viele Einzelheiten der Cannabis-Regeln "im Zweifel gar nicht kontrollierbar" sind.
Diener kritisiert, dass das Cannabisgesetz "für alle Betroffenen zu schnell und unvorbereitet beschlossen worden" sei. Es wäre besser gewesen, wenn die Frage der Umsetzbarkeit des Gesetzes sowie der Zuständigkeiten im Vorfeld geklärt worden wären.
Waagen für Cannabis-Kontrollen fehlen
Nach Angaben der Verbände muss das Personal der Ordnungsämter für die Cannabis-Kontrollen geschult werden. Zudem müssten ausreichend Waagen angeschafft werden, um überhaupt kontrollieren zu können, ob Konsumenten die erlaubten Cannabis-Mengen einhalten. "Zur Zeit fehlt es schon an geeigneten Waagen, die Vollzugsbedienstete mitführen sollen. Denn wenn es um die Ahndung von Verstößen geht, muss alles auch entsprechend gerichtsfest sein", so Petry.
Schwer zu kontrollieren sein dürfte auch beispielsweise, ob Eltern oder andere Erwachsene in Gegenwart ihrer oder anderer Kinder kiffen, was verboten ist, oder ob Cannabis-Konsumenten beim Rauchen den vorgeschriebenen Abstand zu Schulen und Kitas einhalten - konkret geht es um 100 Meter Luftlinie. Auch die Anbauvereine müssen von den Behörden daraufhin überprüft werden, ob sie die Vorgaben einhalten, wer dort Mitglied sein und Cannabis bekommen darf.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz teilte auf SWR-Anfrage mit, sie teile die Ansicht der Kommunalverbände, dass die Cannabis-Regelungen schwer zu kontrollieren seien. Die GdP unterstütze, dass die Kontrollen von den kommunalen Ordnungsdiensten übernommen werden sollen, weil der Polizei dafür das Personal fehle.
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Städte und Gemeinden rechnen mit hohen Zusatzkosten
Die Kommunen gehen im Gegensatz zur Landesregierung davon aus, dass ihnen durch die Cannabis-Kontrollen deutlich mehr Aufwand und mehr Kosten entstehen werden. "Umfragen haben ergeben, dass zum Beispiel eine Stadt wie Ludwigshafen mit jährlichen Zusatzkosten von über 180.000 Euro rechnet", berichtet Petry. Auch bei den Verbandsgemeinden sei von einem deutlichen Mehraufwand auszugehen.
"So rechnet die Verbandsgemeinde Schweich mit einem jährlichen Mehraufwand von mindestens 50.000 Euro an Personal- und Sachkosten", so Petry. Von daher sei es für Städtetag, Gemeinde- und Städtebund sowie Landkreistag unverständlich, warum keine Kostenfolgenabschätzung durchgeführt wurde.
Städtetags-Geschäftsführerin Diener stellte klar: "Wir erwarten vom Land, dass die entstehenden Mehrkosten vollständig erstattet werden und eine Evaluation vorgenommen wird."
Kommunen erwägen, Cannabis-Konsum auf Festen zu verbieten
Derzeit beschäftigten sich viele Städte auch angesichts zahlreicher zu dieser Jahreszeit anstehender Feste mit der Frage, ob der Cannabis-Konsum dort mit städtischen Allgemeinverfügungen verboten werden könne. Hierzu gebe es unterschiedliche Auffassungen, das Land sei um eine Klärung der Frage gebeten worden, eine Antwort stehe noch aus.
Anbauvereinigungen werden vom Land kontrolliert
Erlaubt sind im Zuge des Bundesgesetzes ab Juli außerdem sogenannte Cannabis-Anbauvereinigungen. Für deren Kontrolle sowie für die Erteilung der dafür nötigen Genehmigungen wird in Rheinland-Pfalz wie erwartet das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung (LSVJ) zuständig sein. Auch das für diese Vereinigungen geltende Werbe- und Sponsoringverbot soll vom Landesamt überwacht werden. Wie angekündigt macht Rheinland-Pfalz darüber hinaus von der vom Bund eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, die Zahl dieser Vereinigungen auf eine je 6.000 Einwohner pro kreisfreier Stadt oder Landkreis zu beschränken.
Ministerium sieht keinen Mehraufwand für Ordnungsämter
Aus Sicht des Sozialministeriums kommt auf die Ordnungsämter durch die Kontrollaufgaben kaum mehr Arbeit zu als bisher. Den örtlichen Ordnungsbehörden entstehe "ein geringer, nicht explizit berechenbarer Mehraufwand", heißt es vom Ministerium.
Deshalb sollen die Kommunen für die Cannabis-Kontrollen auch keine finanzielle Unterstützung vom Land bekommen. Denn diese seien schon jetzt für die Verfolgung und Ahndung von Individualverstößen nach dem Cannabisgesetz zuständig. Mit der Landesverordnung erhielten die Kommunen "zusätzliche Klarheit über die Zuständigkeiten".
Freie Wähler sehen Land bei Kosten in der Pflicht
Widerspruch kommt dazu auch von den Freien Wähler im rheinland-pfälzischen Landtag. Die Fraktion kritisiert die Entscheidung der Landesregierung, "die Umsetzung der Cannabis-Legalisierung auf die ohnehin finanziell überlasteten Kommunen abzuwälzen". Damit werde erneut Vertrauen verspielt. Das Land stehe in der Pflicht, diese Mehrkosten auszugleichen, so Stephan Wefelscheid, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion. Denn der Grundsatz laute: "Wer bestellt, der bezahlt!"