In der kalten Jahreszeit muss die Politik möglicherweise entscheiden, wer Energie bekommt und wer nicht. Das erinnert Martin Rupps an die Triage, die ärztliche Entscheidungsnot während der Corona-Pandemie.
Die Tage werden kürzer. Eine Freundin joggt morgens schon wieder im Dunkeln. Nur noch wenige Wochen, dann beginnt - schreckliches Wort - die Heizperiode. Sie könnte diesmal wegen gedrosselter Gaslieferungen unruhig verlaufen oder sogar dramatisch, wenn die Lieferungen aus Russland ganz ausbleiben. Dann steht die Politik vor einer Situation, die mich an die Corona-Pandemie erinnert.
![Wie weit kann man im kommenden Winter die Heizung noch aufdrehen (Foto: dpa Bildfunk, Hauke-Christian Dittrich) Wie weit kann man im kommenden Winter die Heizung noch aufdrehen](/swraktuell/1712922177881%2Cheizperiode-rueckt-naeher-kolumne-102~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
Da ging das Gespenst von der Triage um. Das Wort bezeichnet eine Situation, in der ärztliches Personal bei der Behandlung von Patienten "sieben" muss. Darf die 80-Jährige mit mittleren Symptomen an das Beatmungsgerät oder der 50-Jährige mit schweren? Zu einer Wahl, die tatsächlich ein Aussortieren ist, könnte es auch in der Heizperiode kommen.
Keine Wahl, sondern ein Aussortieren
Dann geht es zwar nicht um Menschenleben, aber immerhin um Grundbedürfnisse wie Kochen und Wohnen. Wer kriegt zuerst vom Gas, das nicht für alle reicht? Die privaten Haushalte, versprechen Politiker. Doch wenn die Unternehmen nichts produzieren, bricht die Wirtschaft zusammen. Nur für frierende Mitarbeitende in Büros und Behörden gibt es zuverlässig Abhilfe - Wollpullis und Schals.
Bei der Triage helfen ethische Kriterien, eine Entscheidung zu treffen. Die Regierenden in Bund und Ländern verfügen über politische Kriterien. Sie klar zu benennen und keine Ausnahmen zu machen, scheint mir der Weg, dass Deutschland schadlos durch den Winter kommt.
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