In Baden-Württemberg wird seit Jahren darüber diskutiert, wann ein Wolf abgeschossen werden kann. Vor dem "Wolfsgipfel" erhöht der Landwirtschaftsminister den Druck auf die Bundesregierung.
In der Debatte um den Abschuss von Problemtieren setzt Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) nach. Er plädiert für eine Absenkung des Schutzniveaus, da der Wolfbestand mit seinem aktuellen Reproduktionsniveau nicht mehr gefährdet sei.
Die Situation vor allem im Schwarzwald zeige deutlich, dass Herdenschutz als einziges Mittel bei den sogenannten Problemwölfen nicht mehr ausreicht, betonte Hauk. Er bevorzugt ein Modell, das in ähnlicher Form bereits in Teilen Österreichs existiert und auch in Bayern diskutiert wird.
So erleichtert Tirol den Abschuss des Wolfs
Der Wolf ist nach europäischem und deutschem Recht nach wie vor streng geschützt. Tirol hatte zuletzt entschieden, dass Wölfe dort künftig wesentlich leichter abgeschossen werden können. Wenn ein Wolf Weidetiere auf den rund 2.100 Almen in der Region wiederholt angreift, kann er zum Abschuss freigegeben werden. Das gilt auch dann, wenn bei einem einzigen Angriff mindestens fünf Schafe oder Ziegen getötet werden.
Für den Fall, dass ein Wolf in Siedlungen auftaucht, gibt es eine weitere Regelung: Er kann als "Risikowolf" eingestuft und somit ebenfalls zum Abschuss freigegeben werden. Tirol verfolgt auch das Ziel, den Schutzstatus von Wölfen in der ganzen EU zu senken und die Raubtiere wieder regulär jagen zu lassen.
Update bei Herdenschutzkonzept Abschuss von Wölfen im Schwarzwald neu geregelt
Der Herdenschutz gilt nun auch für Rinder. Außerdem kann ein Wolf geschossen werden, wenn er zwei Mal in Folge einen wolfsabweisenden Zaun überwindet und Weidetiere erlegt.
Minister Hauk: Wolf-Abschuss erleichtert Nutztierhaltung
Eine ähnliche Regelung wäre "eine sehr gute und nahezu optimale Lösung", wie Hauk über einen Sprecher mitteilen ließ. "Darüber hinaus würde die EU mit der Tiroler Forderung ein klares Bekenntnis zur Nutz- und Weidetierhaltung und damit zur Biodiversität und zum Erhalt der vielfältigen Kulturlandschaft abgeben", sagte der Agrarminister. Für viele Betriebe sei der Herdenschutz wegen ihrer Lage und des Arbeitsaufwandes nicht mehr umzusetzen. Nicht zur Ziegen und Schafe, auch Rinder und Pferde seien gefährdet.
Wenn der Wolf immer mehr Großtiere reiße, bestünde die Gefahr, dass das Land immer mehr Nebenerwerbslandwirte verliert, da diese ihre Rinderhaltung aufgeben würden, so Hauk am Freitag. In Zeiten des Klimawandels, wo Grünland als CO2-Speicher benötigt wird, sei das ein umweltpolitischer Verlust. "Das kann man nicht dulden, dass einzelne Wölfe das zu zerstören drohen", sagte der Landwirtschaftsminister.
Landwirtschaftsminister: Wolfbestand nicht mehr gefährdet
Die Absenkung des Schutzniveaus für Wölfe bezeichnete Hauk als "logische Konsequenz". Mit dem aktuellen Reproduktionsniveau von 30 Prozent sei der Wolf in seinem Bestand nicht mehr gefährdet. Wildtiere müsse man managen und das finde bereits bei Hirschen oder Wildschweinen mit Abschuss statt. Dazu müsse man sich beim Wolf genauso bekennen, sagte Hauk. "Der Wolf hat keine natürlichen Feinde. Da ist es eine ganz normale Folge, dass Management über Abschuss erfolgen muss."
Der Agrarminister setzt seine Hoffnungen auf den "Wolfsgipfel" am Freitag, der vom Deutschen Bauernverband organisiert wird. Vom 'Wolfsgipfel' erwarte er sich schnelle und pragmatische Antworten zum Umgang mit "Problemwölfen". Dazu gehörten einschließlich einer klaren Definition von "Problemwölfen" auch einfache Regeln für ihren Abschuss. Auch die Landwirte fordern, den Wolfsbestand zu begrenzen.
Bundesumweltministerin will Wolf schützen
Die Bundesregierung lehnt Hauks Forderung ab. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) wies Kritik zurück, es werde zu wenig zum Schutz vor dem Wolf getan. Dort, wo es Not tue, könnten Wölfe heute geschossen werden. Der Ministerin zufolge muss der Schutz für Weidetierhaltung verbessert, aber andererseits auch der Schutz des Wolfes gewährleistet werden.
Seit seiner Rückkehr breitet sich der Wolf auch in Baden-Württemberg aus - wenn auch langsamer als in anderen Ländern. Wölfe gelten als streng geschützte Art. Ein Abschuss ist verboten, außer sie verhalten sich gegenüber Menschen aggressiv. Kritiker wie der Bauernverband bemängeln aber, dass die Möglichkeiten zum Abschuss zu restriktiv und langwierig sind.
Hagel: "Jetzt kommt es auf die Tatkraft an"
Angesichts der Ausbreitung der Wölfe auch in Baden-Württemberg dringt der Chef der CDU-Landtagsfraktion auf einen schärferen Kurs. "Wir müssen dem Wolf dort Einhalt gebieten, wo er zur Gefahr für unsere Weidetiere und für die Menschen im Land wird", sagte Manuel Hagel der "Schwäbischen Zeitung" (Samstag).
Mit Blick auf die Grünen als Regierungspartner sagte Hagel: "Diskutiert haben wir nun genug, jetzt kommt es auf die Tatkraft an." Möglichst rasch müsse - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - ein Wolfszentrum als Anlaufstelle für Bauern und Touristiker entstehen, die sonst absehbar vor existenziellen Problemen stünden.
BW noch Durchgangsland für Wölfe
Baden-Württemberg gilt trotz der steigenden Zahl von Wölfen in Deutschland noch als ein Durchgangsland für das Raubtier. Im Schwarzwald gelten laut Umweltministerium drei Wölfe als sesshaft, es sind alles Rüden. Zwei von ihnen streunen durch den Süden der Region. Als sesshaft gilt ein Wolf, wenn ein eindeutig zuzuweisender Nachweis auch nach sechs Monaten noch gefunden wird. Einer der drei Wölfe aus dem Schwarzwald, das Tier mit der Bezeichnung GW1129m, sorgt für Debatten, weil es bereits mehrere Rinder gerissen hat. Mitte Februar wurde im Schwarzwald zudem eine Fähe, also eine Wölfin, zusammen mit einem Rüden fotografiert. Eine genaue Identifizierung war laut Umweltministerium nicht möglich. Wildtierökologe Micha Herdtfelder von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg (FVA) rechnet aber damit, dass die Fähe im April oder Mai werfen könnte.
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